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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Die elektrische Industrie,

Privatindustrie ist ihrer ganzen Anlage nach berufen, den ersten Anbau und
die erste Ausbeutung eines neuen Industriegebietes vorzunehmen und so den
Staatsbetrieb vorzubereiten, dem dann die dauernde und rationelle Bewirt¬
schaftung gehört. Bei diesem Zusammenarbeiten stehen beide Wirtschaftsformen
sich nicht schlecht. Die Staatsindnstrie profitirt von der Initiative der Privat¬
industrie, und diese gewinnt durch den vorteilhaften Verkauf ihrer Unterneh¬
mungen an den Staat die Mittel zu neuen Unternehmen, die ihrem Geiste viel
angemessener sind, als das Bedauem alter Exploitationsfelder.

Im Gegensatz zu der elektrischen Bewirtschaftung der nationalen Kraft¬
quellen, das heißt der Erzeugung und dem Verlauf der Elektrizität, für welche
der Staatsbetrieb notwendig ist, soll für die elektrische Industrie, welche die
Elektrizität verwendet und die zu ihrer Verwendung nötige Einrichtung, Ma¬
schinen, Apparate?c., erzeugt, die freie Ausübung durch Private gefordert werden.
Doch ist daraus keineswegs der Schluß zu ziehen, daß der Staat sich um jene
Industrie und ihre Entwicklung durchaus nicht zu bekümmern habe, im Gegen¬
teil soll er diese so wichtige und mächtige Industrie nach allen Kräften unter¬
stützen.

Das erste Erfordernis in dieser Beziehung ist offenbar das elektrische Unter¬
richtswesen, dessen Bedeutung von den Regierungen durch Errichtung von Lehr-
stühlcn für die gedachte Disziplin anerkannt worden ist. Aber dies genügt
noch nicht; es müssen auch Stätten für die Ausbildung der Arbeiter geschaffen
werden, und ebenso scheint es zweckmäßig, durch Errichtung eines elektrischen
Museums das Publikum zu belehren und für die neuen Einrichtungen empfäng¬
lich zu machen. Der Einfluß eines solchen Museums darf nicht unterschätzt
werden. Man sehe nur die Wirkungen der elektrischen Ausstellungen auf das
Publikum; jede derselben hat den elektrischen Unternehmungen neue Anhänger
zugeführt, und eine ähnliche Wirkung dürfen wir auch von einem elektrischen
Museum erwarten, welches gewissermaßen eine permanente elektrische Ausstellung
darstellen würde. Diese Beeinflussung des Publikums ist für den Fortschritt
der elektrischen Industrie unentbehrlich, weil das Publikum das Geld hergiebt,
sei es als Aktionär, sei es als Käufer.

Als ein weiteres Mittel zur Beförderung der Elektotrechnik betrachte ich
die Aussetzung von Staatsbelohnungen. Der Durchbruch der elektrischen Ära
hängt, wie wir schon sahen, von der Lösung zweier Probleme ab, der direkten
Erzeugung von Elektrizität aus Wärme und der Aufspeicherung von Elektrizität.
Durch die Aussetzung einer Belohnung würden zunächst die Erfinder auf die
Bedeutung dieser großen Probleme aufmerksam gemacht, ihre schaffende Thätig¬
keit auf ein bestimmtes Ziel gelenkt, und ihr Eifer durch die Hoffnung auf den
Gewinn angespornt werden. Wenn das Versprechen einer solchen Belohnung
auch nicht ein unfehlbares Mittel ist, welches die endliche Erfindung und Lösung
des Problems notwendig zur Folge haben muß, so darf man doch einen Erfolg


Die elektrische Industrie,

Privatindustrie ist ihrer ganzen Anlage nach berufen, den ersten Anbau und
die erste Ausbeutung eines neuen Industriegebietes vorzunehmen und so den
Staatsbetrieb vorzubereiten, dem dann die dauernde und rationelle Bewirt¬
schaftung gehört. Bei diesem Zusammenarbeiten stehen beide Wirtschaftsformen
sich nicht schlecht. Die Staatsindnstrie profitirt von der Initiative der Privat¬
industrie, und diese gewinnt durch den vorteilhaften Verkauf ihrer Unterneh¬
mungen an den Staat die Mittel zu neuen Unternehmen, die ihrem Geiste viel
angemessener sind, als das Bedauem alter Exploitationsfelder.

Im Gegensatz zu der elektrischen Bewirtschaftung der nationalen Kraft¬
quellen, das heißt der Erzeugung und dem Verlauf der Elektrizität, für welche
der Staatsbetrieb notwendig ist, soll für die elektrische Industrie, welche die
Elektrizität verwendet und die zu ihrer Verwendung nötige Einrichtung, Ma¬
schinen, Apparate?c., erzeugt, die freie Ausübung durch Private gefordert werden.
Doch ist daraus keineswegs der Schluß zu ziehen, daß der Staat sich um jene
Industrie und ihre Entwicklung durchaus nicht zu bekümmern habe, im Gegen¬
teil soll er diese so wichtige und mächtige Industrie nach allen Kräften unter¬
stützen.

Das erste Erfordernis in dieser Beziehung ist offenbar das elektrische Unter¬
richtswesen, dessen Bedeutung von den Regierungen durch Errichtung von Lehr-
stühlcn für die gedachte Disziplin anerkannt worden ist. Aber dies genügt
noch nicht; es müssen auch Stätten für die Ausbildung der Arbeiter geschaffen
werden, und ebenso scheint es zweckmäßig, durch Errichtung eines elektrischen
Museums das Publikum zu belehren und für die neuen Einrichtungen empfäng¬
lich zu machen. Der Einfluß eines solchen Museums darf nicht unterschätzt
werden. Man sehe nur die Wirkungen der elektrischen Ausstellungen auf das
Publikum; jede derselben hat den elektrischen Unternehmungen neue Anhänger
zugeführt, und eine ähnliche Wirkung dürfen wir auch von einem elektrischen
Museum erwarten, welches gewissermaßen eine permanente elektrische Ausstellung
darstellen würde. Diese Beeinflussung des Publikums ist für den Fortschritt
der elektrischen Industrie unentbehrlich, weil das Publikum das Geld hergiebt,
sei es als Aktionär, sei es als Käufer.

Als ein weiteres Mittel zur Beförderung der Elektotrechnik betrachte ich
die Aussetzung von Staatsbelohnungen. Der Durchbruch der elektrischen Ära
hängt, wie wir schon sahen, von der Lösung zweier Probleme ab, der direkten
Erzeugung von Elektrizität aus Wärme und der Aufspeicherung von Elektrizität.
Durch die Aussetzung einer Belohnung würden zunächst die Erfinder auf die
Bedeutung dieser großen Probleme aufmerksam gemacht, ihre schaffende Thätig¬
keit auf ein bestimmtes Ziel gelenkt, und ihr Eifer durch die Hoffnung auf den
Gewinn angespornt werden. Wenn das Versprechen einer solchen Belohnung
auch nicht ein unfehlbares Mittel ist, welches die endliche Erfindung und Lösung
des Problems notwendig zur Folge haben muß, so darf man doch einen Erfolg


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[0026] Die elektrische Industrie, Privatindustrie ist ihrer ganzen Anlage nach berufen, den ersten Anbau und die erste Ausbeutung eines neuen Industriegebietes vorzunehmen und so den Staatsbetrieb vorzubereiten, dem dann die dauernde und rationelle Bewirt¬ schaftung gehört. Bei diesem Zusammenarbeiten stehen beide Wirtschaftsformen sich nicht schlecht. Die Staatsindnstrie profitirt von der Initiative der Privat¬ industrie, und diese gewinnt durch den vorteilhaften Verkauf ihrer Unterneh¬ mungen an den Staat die Mittel zu neuen Unternehmen, die ihrem Geiste viel angemessener sind, als das Bedauem alter Exploitationsfelder. Im Gegensatz zu der elektrischen Bewirtschaftung der nationalen Kraft¬ quellen, das heißt der Erzeugung und dem Verlauf der Elektrizität, für welche der Staatsbetrieb notwendig ist, soll für die elektrische Industrie, welche die Elektrizität verwendet und die zu ihrer Verwendung nötige Einrichtung, Ma¬ schinen, Apparate?c., erzeugt, die freie Ausübung durch Private gefordert werden. Doch ist daraus keineswegs der Schluß zu ziehen, daß der Staat sich um jene Industrie und ihre Entwicklung durchaus nicht zu bekümmern habe, im Gegen¬ teil soll er diese so wichtige und mächtige Industrie nach allen Kräften unter¬ stützen. Das erste Erfordernis in dieser Beziehung ist offenbar das elektrische Unter¬ richtswesen, dessen Bedeutung von den Regierungen durch Errichtung von Lehr- stühlcn für die gedachte Disziplin anerkannt worden ist. Aber dies genügt noch nicht; es müssen auch Stätten für die Ausbildung der Arbeiter geschaffen werden, und ebenso scheint es zweckmäßig, durch Errichtung eines elektrischen Museums das Publikum zu belehren und für die neuen Einrichtungen empfäng¬ lich zu machen. Der Einfluß eines solchen Museums darf nicht unterschätzt werden. Man sehe nur die Wirkungen der elektrischen Ausstellungen auf das Publikum; jede derselben hat den elektrischen Unternehmungen neue Anhänger zugeführt, und eine ähnliche Wirkung dürfen wir auch von einem elektrischen Museum erwarten, welches gewissermaßen eine permanente elektrische Ausstellung darstellen würde. Diese Beeinflussung des Publikums ist für den Fortschritt der elektrischen Industrie unentbehrlich, weil das Publikum das Geld hergiebt, sei es als Aktionär, sei es als Käufer. Als ein weiteres Mittel zur Beförderung der Elektotrechnik betrachte ich die Aussetzung von Staatsbelohnungen. Der Durchbruch der elektrischen Ära hängt, wie wir schon sahen, von der Lösung zweier Probleme ab, der direkten Erzeugung von Elektrizität aus Wärme und der Aufspeicherung von Elektrizität. Durch die Aussetzung einer Belohnung würden zunächst die Erfinder auf die Bedeutung dieser großen Probleme aufmerksam gemacht, ihre schaffende Thätig¬ keit auf ein bestimmtes Ziel gelenkt, und ihr Eifer durch die Hoffnung auf den Gewinn angespornt werden. Wenn das Versprechen einer solchen Belohnung auch nicht ein unfehlbares Mittel ist, welches die endliche Erfindung und Lösung des Problems notwendig zur Folge haben muß, so darf man doch einen Erfolg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/26>, abgerufen am 02.10.2024.