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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Aus der Diplomatenschule.

Besoldung zu beziehen, an den gesandtschaftlichen Geschäften teilnehmen und
sich so auf die diplomatische Laufbahn vorbereiten. Wenn Moser die Be¬
merkung macht: "Da der Gesandte mehrmalen nur der Zeiger an der Uhr ist,
so kommt das meiste auf einen ihm zugegebenen tüchtigen Legations-Sekretarium
an," so galt das nicht bloß von seiner Zeit, sondern ist, wie wir aus guter
Quelle versichern können, auch heute noch nicht selten; ja zuweilen schmücken
diplomatische Exzellenzen sich mit Elaboraten von Unterbeamten ihrer Legation.

Hinsichtlich der Auswahl der Dienerschaft, die ein Gesandter hält, macht
Kölle in seinen "Betrachtungen über Diplomatie" (S. 145) folgende treffende
Bemerkung: "In der Wahl seiner Diener muß der Diplomat mit der größten
Vorsicht zu Werke gehen. Man beurteilt den Herrn nach ihnen, und an sie
wendet sich die Polizei zuerst und oft nicht vergebens. Der Botschafter einer
großen Macht sollte in seiner Wohnung, wie die Kardinäle, eine geheime Thür
haben. Zum Kammerdiener möchte geraten sein einen Deutschen, zu Livree¬
dienern Engländer, zur Küche Franzosen, zur Konditorei Italiener zu nehmen,
den Stall sollten Slaven besorgen, und am täglichen kleinen Tische wäre Be¬
dienung durch einen Taubstummen das zweckmäßigste; bei großen Mahlen möchten
alle Diener ohne Gefahr zuhören."

Die Stellung des deutscheu Reiches als einer europäischen Großmacht hat
die Schaffung einer diesem Verhältnis entsprechenden Vertretung im Auslande
notwendig gemacht, und diesem Bedürfnis ist von 1871 an und namentlich in
dem Geschäfts- und Rechnungsjahr 1877 bis 1878 entsprochen worden. Wir
entnehmen dem für diesen Geschäftskreis für jenes Jahr festgestellten Plane, der
seitdem nur einige meist wenig bedeutende Abänderungen erfahren hat, folgende
alphabetisch geordnete Mitteilungen, denen wir einige Notizen über das Aus¬
wärtige Amt des deutschen Reiches (mit dem das Ministerium des Auswärtigen
speziell für Preußen verbunden ist) voraussenden.

Im Auswärtigen Amte in Berlin selbst wirken unter dem Chef desselben
in zwei Abteilungen (einer politischen und einer vorzüglich für kaufmännische
und juristische Geschäfte im Auslande bestimmten) ein Staatssekretär, jetzt Graf
Paul Hatzfeldt, ein Unterstaatssekretär, jetzt Busch,*) ein Direktor (in der zweiten
Abteilung), 15 vortragende Räte, 6 ständige Hilfsarbeiter, 5 Beamte des Zentral-
büreaus (in der politischen Abteilung), ein Vorstand des Chiffrirbüreaus,
11 Beamte desselben, 16 Expedienten, 9 Geheime Registmtoren, ein Rendant,
2 Buchhalter, ein Kassensekretär, ein Geheimer Registratur-Assistent, ein Vorstand
der Geheimen Kanzlei, ein Geheimer Kanzlei-Inspektor, 19 Geheime Kanzlei¬
sekretäre, ein Kastellan und eine Anzahl Beamter unterster Stufe: Kanzlei-
Hausdiener und Portiers.



*) Nicht zu verwechseln, wie seit Jahren oft geschehen, mit unserm geschätzten Mit¬
arbeiter Moritz Busch, dem Verfasser von "Gras Bismarck und seine Leute" und Unser
"
D, Red. Reichskanzler," der ohne Titel und amtliche Stellung mis Privatmann in Berlin tel",
Aus der Diplomatenschule.

Besoldung zu beziehen, an den gesandtschaftlichen Geschäften teilnehmen und
sich so auf die diplomatische Laufbahn vorbereiten. Wenn Moser die Be¬
merkung macht: „Da der Gesandte mehrmalen nur der Zeiger an der Uhr ist,
so kommt das meiste auf einen ihm zugegebenen tüchtigen Legations-Sekretarium
an," so galt das nicht bloß von seiner Zeit, sondern ist, wie wir aus guter
Quelle versichern können, auch heute noch nicht selten; ja zuweilen schmücken
diplomatische Exzellenzen sich mit Elaboraten von Unterbeamten ihrer Legation.

Hinsichtlich der Auswahl der Dienerschaft, die ein Gesandter hält, macht
Kölle in seinen „Betrachtungen über Diplomatie" (S. 145) folgende treffende
Bemerkung: „In der Wahl seiner Diener muß der Diplomat mit der größten
Vorsicht zu Werke gehen. Man beurteilt den Herrn nach ihnen, und an sie
wendet sich die Polizei zuerst und oft nicht vergebens. Der Botschafter einer
großen Macht sollte in seiner Wohnung, wie die Kardinäle, eine geheime Thür
haben. Zum Kammerdiener möchte geraten sein einen Deutschen, zu Livree¬
dienern Engländer, zur Küche Franzosen, zur Konditorei Italiener zu nehmen,
den Stall sollten Slaven besorgen, und am täglichen kleinen Tische wäre Be¬
dienung durch einen Taubstummen das zweckmäßigste; bei großen Mahlen möchten
alle Diener ohne Gefahr zuhören."

Die Stellung des deutscheu Reiches als einer europäischen Großmacht hat
die Schaffung einer diesem Verhältnis entsprechenden Vertretung im Auslande
notwendig gemacht, und diesem Bedürfnis ist von 1871 an und namentlich in
dem Geschäfts- und Rechnungsjahr 1877 bis 1878 entsprochen worden. Wir
entnehmen dem für diesen Geschäftskreis für jenes Jahr festgestellten Plane, der
seitdem nur einige meist wenig bedeutende Abänderungen erfahren hat, folgende
alphabetisch geordnete Mitteilungen, denen wir einige Notizen über das Aus¬
wärtige Amt des deutschen Reiches (mit dem das Ministerium des Auswärtigen
speziell für Preußen verbunden ist) voraussenden.

Im Auswärtigen Amte in Berlin selbst wirken unter dem Chef desselben
in zwei Abteilungen (einer politischen und einer vorzüglich für kaufmännische
und juristische Geschäfte im Auslande bestimmten) ein Staatssekretär, jetzt Graf
Paul Hatzfeldt, ein Unterstaatssekretär, jetzt Busch,*) ein Direktor (in der zweiten
Abteilung), 15 vortragende Räte, 6 ständige Hilfsarbeiter, 5 Beamte des Zentral-
büreaus (in der politischen Abteilung), ein Vorstand des Chiffrirbüreaus,
11 Beamte desselben, 16 Expedienten, 9 Geheime Registmtoren, ein Rendant,
2 Buchhalter, ein Kassensekretär, ein Geheimer Registratur-Assistent, ein Vorstand
der Geheimen Kanzlei, ein Geheimer Kanzlei-Inspektor, 19 Geheime Kanzlei¬
sekretäre, ein Kastellan und eine Anzahl Beamter unterster Stufe: Kanzlei-
Hausdiener und Portiers.



*) Nicht zu verwechseln, wie seit Jahren oft geschehen, mit unserm geschätzten Mit¬
arbeiter Moritz Busch, dem Verfasser von „Gras Bismarck und seine Leute" und Unser

D, Red. Reichskanzler," der ohne Titel und amtliche Stellung mis Privatmann in Berlin tel»,
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[0618] Aus der Diplomatenschule. Besoldung zu beziehen, an den gesandtschaftlichen Geschäften teilnehmen und sich so auf die diplomatische Laufbahn vorbereiten. Wenn Moser die Be¬ merkung macht: „Da der Gesandte mehrmalen nur der Zeiger an der Uhr ist, so kommt das meiste auf einen ihm zugegebenen tüchtigen Legations-Sekretarium an," so galt das nicht bloß von seiner Zeit, sondern ist, wie wir aus guter Quelle versichern können, auch heute noch nicht selten; ja zuweilen schmücken diplomatische Exzellenzen sich mit Elaboraten von Unterbeamten ihrer Legation. Hinsichtlich der Auswahl der Dienerschaft, die ein Gesandter hält, macht Kölle in seinen „Betrachtungen über Diplomatie" (S. 145) folgende treffende Bemerkung: „In der Wahl seiner Diener muß der Diplomat mit der größten Vorsicht zu Werke gehen. Man beurteilt den Herrn nach ihnen, und an sie wendet sich die Polizei zuerst und oft nicht vergebens. Der Botschafter einer großen Macht sollte in seiner Wohnung, wie die Kardinäle, eine geheime Thür haben. Zum Kammerdiener möchte geraten sein einen Deutschen, zu Livree¬ dienern Engländer, zur Küche Franzosen, zur Konditorei Italiener zu nehmen, den Stall sollten Slaven besorgen, und am täglichen kleinen Tische wäre Be¬ dienung durch einen Taubstummen das zweckmäßigste; bei großen Mahlen möchten alle Diener ohne Gefahr zuhören." Die Stellung des deutscheu Reiches als einer europäischen Großmacht hat die Schaffung einer diesem Verhältnis entsprechenden Vertretung im Auslande notwendig gemacht, und diesem Bedürfnis ist von 1871 an und namentlich in dem Geschäfts- und Rechnungsjahr 1877 bis 1878 entsprochen worden. Wir entnehmen dem für diesen Geschäftskreis für jenes Jahr festgestellten Plane, der seitdem nur einige meist wenig bedeutende Abänderungen erfahren hat, folgende alphabetisch geordnete Mitteilungen, denen wir einige Notizen über das Aus¬ wärtige Amt des deutschen Reiches (mit dem das Ministerium des Auswärtigen speziell für Preußen verbunden ist) voraussenden. Im Auswärtigen Amte in Berlin selbst wirken unter dem Chef desselben in zwei Abteilungen (einer politischen und einer vorzüglich für kaufmännische und juristische Geschäfte im Auslande bestimmten) ein Staatssekretär, jetzt Graf Paul Hatzfeldt, ein Unterstaatssekretär, jetzt Busch,*) ein Direktor (in der zweiten Abteilung), 15 vortragende Räte, 6 ständige Hilfsarbeiter, 5 Beamte des Zentral- büreaus (in der politischen Abteilung), ein Vorstand des Chiffrirbüreaus, 11 Beamte desselben, 16 Expedienten, 9 Geheime Registmtoren, ein Rendant, 2 Buchhalter, ein Kassensekretär, ein Geheimer Registratur-Assistent, ein Vorstand der Geheimen Kanzlei, ein Geheimer Kanzlei-Inspektor, 19 Geheime Kanzlei¬ sekretäre, ein Kastellan und eine Anzahl Beamter unterster Stufe: Kanzlei- Hausdiener und Portiers. *) Nicht zu verwechseln, wie seit Jahren oft geschehen, mit unserm geschätzten Mit¬ arbeiter Moritz Busch, dem Verfasser von „Gras Bismarck und seine Leute" und Unser „ D, Red. Reichskanzler," der ohne Titel und amtliche Stellung mis Privatmann in Berlin tel»,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/618>, abgerufen am 09.01.2025.