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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

eine Fülle von Figuren und Ornamenten, die fast unübersehbar ist. Das ganze
ist von großer kulturgeschichtlicher Wichtigkeit, deshalb weil es uns zeigt, wie
naive Vorstellungen das sechzehnte Jahrhundert von antiken römischen Triumph¬
bogen hatte. Bis zum Jahre 1515 war das ganze großartige Werk von Dürer
niedergezeichnet. Natürlich hatte er das ganze zehneinhalb Schuh hohe und
neun Schuh breite Riesengebüude nicht auf einen Holzstock gezeichnet, sondern
es in zweiundnennzig Hvlzstöcke zerlegt, die dann Hieronhmus Andree einzeln
schnitt, und die beim Drucke wieder zusammengesetzt werden sollte". Bei Maxi¬
milians Tode war der Schnitt noch nicht ganz vollendet, nur von einzelnen
Stöcken waren Abdrücke genommen, die heute sehr selten geworden sind. Eine
neue Ausgabe veranstaltete erst Adam Bartsch 1799. Dieselbe enthält die zwei¬
uudneunzig Holzstöcke einzeln in Buchform, bietet also keine Gelegenheit, das
Riesenblatt in seinem ganzen Umfange zu überblicken.

Nachdem die "Ehrenpforte" vollendet war, galt es nun noch die Voll¬
endung des "Triumphzuges"*) zu bewerkstelligen. Wie der "Theuerdank/ der
"Weißkunig" und der "Freydal," ist auch der "Triumphzug" oder, wie er in
den gleichzeitigen Quellen oft uneigentlich nach dem Mittelpunkte der Folge
genannt ward, der "Triumphwagen" vollständig in allen Einzelheiten vom Kaiser
selbst erfunden. Nur die endgiltige Bearbeitung des Entwurfes wurde im Jahre
1512 dem Geheimschreiber Marx Treizsaurwein übertragen und hat sich, 1513
vollendet und von der eignen Hand Treizsaurweins niedergeschrieben, in der
Wiener Hofbibliothek erhalten.

Als die Gedanken des Kaisers niedergeschrieben waren, schritt man zur
künstlerischen Ausführung. In erster Linie war ein großes, prächtiges Miniatur¬
werk beabsichtigt. Johann Stadius wurde im Januar 1513 brieflich beauf¬
tragt, für einzelne Teile des Triumphzuges Skizzen anfertigen zu lassen, die
dann den Jllumimsten als Vorlage dienen sollten. Stadius wandte sich zu
diesem Zwecke an Dürer, der seine Arbeit damit begann, daß er eine Skizze
für den Triumphwagen des Kaisers fertigte. Sie ist mit der Feder entworfen
und befindet sich gegenwärtig in der Albertina in Wien. An der Seite des
Kaisers sitzt Maria von Burgund, vor ihnen König Philipp der Schöne zwischen
Schwester und Gattin, vor diesem seine Söhne, die Erzherzöge und nachmaligen
Kaiser Karl und Ferdinand, und ganz vorn deren vier Schwestern. Weitere
Skizzen Dürers sind nicht vorhanden. Doch läßt das freundschaftliche Ver¬
hältnis, in welchem Stadius zu Dürer stand, annehmen, daß Dürer auch mit
dem Entwürfe für den Triumphwagen der Kaiserin betraut wurde und über¬
haupt noch eine größere Anzahl von Skizzen für den Triumph fertigte. Daß
"och andre Meister mit Skizzen betraut worden wären, ist nicht nachzuweisen
und auch nicht wahrscheinlich.



*) Vergl. Franz Schestag, Kaiser Maximilians I. Triumph. Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Erster Band. Wien, 1883, S, 1S4-I8I.
Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

eine Fülle von Figuren und Ornamenten, die fast unübersehbar ist. Das ganze
ist von großer kulturgeschichtlicher Wichtigkeit, deshalb weil es uns zeigt, wie
naive Vorstellungen das sechzehnte Jahrhundert von antiken römischen Triumph¬
bogen hatte. Bis zum Jahre 1515 war das ganze großartige Werk von Dürer
niedergezeichnet. Natürlich hatte er das ganze zehneinhalb Schuh hohe und
neun Schuh breite Riesengebüude nicht auf einen Holzstock gezeichnet, sondern
es in zweiundnennzig Hvlzstöcke zerlegt, die dann Hieronhmus Andree einzeln
schnitt, und die beim Drucke wieder zusammengesetzt werden sollte». Bei Maxi¬
milians Tode war der Schnitt noch nicht ganz vollendet, nur von einzelnen
Stöcken waren Abdrücke genommen, die heute sehr selten geworden sind. Eine
neue Ausgabe veranstaltete erst Adam Bartsch 1799. Dieselbe enthält die zwei¬
uudneunzig Holzstöcke einzeln in Buchform, bietet also keine Gelegenheit, das
Riesenblatt in seinem ganzen Umfange zu überblicken.

Nachdem die „Ehrenpforte" vollendet war, galt es nun noch die Voll¬
endung des „Triumphzuges"*) zu bewerkstelligen. Wie der „Theuerdank/ der
„Weißkunig" und der „Freydal," ist auch der „Triumphzug" oder, wie er in
den gleichzeitigen Quellen oft uneigentlich nach dem Mittelpunkte der Folge
genannt ward, der „Triumphwagen" vollständig in allen Einzelheiten vom Kaiser
selbst erfunden. Nur die endgiltige Bearbeitung des Entwurfes wurde im Jahre
1512 dem Geheimschreiber Marx Treizsaurwein übertragen und hat sich, 1513
vollendet und von der eignen Hand Treizsaurweins niedergeschrieben, in der
Wiener Hofbibliothek erhalten.

Als die Gedanken des Kaisers niedergeschrieben waren, schritt man zur
künstlerischen Ausführung. In erster Linie war ein großes, prächtiges Miniatur¬
werk beabsichtigt. Johann Stadius wurde im Januar 1513 brieflich beauf¬
tragt, für einzelne Teile des Triumphzuges Skizzen anfertigen zu lassen, die
dann den Jllumimsten als Vorlage dienen sollten. Stadius wandte sich zu
diesem Zwecke an Dürer, der seine Arbeit damit begann, daß er eine Skizze
für den Triumphwagen des Kaisers fertigte. Sie ist mit der Feder entworfen
und befindet sich gegenwärtig in der Albertina in Wien. An der Seite des
Kaisers sitzt Maria von Burgund, vor ihnen König Philipp der Schöne zwischen
Schwester und Gattin, vor diesem seine Söhne, die Erzherzöge und nachmaligen
Kaiser Karl und Ferdinand, und ganz vorn deren vier Schwestern. Weitere
Skizzen Dürers sind nicht vorhanden. Doch läßt das freundschaftliche Ver¬
hältnis, in welchem Stadius zu Dürer stand, annehmen, daß Dürer auch mit
dem Entwürfe für den Triumphwagen der Kaiserin betraut wurde und über¬
haupt noch eine größere Anzahl von Skizzen für den Triumph fertigte. Daß
»och andre Meister mit Skizzen betraut worden wären, ist nicht nachzuweisen
und auch nicht wahrscheinlich.



*) Vergl. Franz Schestag, Kaiser Maximilians I. Triumph. Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Erster Band. Wien, 1883, S, 1S4-I8I.
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[0197] Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund. eine Fülle von Figuren und Ornamenten, die fast unübersehbar ist. Das ganze ist von großer kulturgeschichtlicher Wichtigkeit, deshalb weil es uns zeigt, wie naive Vorstellungen das sechzehnte Jahrhundert von antiken römischen Triumph¬ bogen hatte. Bis zum Jahre 1515 war das ganze großartige Werk von Dürer niedergezeichnet. Natürlich hatte er das ganze zehneinhalb Schuh hohe und neun Schuh breite Riesengebüude nicht auf einen Holzstock gezeichnet, sondern es in zweiundnennzig Hvlzstöcke zerlegt, die dann Hieronhmus Andree einzeln schnitt, und die beim Drucke wieder zusammengesetzt werden sollte». Bei Maxi¬ milians Tode war der Schnitt noch nicht ganz vollendet, nur von einzelnen Stöcken waren Abdrücke genommen, die heute sehr selten geworden sind. Eine neue Ausgabe veranstaltete erst Adam Bartsch 1799. Dieselbe enthält die zwei¬ uudneunzig Holzstöcke einzeln in Buchform, bietet also keine Gelegenheit, das Riesenblatt in seinem ganzen Umfange zu überblicken. Nachdem die „Ehrenpforte" vollendet war, galt es nun noch die Voll¬ endung des „Triumphzuges"*) zu bewerkstelligen. Wie der „Theuerdank/ der „Weißkunig" und der „Freydal," ist auch der „Triumphzug" oder, wie er in den gleichzeitigen Quellen oft uneigentlich nach dem Mittelpunkte der Folge genannt ward, der „Triumphwagen" vollständig in allen Einzelheiten vom Kaiser selbst erfunden. Nur die endgiltige Bearbeitung des Entwurfes wurde im Jahre 1512 dem Geheimschreiber Marx Treizsaurwein übertragen und hat sich, 1513 vollendet und von der eignen Hand Treizsaurweins niedergeschrieben, in der Wiener Hofbibliothek erhalten. Als die Gedanken des Kaisers niedergeschrieben waren, schritt man zur künstlerischen Ausführung. In erster Linie war ein großes, prächtiges Miniatur¬ werk beabsichtigt. Johann Stadius wurde im Januar 1513 brieflich beauf¬ tragt, für einzelne Teile des Triumphzuges Skizzen anfertigen zu lassen, die dann den Jllumimsten als Vorlage dienen sollten. Stadius wandte sich zu diesem Zwecke an Dürer, der seine Arbeit damit begann, daß er eine Skizze für den Triumphwagen des Kaisers fertigte. Sie ist mit der Feder entworfen und befindet sich gegenwärtig in der Albertina in Wien. An der Seite des Kaisers sitzt Maria von Burgund, vor ihnen König Philipp der Schöne zwischen Schwester und Gattin, vor diesem seine Söhne, die Erzherzöge und nachmaligen Kaiser Karl und Ferdinand, und ganz vorn deren vier Schwestern. Weitere Skizzen Dürers sind nicht vorhanden. Doch läßt das freundschaftliche Ver¬ hältnis, in welchem Stadius zu Dürer stand, annehmen, daß Dürer auch mit dem Entwürfe für den Triumphwagen der Kaiserin betraut wurde und über¬ haupt noch eine größere Anzahl von Skizzen für den Triumph fertigte. Daß »och andre Meister mit Skizzen betraut worden wären, ist nicht nachzuweisen und auch nicht wahrscheinlich. *) Vergl. Franz Schestag, Kaiser Maximilians I. Triumph. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Erster Band. Wien, 1883, S, 1S4-I8I.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/197>, abgerufen am 22.07.2024.