Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.pfisters Mühle. Asche anbetraf, so erklärte er sich selber für den größten Pinsel des Universums, Sie will mir keine Last sein, giebt sie als offiziellen Grund an, indem sie Nun hatte ich Emmy von dem schlimmsten Tage, den Pfisters Mühle, pfisters Mühle. Asche anbetraf, so erklärte er sich selber für den größten Pinsel des Universums, Sie will mir keine Last sein, giebt sie als offiziellen Grund an, indem sie Nun hatte ich Emmy von dem schlimmsten Tage, den Pfisters Mühle, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0549" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157474"/> <fw type="header" place="top"> pfisters Mühle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1923" prev="#ID_1922"> Asche anbetraf, so erklärte er sich selber für den größten Pinsel des Universums,<lb/> und zwar in seinem Verhältnis zu der armen Albertine Lippoldes und ohne<lb/> im geringsten damit renommiren zu wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1924"> Sie will mir keine Last sein, giebt sie als offiziellen Grund an, indem sie<lb/> mir den Stuhl vor die Thür setzt! murrte er grimmig. Ist es nicht zu dumm? ..<lb/> Mir eine Last? . , . Mehr Ballast, Kind, oder Fräulein, oder Gänschen, oder<lb/> gnädiges Fräulein, wenn die Brigg nicht beim ersten Umsegeln von Landsend ken¬<lb/> tern soll! — Hilft alles nichts! Nichts bockbeiniger als Lottchen, Laura oder<lb/> Beatrice, oder wie sie sonst heißen, die lieben Seelen, diese kleinen braven Fe¬<lb/> minina, wenn sie das Bedürfnis fühlen, im weißen Schleier drapirt über<lb/> Unsereinem im Blau dahin zu segeln, wenn sie, um in ihre guten, dummen<lb/> Herzen hineinzuweinen, ihren Kopf aufsetzen zu müssen glauben! ... Da stehe<lb/> ich nun mit meiner innigsten Überzeugung, auch einen Schwiegervater zu einer<lb/> Fran und Familie ernähren zu können. Du hast mich in der Schlehengasse<lb/> waschen sehen — ich bitte dich um alles in der Welt, du Tropf, sieh mich<lb/> uicht so sekundanerhaft an! — Du hast mich bei Schmurky und Kompagnie am<lb/> Werk gefunden, und da sitze ich nun von neuem in Pfisters Mühle, abermals<lb/> abgeblitzt, und würde ein Königreich mit Vergnügen geben für die Gefühle<lb/> von Adalbert von Chamissos alter Waschfrau. Ich versichere dir, Bursche: ohne<lb/> dieses Mädchen wird mir das Resultat meines Lebens so stinkend, so wider¬<lb/> wärtig, so über alle Maßen abgeschmackt sein, daß mir nichts übrig bliebe, als<lb/> eines schönen Morgens mich mittellos wie Papa Lippoldes und seelenlos wie<lb/> seine sämtlichen tragischen Helden im fünften Akt in Monaco an einem Öl-<lb/> oder Lorberbaum hängend oder an der Riviera mit „nichts im Herzen als einer<lb/> Kugel" finden zu lassen. Sie muß, sie muß! Und nun frage ich dich um Gottes<lb/> willen, weshalb sollte sie nicht müssen? Habe ich es denn besser als sie in dieser<lb/> infamen Lappen-, Lumpen- und Fetzenwirtschaft der Mutter Erde? Bei dem<lb/> reinen Äther über dein rauchverstänkerten Dunstkreis über Pfisters Mühle und<lb/> Umgegend von Pol zu Pol, ich liebe dieses Frauenzimmer und will es bei<lb/> mir haben, und es sogut als möglich halten in dieser Welt des Benzins und<lb/> der vergifteten Brunnen, Forellenbäche und schiffbaren Flüsse. Und die Närrin<lb/> fürchtet sich bloß, mir das Ideal meiner Jugend, das Pathos, die Thränen und<lb/> das Herzklopfen meiner Knabennächte, ihren Papa zur Aussteuer mit in den<lb/> Haushalt aus der Schlehengasse und dem Ödfelde zu bringen! 's ist, um das<lb/> Herze durchzuprügeln, da es sich nicht abküssen lassen will! Komm mit an deines<lb/> Vaters Bach, Ebert; man spürt immer die Neigung, draußen Atem zu holen,<lb/> wenn man innerhalb von vier Wänden dem, was man sein Herz nennt, Luft<lb/> gemacht hat. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1925" next="#ID_1926"> Nun hatte ich Emmy von dem schlimmsten Tage, den Pfisters Mühle,<lb/> wenigstens bei Menschengedenken, erlebt hatte, zu berichten, und zwar auf<lb/> Wunsch der teilnahmvollen Schönen „so genau und so ins Einzelnste wie nur</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0549]
pfisters Mühle.
Asche anbetraf, so erklärte er sich selber für den größten Pinsel des Universums,
und zwar in seinem Verhältnis zu der armen Albertine Lippoldes und ohne
im geringsten damit renommiren zu wollen.
Sie will mir keine Last sein, giebt sie als offiziellen Grund an, indem sie
mir den Stuhl vor die Thür setzt! murrte er grimmig. Ist es nicht zu dumm? ..
Mir eine Last? . , . Mehr Ballast, Kind, oder Fräulein, oder Gänschen, oder
gnädiges Fräulein, wenn die Brigg nicht beim ersten Umsegeln von Landsend ken¬
tern soll! — Hilft alles nichts! Nichts bockbeiniger als Lottchen, Laura oder
Beatrice, oder wie sie sonst heißen, die lieben Seelen, diese kleinen braven Fe¬
minina, wenn sie das Bedürfnis fühlen, im weißen Schleier drapirt über
Unsereinem im Blau dahin zu segeln, wenn sie, um in ihre guten, dummen
Herzen hineinzuweinen, ihren Kopf aufsetzen zu müssen glauben! ... Da stehe
ich nun mit meiner innigsten Überzeugung, auch einen Schwiegervater zu einer
Fran und Familie ernähren zu können. Du hast mich in der Schlehengasse
waschen sehen — ich bitte dich um alles in der Welt, du Tropf, sieh mich
uicht so sekundanerhaft an! — Du hast mich bei Schmurky und Kompagnie am
Werk gefunden, und da sitze ich nun von neuem in Pfisters Mühle, abermals
abgeblitzt, und würde ein Königreich mit Vergnügen geben für die Gefühle
von Adalbert von Chamissos alter Waschfrau. Ich versichere dir, Bursche: ohne
dieses Mädchen wird mir das Resultat meines Lebens so stinkend, so wider¬
wärtig, so über alle Maßen abgeschmackt sein, daß mir nichts übrig bliebe, als
eines schönen Morgens mich mittellos wie Papa Lippoldes und seelenlos wie
seine sämtlichen tragischen Helden im fünften Akt in Monaco an einem Öl-
oder Lorberbaum hängend oder an der Riviera mit „nichts im Herzen als einer
Kugel" finden zu lassen. Sie muß, sie muß! Und nun frage ich dich um Gottes
willen, weshalb sollte sie nicht müssen? Habe ich es denn besser als sie in dieser
infamen Lappen-, Lumpen- und Fetzenwirtschaft der Mutter Erde? Bei dem
reinen Äther über dein rauchverstänkerten Dunstkreis über Pfisters Mühle und
Umgegend von Pol zu Pol, ich liebe dieses Frauenzimmer und will es bei
mir haben, und es sogut als möglich halten in dieser Welt des Benzins und
der vergifteten Brunnen, Forellenbäche und schiffbaren Flüsse. Und die Närrin
fürchtet sich bloß, mir das Ideal meiner Jugend, das Pathos, die Thränen und
das Herzklopfen meiner Knabennächte, ihren Papa zur Aussteuer mit in den
Haushalt aus der Schlehengasse und dem Ödfelde zu bringen! 's ist, um das
Herze durchzuprügeln, da es sich nicht abküssen lassen will! Komm mit an deines
Vaters Bach, Ebert; man spürt immer die Neigung, draußen Atem zu holen,
wenn man innerhalb von vier Wänden dem, was man sein Herz nennt, Luft
gemacht hat. —
Nun hatte ich Emmy von dem schlimmsten Tage, den Pfisters Mühle,
wenigstens bei Menschengedenken, erlebt hatte, zu berichten, und zwar auf
Wunsch der teilnahmvollen Schönen „so genau und so ins Einzelnste wie nur
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