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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Aus dem neuen Griechenland.

änderungen fanden zu ihrem Verderben statt, mit einem Worte: die alte grie¬
chische Sprache wurde den Griechen selbst entfremdet.

So verhielte" sich die Dinge bis um den Anfang dieses Jahrhunderts.
Aber wenige Jahre vor dem Ausbruche des Befreiungskampfes fing ein neuer,
frischer, belebender Geist an zu wehen, die Schriften der alten Griechen wurden
eifrigst studirt, die Jünglinge wetteiferten in dem Lerntriebe und der Nach¬
ahmung der großen Thaten, welche in den hinterlassenen Schätzen des Alter¬
tums geschildert sind. Aus diesen Jünglingen bildeten sich die Freiheitskämpfer
und die Begründer des neuen geistigen Lebens aus. Diese gaben einen wohl¬
thätigen Anlaß zur Reinigung und Reform der Sprache, indem sie zuerst die
Werke der alten Schriftsteller mit großem Eifer der neu aufblühenden Jugend
lehrten und sich für Verbreitung der griechischen Bildung emsig und unernrüd-
lich bemühten. Das letztere suchten sie zu erreichen, indem sie wissenschaftliche
und politische Zeitungen Heransgaben, in denen sie das Wesen nud die Form der
Sprache verbesserten. Ihre jetzige Reinheit und Echtheit hat die Sprache
meistens den verschiednen Zeitungen zu verdanken, welche ununterbrochen nicht
nur ans die Ausbildung des Stils und der Ausdrucksweise, sondern auch auf
die allgemeine Entwicklung des geistigen Lebens großen Einfluß ausgeübt haben.
Dieses Streben ist noch überall wahrzunehmen, man sieht überall, daß man
noch nicht zu Ende ist, und man darf die Hoffnung hegen, daß zukünftig die
Sprache noch vollkommener, ihrer Mutter noch ähnlicher werden wird.

Unter den Zeitungen, welche sich am meisten in diesen Bestrebungen aus¬
gezeichnet haben, verdienen vor allem genannt zu werden: ^"^> Sav^ >ro5
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rischen ^c?,w6"ttiL> ^et^5"7"L n. s. w. Eine gute Zeitung ist auch der fran¬
zösisch erscheinende NWsgMr Ä'^tdsuW. Hervorzuheben ist schließlich, daß auch
außerhalb des Königreiches griechische Zeitungen erscheinen, und zwar in
Trieft die /^et^ und die ^" die in Leipzig hergestellte
Austritte Zeitschrift "Z-r^vt.-, deren Redakteur Herr Dr. Pervcmoglos das
Lob verdient, daß er einem lebhaften Bedürfnisse seines Landes abgeholfen
hat, endlich die Zeitungen ^Veo^/os, ^>"?> F^'"^ und die Wochenschriften
Ä'<w>los und ^xx/^t?t"artx^ ^/l^et", die sämtlich in Konstantinopel heraus¬
gegeben werden.

Drängt sich uns da nicht unwillkürlich die Frage auf, ob dies wirklich
jener Staat sei, jenes Volk, dem Falmerayer jede Fähigkeit zur geistigen Er¬
hebung abgesprochen, und dessen Abstammung von den alten Griechen der her¬
vorragende Ethnologe Viktor Hehn so entschieden abgeleugnet hat?

Ihre größte Thätigkeit jedoch entwickeln die Griechen im Seehandel, wie
zur Genüge hervorgeht aus der großen Verbreitung, welche derselbe in letzter
Zeit erfahren hat. Im Jahre 1832 besaß Griechenland 1000 Handelsschiffe,


Aus dem neuen Griechenland.

änderungen fanden zu ihrem Verderben statt, mit einem Worte: die alte grie¬
chische Sprache wurde den Griechen selbst entfremdet.

So verhielte» sich die Dinge bis um den Anfang dieses Jahrhunderts.
Aber wenige Jahre vor dem Ausbruche des Befreiungskampfes fing ein neuer,
frischer, belebender Geist an zu wehen, die Schriften der alten Griechen wurden
eifrigst studirt, die Jünglinge wetteiferten in dem Lerntriebe und der Nach¬
ahmung der großen Thaten, welche in den hinterlassenen Schätzen des Alter¬
tums geschildert sind. Aus diesen Jünglingen bildeten sich die Freiheitskämpfer
und die Begründer des neuen geistigen Lebens aus. Diese gaben einen wohl¬
thätigen Anlaß zur Reinigung und Reform der Sprache, indem sie zuerst die
Werke der alten Schriftsteller mit großem Eifer der neu aufblühenden Jugend
lehrten und sich für Verbreitung der griechischen Bildung emsig und unernrüd-
lich bemühten. Das letztere suchten sie zu erreichen, indem sie wissenschaftliche
und politische Zeitungen Heransgaben, in denen sie das Wesen nud die Form der
Sprache verbesserten. Ihre jetzige Reinheit und Echtheit hat die Sprache
meistens den verschiednen Zeitungen zu verdanken, welche ununterbrochen nicht
nur ans die Ausbildung des Stils und der Ausdrucksweise, sondern auch auf
die allgemeine Entwicklung des geistigen Lebens großen Einfluß ausgeübt haben.
Dieses Streben ist noch überall wahrzunehmen, man sieht überall, daß man
noch nicht zu Ende ist, und man darf die Hoffnung hegen, daß zukünftig die
Sprache noch vollkommener, ihrer Mutter noch ähnlicher werden wird.

Unter den Zeitungen, welche sich am meisten in diesen Bestrebungen aus¬
gezeichnet haben, verdienen vor allem genannt zu werden: ^«^> Sav^ >ro5
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außerhalb des Königreiches griechische Zeitungen erscheinen, und zwar in
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Lob verdient, daß er einem lebhaften Bedürfnisse seines Landes abgeholfen
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Drängt sich uns da nicht unwillkürlich die Frage auf, ob dies wirklich
jener Staat sei, jenes Volk, dem Falmerayer jede Fähigkeit zur geistigen Er¬
hebung abgesprochen, und dessen Abstammung von den alten Griechen der her¬
vorragende Ethnologe Viktor Hehn so entschieden abgeleugnet hat?

Ihre größte Thätigkeit jedoch entwickeln die Griechen im Seehandel, wie
zur Genüge hervorgeht aus der großen Verbreitung, welche derselbe in letzter
Zeit erfahren hat. Im Jahre 1832 besaß Griechenland 1000 Handelsschiffe,


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[0297] Aus dem neuen Griechenland. änderungen fanden zu ihrem Verderben statt, mit einem Worte: die alte grie¬ chische Sprache wurde den Griechen selbst entfremdet. So verhielte» sich die Dinge bis um den Anfang dieses Jahrhunderts. Aber wenige Jahre vor dem Ausbruche des Befreiungskampfes fing ein neuer, frischer, belebender Geist an zu wehen, die Schriften der alten Griechen wurden eifrigst studirt, die Jünglinge wetteiferten in dem Lerntriebe und der Nach¬ ahmung der großen Thaten, welche in den hinterlassenen Schätzen des Alter¬ tums geschildert sind. Aus diesen Jünglingen bildeten sich die Freiheitskämpfer und die Begründer des neuen geistigen Lebens aus. Diese gaben einen wohl¬ thätigen Anlaß zur Reinigung und Reform der Sprache, indem sie zuerst die Werke der alten Schriftsteller mit großem Eifer der neu aufblühenden Jugend lehrten und sich für Verbreitung der griechischen Bildung emsig und unernrüd- lich bemühten. Das letztere suchten sie zu erreichen, indem sie wissenschaftliche und politische Zeitungen Heransgaben, in denen sie das Wesen nud die Form der Sprache verbesserten. Ihre jetzige Reinheit und Echtheit hat die Sprache meistens den verschiednen Zeitungen zu verdanken, welche ununterbrochen nicht nur ans die Ausbildung des Stils und der Ausdrucksweise, sondern auch auf die allgemeine Entwicklung des geistigen Lebens großen Einfluß ausgeübt haben. Dieses Streben ist noch überall wahrzunehmen, man sieht überall, daß man noch nicht zu Ende ist, und man darf die Hoffnung hegen, daß zukünftig die Sprache noch vollkommener, ihrer Mutter noch ähnlicher werden wird. Unter den Zeitungen, welche sich am meisten in diesen Bestrebungen aus¬ gezeichnet haben, verdienen vor allem genannt zu werden: ^«^> Sav^ >ro5 "SAvovx, //?ti/ur, "^et, //«>le)^t'?eaia, 'F^jUk^s, 5/x?«5?roäls, M« Ä^pWL^/j.', ^««S, 2,'ro«, 'TSvtxov ^«?r«?/a, /t,'«^«/ u. s. W., und unter den sati¬ rischen ^c?,w6«ttiL> ^et^5«7«L n. s. w. Eine gute Zeitung ist auch der fran¬ zösisch erscheinende NWsgMr Ä'^tdsuW. Hervorzuheben ist schließlich, daß auch außerhalb des Königreiches griechische Zeitungen erscheinen, und zwar in Trieft die /^et^ und die ^« die in Leipzig hergestellte Austritte Zeitschrift "Z-r^vt.-, deren Redakteur Herr Dr. Pervcmoglos das Lob verdient, daß er einem lebhaften Bedürfnisse seines Landes abgeholfen hat, endlich die Zeitungen ^Veo^/os, ^>«?> F^'«^ und die Wochenschriften Ä'<w>los und ^xx/^t?t«artx^ ^/l^et«, die sämtlich in Konstantinopel heraus¬ gegeben werden. Drängt sich uns da nicht unwillkürlich die Frage auf, ob dies wirklich jener Staat sei, jenes Volk, dem Falmerayer jede Fähigkeit zur geistigen Er¬ hebung abgesprochen, und dessen Abstammung von den alten Griechen der her¬ vorragende Ethnologe Viktor Hehn so entschieden abgeleugnet hat? Ihre größte Thätigkeit jedoch entwickeln die Griechen im Seehandel, wie zur Genüge hervorgeht aus der großen Verbreitung, welche derselbe in letzter Zeit erfahren hat. Im Jahre 1832 besaß Griechenland 1000 Handelsschiffe,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/297>, abgerufen am 22.07.2024.