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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Aus der Dixlomatenschule.

seines Hotels aufspeicherten. Sie richteten hier Verkaufsstellen ein, wo alle
dänischen Damen erschienen und sich Fächer, Masken, Kopfputz und Bänder
kauften. Die Kaufleute Kopenhagens, die mit solchen Dingen Handel trieben,
erlitten durch dieses Treiben große Einbuße und beklagten sich darüber." Ein
allerliebstes Seitenstück aus neuester Zeit, in welchem gleichfalls ein franzö¬
sischer Diplomat mit dreister Stirn und guter kommerzieller Anlage die Hauptrolle
spielt, erwähnte Bismarck in Versailles über Tische. (Vgl. Busch, Unser Reichs¬
kanzler I, 284): "Wie Morny zum Gesandten in Petersburg ernannt worden
war, kam er mit einer ganzen langen Reihe schöner, eleganter Wagen an und
hatte alle Koffer, Kisten und Kasten voll Spitzen und Seidenzeug und Damen¬
putz, wofür er als exterritorial keinen Zoll zu zahlen hatte. Jeder Diener
hatte seinen eignen Wagen, jeder Attache oder Sekretär mindestens zwei, und
er selber hatte wohl fünf oder sechs, und als er ein paar Tage da war, ver-
anktionirte er das alles, Wagen, Spitzen und Modesachen. Er soll achtmal-
hundcrttansend Rubel dabei verdient haben." In Spanien wurde ein altes
Gesetz, welches den fremden Gesandten Abgabenfrciheit einräumte, 1715 auf¬
gehoben, wogegen man ihnen nach Verhältnis ihres Ranges jährlich eine Summe
Geldes als Entschädigung bezahlte. Jetzt gestattet man ihnen dort eine sechs¬
monatliche Frist zu abgabenfreier Einführung ihrer Effekten. Ähnlich wird es
in Rußland gehalten. Anderwärts haben sie ein Jahr Zeit dazu. In Preußen
hat jeder nichtdentsche Gesandte einen Kredit von 2000 Thaler, jetzt 6000 Mark.
Eingangssteuern; er kann bis zu diesem Betrage aus dem Auslande Waaren
beziehe". Ist aber der Kredit erschöpft, so muß er alles, was er Zollbares
über die Grenze kommen läßt, versteuern.

Erwirbt ein Gesandter unbewegliche Güter, so hat er, da diese nicht exterri¬
torial werden können, alle an ihnen haftenden Neallasten zu tragen, nur bleibt
das von ihm bewohnte Hans von Einquartierung frei. Er hat keinen Anspruch
auf Verschönung mit Chaussee-, Fahr- und Brückengeld, und sollte er -- was
kaum in Wirklichkeit vorkommen wird -- neben seiner gesandtschaftlichen Thätig¬
keit ein bürgerliches Gewerbe, Landwirtschaft, Fabrikation oder Handelsgeschäfte
betreiben, so hat er die dabei üblichen Abgaben wie andre Staatsangehörige
zu entrichten.




Aus der Dixlomatenschule.

seines Hotels aufspeicherten. Sie richteten hier Verkaufsstellen ein, wo alle
dänischen Damen erschienen und sich Fächer, Masken, Kopfputz und Bänder
kauften. Die Kaufleute Kopenhagens, die mit solchen Dingen Handel trieben,
erlitten durch dieses Treiben große Einbuße und beklagten sich darüber." Ein
allerliebstes Seitenstück aus neuester Zeit, in welchem gleichfalls ein franzö¬
sischer Diplomat mit dreister Stirn und guter kommerzieller Anlage die Hauptrolle
spielt, erwähnte Bismarck in Versailles über Tische. (Vgl. Busch, Unser Reichs¬
kanzler I, 284): „Wie Morny zum Gesandten in Petersburg ernannt worden
war, kam er mit einer ganzen langen Reihe schöner, eleganter Wagen an und
hatte alle Koffer, Kisten und Kasten voll Spitzen und Seidenzeug und Damen¬
putz, wofür er als exterritorial keinen Zoll zu zahlen hatte. Jeder Diener
hatte seinen eignen Wagen, jeder Attache oder Sekretär mindestens zwei, und
er selber hatte wohl fünf oder sechs, und als er ein paar Tage da war, ver-
anktionirte er das alles, Wagen, Spitzen und Modesachen. Er soll achtmal-
hundcrttansend Rubel dabei verdient haben." In Spanien wurde ein altes
Gesetz, welches den fremden Gesandten Abgabenfrciheit einräumte, 1715 auf¬
gehoben, wogegen man ihnen nach Verhältnis ihres Ranges jährlich eine Summe
Geldes als Entschädigung bezahlte. Jetzt gestattet man ihnen dort eine sechs¬
monatliche Frist zu abgabenfreier Einführung ihrer Effekten. Ähnlich wird es
in Rußland gehalten. Anderwärts haben sie ein Jahr Zeit dazu. In Preußen
hat jeder nichtdentsche Gesandte einen Kredit von 2000 Thaler, jetzt 6000 Mark.
Eingangssteuern; er kann bis zu diesem Betrage aus dem Auslande Waaren
beziehe». Ist aber der Kredit erschöpft, so muß er alles, was er Zollbares
über die Grenze kommen läßt, versteuern.

Erwirbt ein Gesandter unbewegliche Güter, so hat er, da diese nicht exterri¬
torial werden können, alle an ihnen haftenden Neallasten zu tragen, nur bleibt
das von ihm bewohnte Hans von Einquartierung frei. Er hat keinen Anspruch
auf Verschönung mit Chaussee-, Fahr- und Brückengeld, und sollte er — was
kaum in Wirklichkeit vorkommen wird — neben seiner gesandtschaftlichen Thätig¬
keit ein bürgerliches Gewerbe, Landwirtschaft, Fabrikation oder Handelsgeschäfte
betreiben, so hat er die dabei üblichen Abgaben wie andre Staatsangehörige
zu entrichten.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/517>, abgerufen am 28.12.2024.