Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Aus der Diplomatenschule. von 1651 mit Körper- und selbst Lebensstrafe, In Frankreich bestimmte ein "Außer der Unverletzbarkeit finden wir schon im Altertum eine Exemtion Aus der Diplomatenschule. von 1651 mit Körper- und selbst Lebensstrafe, In Frankreich bestimmte ein „Außer der Unverletzbarkeit finden wir schon im Altertum eine Exemtion <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157439"/> <fw type="header" place="top"> Aus der Diplomatenschule.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1784" prev="#ID_1783"> von 1651 mit Körper- und selbst Lebensstrafe, In Frankreich bestimmte ein<lb/> Gesetz vom 17. Mai 1819: „Die Beschimpfung von Botschaftern, Ministern,<lb/> Bevollmächtigten, Gesandten, Geschäftsträgern oder andern beim Könige be¬<lb/> glaubigten diplomatischen Agenten wird mit Einsperrung von acht Tagen bis<lb/> zu achtzehn Monaten und einer Geldbuße von fünfundzwanzig bis zu zwei¬<lb/> hundert Franks oder einer dieser beiden Strafen allein geahndet/' Das preußische<lb/> Gesetzbuch schreibt vor: „Wer das Völkerrecht gegen fremde Staaten, deren<lb/> Oberhaupt oder Gesandten verletzt oder dieselben sonst beleidigt, gegen den soll<lb/> die durch die That selbst verwirkte Strafe jedesmal geschärft werden." Im<lb/> bairischen Strafgesetzbuche heißt es: „Derjenige wird als Staatsverräter vierten<lb/> Grades bestraft, welcher ... die Häupter fremder Staaten oder deren Gesandte<lb/> oder Bevollmächtige durch verbrecherische Handlungen persönlich beleidigt, wofern<lb/> nicht die Handlung an sich zu einer strafbaren Gattung von Verbrechen gehört."<lb/> Ist der Gesandte von Leuten beschimpft oder verletzt worden, die seine Stellung<lb/> und Würde nicht kannten, so hat der Fall nichts mit dem Völkerrecht zu schaffen<lb/> und wird als gewöhnliches Vergehen oder Verbrechen behandelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1785"> „Außer der Unverletzbarkeit finden wir schon im Altertum eine Exemtion<lb/> der diplomatischen Agenten von jedem störenden Einfluß der fremden Staats¬<lb/> gewalt auf ihre Handlungen. Man stellte den Grundsatz auf, daß keinem Ge¬<lb/> sandten etwas zugemutet werden dürfe, was der Erfüllung seiner Obliegenheiten<lb/> gegen den Absender ein Hindernis bereite (ut us irarMig-or IsZMo.) Deshalb<lb/> war im Römischen Rechte jede in fus vocAtio eines Gesandten ausgeschlossen,<lb/> selbst wenn er aus einer römischen Provinz oder Stadt war; es war ihm mit<lb/> gewissen Einschränkungen das sogenannte jus ctoirmm revoog-mal zugestanden,<lb/> d. h. das Recht, in seiner Heimat gerichtet zu werden, sodaß er sich also wäh¬<lb/> rend seines Aufenthaltes in Rom weder auf Zivilklagen aus älteren Forde¬<lb/> rungen noch auf Anklagen wegen früherer Vergehen einzulassen brauchte. , . .<lb/> Die neuere Staatspraxis hat jenen Grundsatz des Römischen Rechtes in Ver¬<lb/> bindung mit der persönlichen Unverletzbarkeit der Gesandten zu einem vollkom¬<lb/> menen Exterritorialitätsverhältnisse gestaltet, und dieses Herkommen ist schon<lb/> seit zwei Jahrhunderten festgestellt. Zunächst im allgemeinen versteht man unter<lb/> Exterritorialität die völkerrechtliche Unabhängigkeit gewisser Personen und mit<lb/> diesen in Verbindung stehender Gegenstände von der Territorialhoheit des<lb/> Staates, in welchem sie sich persönlich befinden. Diese Exterritorialität, auf die<lb/> Repräsentanten eines Staates oder einer Regierung angewendet, besteht im<lb/> wesentlichen in der Exemtion derselben von der lokalen Gerichtsbarkeit, d. h,<lb/> sie entbindet ihn von der Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit, sowie von der Bot¬<lb/> mäßigkeit der Polizei des fremden Staates. Der Gesandte wird vermöge dieses<lb/> Vorrechtes samt seinem Gefolge und seinem Hause, sowie in seinen sonstigen<lb/> Sachen so beurteilt, als ob er den Staat, der ihn abgeordnet hat, garnicht<lb/> verlassen habe, als ob er außerhalb des Gebietes lebe, in dem er residirt."<lb/> (Alt, a. a. O., S. 72 und 73.)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
Aus der Diplomatenschule.
von 1651 mit Körper- und selbst Lebensstrafe, In Frankreich bestimmte ein
Gesetz vom 17. Mai 1819: „Die Beschimpfung von Botschaftern, Ministern,
Bevollmächtigten, Gesandten, Geschäftsträgern oder andern beim Könige be¬
glaubigten diplomatischen Agenten wird mit Einsperrung von acht Tagen bis
zu achtzehn Monaten und einer Geldbuße von fünfundzwanzig bis zu zwei¬
hundert Franks oder einer dieser beiden Strafen allein geahndet/' Das preußische
Gesetzbuch schreibt vor: „Wer das Völkerrecht gegen fremde Staaten, deren
Oberhaupt oder Gesandten verletzt oder dieselben sonst beleidigt, gegen den soll
die durch die That selbst verwirkte Strafe jedesmal geschärft werden." Im
bairischen Strafgesetzbuche heißt es: „Derjenige wird als Staatsverräter vierten
Grades bestraft, welcher ... die Häupter fremder Staaten oder deren Gesandte
oder Bevollmächtige durch verbrecherische Handlungen persönlich beleidigt, wofern
nicht die Handlung an sich zu einer strafbaren Gattung von Verbrechen gehört."
Ist der Gesandte von Leuten beschimpft oder verletzt worden, die seine Stellung
und Würde nicht kannten, so hat der Fall nichts mit dem Völkerrecht zu schaffen
und wird als gewöhnliches Vergehen oder Verbrechen behandelt.
„Außer der Unverletzbarkeit finden wir schon im Altertum eine Exemtion
der diplomatischen Agenten von jedem störenden Einfluß der fremden Staats¬
gewalt auf ihre Handlungen. Man stellte den Grundsatz auf, daß keinem Ge¬
sandten etwas zugemutet werden dürfe, was der Erfüllung seiner Obliegenheiten
gegen den Absender ein Hindernis bereite (ut us irarMig-or IsZMo.) Deshalb
war im Römischen Rechte jede in fus vocAtio eines Gesandten ausgeschlossen,
selbst wenn er aus einer römischen Provinz oder Stadt war; es war ihm mit
gewissen Einschränkungen das sogenannte jus ctoirmm revoog-mal zugestanden,
d. h. das Recht, in seiner Heimat gerichtet zu werden, sodaß er sich also wäh¬
rend seines Aufenthaltes in Rom weder auf Zivilklagen aus älteren Forde¬
rungen noch auf Anklagen wegen früherer Vergehen einzulassen brauchte. , . .
Die neuere Staatspraxis hat jenen Grundsatz des Römischen Rechtes in Ver¬
bindung mit der persönlichen Unverletzbarkeit der Gesandten zu einem vollkom¬
menen Exterritorialitätsverhältnisse gestaltet, und dieses Herkommen ist schon
seit zwei Jahrhunderten festgestellt. Zunächst im allgemeinen versteht man unter
Exterritorialität die völkerrechtliche Unabhängigkeit gewisser Personen und mit
diesen in Verbindung stehender Gegenstände von der Territorialhoheit des
Staates, in welchem sie sich persönlich befinden. Diese Exterritorialität, auf die
Repräsentanten eines Staates oder einer Regierung angewendet, besteht im
wesentlichen in der Exemtion derselben von der lokalen Gerichtsbarkeit, d. h,
sie entbindet ihn von der Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit, sowie von der Bot¬
mäßigkeit der Polizei des fremden Staates. Der Gesandte wird vermöge dieses
Vorrechtes samt seinem Gefolge und seinem Hause, sowie in seinen sonstigen
Sachen so beurteilt, als ob er den Staat, der ihn abgeordnet hat, garnicht
verlassen habe, als ob er außerhalb des Gebietes lebe, in dem er residirt."
(Alt, a. a. O., S. 72 und 73.)
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