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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Sachsens Uunstleben im sechzehnten Jahrhundert.

Hans Wessel wurde er auf den in Lübeck lebenden Anton von Servan aus
Antwerpen aufmerksam gemacht und beauftragte diesen, für 3200 Gulden das
Denkmal aus schwarzem, weißem und rotem Marmor zu verfertigen. 1563 war
das Ganze vollendet und im Freiberger Dome aufgerichtet. Innerhalb eines
Eisengittcrs breitet es sich auf Stufen, zehn Ellen lang und sieben Ellen breit,
aus. An den Seiten sieht man Hcroldsfiguren und Wappen, dazwischen zwanzig
von Fabricius abgefaßte Inschriften, die Moritzens Leben und Thaten erzählen.
Oben stehen neben einer von zehn messingenen Greifen getragenen Platte zwölf
allegorische Marmorfiguren, und auf der Platte kniet Kurfürst Moritz vor einem
großen Kruzifix, das Wolf Hilger zu Freiberg aus Messing gegossen hatte. Der
Kopf des Kurfürsten ist nach einem Porträt modellirt, welches der "Fürsten¬
maler" Hans Kreil in Leipzig auf Augusts Bestellung geliefert hatte.

Gleichzeitig vollendete nun August die von Moritz begonnenen Bauten.
In Dresden wird schon am 1. Januar 1554 Haus von Dehn in seinen Ämtern
bestätigt und beauftragt, "die Gebäude, die ihm übergeben, noch vollends zu
Ende zu bringen." So wird das Festungswerk vollendet, das Zeughaus erbaut
und der Schloßbau 1554 bis 1556 durch das schöne, von dem Italiener Johann
Maria de Padova gefertigte Portal der Schloßkapelle abgeschlossen. An der
innern Ausschmückung wirken nach wie vor die Brüder Toka, deren Bestallung
am 28. April 1557 von August erneuert wurde und die bis 1572 in Dresden
aushielten, während Ricchino schon 1555 des Zipperlcüis wegen in seine Heimat
zurückkehrte. In Leipzig wird unter der Leitung Hansens von Distau das
Bcfestigungswerk, unter Leitung Lvtters der Pleißcnburgbau vollendet. Nachdem
alle diese Werke zu Ende geführt waren, ging August seinen eignen Plänen
nach, die in dem Aufbau prächtiger Schlösser und in der Anlage großer Kunst¬
sammlungen bestanden.

Es war ihm gelungen, seinen Vetter Johann Friedrich den Mittleren, der
zum letztenmale versucht hatte, die Kurwürde wieder an die erncstinische Linie
zu bringen, am 13. April 1567 in Gotha endgiltig zu Boden zu werfen, und
die Freude über den errungenen Sieg wollte er durch einen Schloßbau an den
Tag legen. Als Bauplatz wählte er den drei Stunden östlich von Chemmtz
gelegnen steilen und waldbedeckten Schellenberg, wo schon früher ein altes
Schloß gestanden hatte, das im April 1547 bei einem heftigen Frühjahrs¬
gewitter vom Blitze getroffen worden war. An seiner Stelle erhob sich, von
Lotter begonnen und vom Grafen Rochus von Linar vollendet, bereits im
Jahre 1571 Augusts großartiger Neubau, die Augustusburg. Sie besteht wie
die meisten deutschen Schlösser jener Zeit aus vierstöckigen Eckhäusern, dem
Sommerhaus, dem Lindenhaus, dem Hascnhaus und dem Küchcnhaus, die durch
schmälere Zwischengebäude unter einander verbunden sind. In jedem Eckhause
liegt im dritten Stock ein Saal, der Vvgelsaal, der Tanzsaal, der Vcnnssaal
und der Speisesaal. Das östliche Qnergebüudc wird durch die von dem Nieder-


Grenzboten IV. 1884. N
Sachsens Uunstleben im sechzehnten Jahrhundert.

Hans Wessel wurde er auf den in Lübeck lebenden Anton von Servan aus
Antwerpen aufmerksam gemacht und beauftragte diesen, für 3200 Gulden das
Denkmal aus schwarzem, weißem und rotem Marmor zu verfertigen. 1563 war
das Ganze vollendet und im Freiberger Dome aufgerichtet. Innerhalb eines
Eisengittcrs breitet es sich auf Stufen, zehn Ellen lang und sieben Ellen breit,
aus. An den Seiten sieht man Hcroldsfiguren und Wappen, dazwischen zwanzig
von Fabricius abgefaßte Inschriften, die Moritzens Leben und Thaten erzählen.
Oben stehen neben einer von zehn messingenen Greifen getragenen Platte zwölf
allegorische Marmorfiguren, und auf der Platte kniet Kurfürst Moritz vor einem
großen Kruzifix, das Wolf Hilger zu Freiberg aus Messing gegossen hatte. Der
Kopf des Kurfürsten ist nach einem Porträt modellirt, welches der „Fürsten¬
maler" Hans Kreil in Leipzig auf Augusts Bestellung geliefert hatte.

Gleichzeitig vollendete nun August die von Moritz begonnenen Bauten.
In Dresden wird schon am 1. Januar 1554 Haus von Dehn in seinen Ämtern
bestätigt und beauftragt, „die Gebäude, die ihm übergeben, noch vollends zu
Ende zu bringen." So wird das Festungswerk vollendet, das Zeughaus erbaut
und der Schloßbau 1554 bis 1556 durch das schöne, von dem Italiener Johann
Maria de Padova gefertigte Portal der Schloßkapelle abgeschlossen. An der
innern Ausschmückung wirken nach wie vor die Brüder Toka, deren Bestallung
am 28. April 1557 von August erneuert wurde und die bis 1572 in Dresden
aushielten, während Ricchino schon 1555 des Zipperlcüis wegen in seine Heimat
zurückkehrte. In Leipzig wird unter der Leitung Hansens von Distau das
Bcfestigungswerk, unter Leitung Lvtters der Pleißcnburgbau vollendet. Nachdem
alle diese Werke zu Ende geführt waren, ging August seinen eignen Plänen
nach, die in dem Aufbau prächtiger Schlösser und in der Anlage großer Kunst¬
sammlungen bestanden.

Es war ihm gelungen, seinen Vetter Johann Friedrich den Mittleren, der
zum letztenmale versucht hatte, die Kurwürde wieder an die erncstinische Linie
zu bringen, am 13. April 1567 in Gotha endgiltig zu Boden zu werfen, und
die Freude über den errungenen Sieg wollte er durch einen Schloßbau an den
Tag legen. Als Bauplatz wählte er den drei Stunden östlich von Chemmtz
gelegnen steilen und waldbedeckten Schellenberg, wo schon früher ein altes
Schloß gestanden hatte, das im April 1547 bei einem heftigen Frühjahrs¬
gewitter vom Blitze getroffen worden war. An seiner Stelle erhob sich, von
Lotter begonnen und vom Grafen Rochus von Linar vollendet, bereits im
Jahre 1571 Augusts großartiger Neubau, die Augustusburg. Sie besteht wie
die meisten deutschen Schlösser jener Zeit aus vierstöckigen Eckhäusern, dem
Sommerhaus, dem Lindenhaus, dem Hascnhaus und dem Küchcnhaus, die durch
schmälere Zwischengebäude unter einander verbunden sind. In jedem Eckhause
liegt im dritten Stock ein Saal, der Vvgelsaal, der Tanzsaal, der Vcnnssaal
und der Speisesaal. Das östliche Qnergebüudc wird durch die von dem Nieder-


Grenzboten IV. 1884. N
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/89>, abgerufen am 29.12.2024.