Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Gedanke" über Goethe. Noch dreizehn oder fünfzehn Jahre später bestätigt dies das schöne venetianische In der Dttmmmng des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, An Fran von Stein (19. Januar 1778): "Orion stand so schön am Indessen ich hier still und atmend kaum "Wilhelm Meister" 1, 17: "Unter den holden Sternen hingestreckt war ihm freundlich und treu, Aber wie in der zehnten Römischen Elegie die Erinnerung ein den finstern Euch bcdcmr ich, unglücksclge Sterne, Gedanke» über Goethe. Noch dreizehn oder fünfzehn Jahre später bestätigt dies das schöne venetianische In der Dttmmmng des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, An Fran von Stein (19. Januar 1778): „Orion stand so schön am Indessen ich hier still und atmend kaum „Wilhelm Meister" 1, 17: „Unter den holden Sternen hingestreckt war ihm freundlich und treu, Aber wie in der zehnten Römischen Elegie die Erinnerung ein den finstern Euch bcdcmr ich, unglücksclge Sterne, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155237"/> <fw type="header" place="top"> Gedanke» über Goethe.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1467" prev="#ID_1466"> Noch dreizehn oder fünfzehn Jahre später bestätigt dies das schöne venetianische<lb/> Epigramm (97):</p><lb/> <quote> In der Dttmmmng des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen,<lb/> Frühe den Voden des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern,<lb/> Ungeduldig die Blicke der Himmclsfürstin erwarten,<lb/> Wonne des Jünglings, wie oft locktest du rundes mich heraus!<lb/> Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen<lb/> Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonue zu früh.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1468"> An Fran von Stein (19. Januar 1778): „Orion stand so schön am<lb/> Himmel, als wir von Tiefurt fröhlich herausritten," und (8. Juli 1781): „Jeden<lb/> Abend grüß ich das rötliche Gestirn des Mars, das über die Fichtenberge vor<lb/> meinem Fenster aufgeht." In dem herzlichen, betrachtenden Gedicht „Ilmenau<lb/> 1783" freut er sich des frischen Balsams der Nadclwalduug und hat in deren<lb/> Finsternis „beim Liebesblick der Sterne" den Pfad verloren, und sagt dann<lb/> von sich selbst:</p><lb/> <quote> Indessen ich hier still und atmend kaum<lb/> Die Augen zu den freien Steinen kehre.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1469"> „Wilhelm Meister" 1, 17: „Unter den holden Sternen hingestreckt war ihm<lb/> sein Dasein wie ein goldner Traum." Die Sterne dienen dem Dichter, um<lb/> seine ideale Liebe wie mit einer Strahlenkrone zu umgeben, dann um der<lb/> nächsten Wirklichkeit der Liebe durch die Vorstellung der kalten Himmelsweiten<lb/> sich noch wärmer zu versichern, endlich auch zum Bilde eines Jenseitigen und<lb/> ewig Fernen und Versagten. „Meine Liebe ist mir wie der Morgen- und<lb/> Abendstern, er geht nach der Sonne unter und vor der Sonne wieder auf, ja<lb/> wie ein Gestirn des Pols, das nie untergehend über unserm Haupt einen ewig<lb/> lebendigen Kranz flicht. Ich bete, daß es mir auf der Bahn des Lebens die<lb/> Götter nie verdunkeln mögen." (An Frau von Stein, 22. März 1781.) Mitten<lb/> in der gemeinen Bewegung des Lebens sieht er überall wie durch einen Flor<lb/> die Gestalt der Geliebten; sie leuchtet ihm</p><lb/> <quote> freundlich und treu,<lb/> Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen<lb/> Ewige Sterne schimmern. (An Lida)</quote><lb/> <p xml:id="ID_1470"> Aber wie in der zehnten Römischen Elegie die Erinnerung ein den finstern<lb/> Todesschlaf der Helden im Grabe das Glück der „lieberwcirmeten Stätte" er¬<lb/> höht, so in den „Nachtgedanken" der Gegensatz der Sterne, die nach strengem<lb/> Gesetz durch die unermeßliche Leere geführt werden:</p><lb/> <quote> Euch bcdcmr ich, unglücksclge Sterne,<lb/> Die ihr schön seid und so herrlich scheinet<lb/> Dem bedrängten Schiffer gerne leuchtet,<lb/> Unbelohnt von Göttern und von Menschen,</quote><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354]
Gedanke» über Goethe.
Noch dreizehn oder fünfzehn Jahre später bestätigt dies das schöne venetianische
Epigramm (97):
In der Dttmmmng des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen,
Frühe den Voden des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern,
Ungeduldig die Blicke der Himmclsfürstin erwarten,
Wonne des Jünglings, wie oft locktest du rundes mich heraus!
Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen
Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonue zu früh.
An Fran von Stein (19. Januar 1778): „Orion stand so schön am
Himmel, als wir von Tiefurt fröhlich herausritten," und (8. Juli 1781): „Jeden
Abend grüß ich das rötliche Gestirn des Mars, das über die Fichtenberge vor
meinem Fenster aufgeht." In dem herzlichen, betrachtenden Gedicht „Ilmenau
1783" freut er sich des frischen Balsams der Nadclwalduug und hat in deren
Finsternis „beim Liebesblick der Sterne" den Pfad verloren, und sagt dann
von sich selbst:
Indessen ich hier still und atmend kaum
Die Augen zu den freien Steinen kehre.
„Wilhelm Meister" 1, 17: „Unter den holden Sternen hingestreckt war ihm
sein Dasein wie ein goldner Traum." Die Sterne dienen dem Dichter, um
seine ideale Liebe wie mit einer Strahlenkrone zu umgeben, dann um der
nächsten Wirklichkeit der Liebe durch die Vorstellung der kalten Himmelsweiten
sich noch wärmer zu versichern, endlich auch zum Bilde eines Jenseitigen und
ewig Fernen und Versagten. „Meine Liebe ist mir wie der Morgen- und
Abendstern, er geht nach der Sonne unter und vor der Sonne wieder auf, ja
wie ein Gestirn des Pols, das nie untergehend über unserm Haupt einen ewig
lebendigen Kranz flicht. Ich bete, daß es mir auf der Bahn des Lebens die
Götter nie verdunkeln mögen." (An Frau von Stein, 22. März 1781.) Mitten
in der gemeinen Bewegung des Lebens sieht er überall wie durch einen Flor
die Gestalt der Geliebten; sie leuchtet ihm
freundlich und treu,
Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen
Ewige Sterne schimmern. (An Lida)
Aber wie in der zehnten Römischen Elegie die Erinnerung ein den finstern
Todesschlaf der Helden im Grabe das Glück der „lieberwcirmeten Stätte" er¬
höht, so in den „Nachtgedanken" der Gegensatz der Sterne, die nach strengem
Gesetz durch die unermeßliche Leere geführt werden:
Euch bcdcmr ich, unglücksclge Sterne,
Die ihr schön seid und so herrlich scheinet
Dem bedrängten Schiffer gerne leuchtet,
Unbelohnt von Göttern und von Menschen,
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