Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Aus der viplomatenschule. UM die deutsche Chiffrirmethode handelt, unrecht. Eine deutsche chiffrirte De¬ Das gemeinsame Interesse aller Staaten, zwischen denen ein völkerrecht¬ Wird eil? gehörig beglaubigter Diplomat von der Regierung, bei der er Grenzboten 1884. IV. 64
Aus der viplomatenschule. UM die deutsche Chiffrirmethode handelt, unrecht. Eine deutsche chiffrirte De¬ Das gemeinsame Interesse aller Staaten, zwischen denen ein völkerrecht¬ Wird eil? gehörig beglaubigter Diplomat von der Regierung, bei der er Grenzboten 1884. IV. 64
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0513" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157438"/> <fw type="header" place="top"> Aus der viplomatenschule.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1781" prev="#ID_1780"> UM die deutsche Chiffrirmethode handelt, unrecht. Eine deutsche chiffrirte De¬<lb/> pesche läßt sich ohne onillre äövnitkrg.ut weder mit Algebra noch mit andrer<lb/> Menschenweisheit entziffern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1782"> Das gemeinsame Interesse aller Staaten, zwischen denen ein völkerrecht¬<lb/> licher Verkehr stattfindet, verlangt Schutz der Gesandten gegen Beleidigung und<lb/> Verletzung. Unverletzbarkeit, Unantastbarkeit ist das oberste Vorrecht derselben<lb/> und ein so natürliches, daß es schon im frühen Altertum und selbst unter<lb/> wilden und halbbarbarischen Völkern Geltung hatte und Nichachtung desselben<lb/> als schwerer und hart zu ahndender Frevel betrachtet wurde. Als die Bewohner<lb/> von Tyrus die Gesandten Alexanders des Großen ermordet hatten, belagerte<lb/> er die Stadt und ließ, nachdem er sie erstürmt hatte, alle, die sich nicht in<lb/> Tempelasyle geflüchtet, niederhauen oder ans Kreuz schlagen, auch Feuer auf<lb/> die Dächer werfen. Plutarch nennt das Verfahren des macedonischen Königs<lb/> Perseus, welcher Gesandte des illyrischen Fürsten Genthius zurückgehalten hatte,<lb/> ruchlos und schrecklich (äetvav). Mehrmals rächten die Römer Ermordung<lb/> oder Beschimpfung ihrer Gesandten durch Krieg (gegen die Fidenaten, die<lb/> Tarentiner und die Illyrer). Selbst das alte Kriegsrecht der Türken schrieb<lb/> vor, daß die Gesandten der Ungläubigen nicht getötet werden dürften, doch<lb/> konnte sie der Sultan beim Ausbrüche von Feindseligkeiten als Geiseln zurück¬<lb/> behalten, und wenn ihr Absender starb, galten sie als Kriegsgefangene. Heut¬<lb/> zutage erstreckt sich dieses Privilegium uicht bloß auf die Person aller Gesandten<lb/> und ihres Gefolges bis herab zur Dienerschaft, sondern anch auf die mit ihnen<lb/> und ihrer Würde in unmittelbarem Zusammenhange stehenden Gegenstände, auf<lb/> ihre Wohnung, ihr Hausgerät und ihre Wagen. Vattel sagt: „Das Haus<lb/> eiues Gesandten muß vor jeder Verletzung gesichert sein, unter besonderen Schutze<lb/> der Gesetze und des Völkerrechtes stehen; es verletzen heißt sich gegen den Staat<lb/> und gegen alle Nationen vergehen... Die Karossen und Equipagen desselben<lb/> genießen dieselben Privilegien wie sein Haus; sie angreifen heißt den Gesandten<lb/> selbst und den Souverän verletzen, den er repräsentirt." Selbstverständlich er¬<lb/> lischt der Anspruch auf Berücksichtigung dieses Vorrechtes, wenn es mißbraucht<lb/> wird, wie in dem von Wiequefort berichteten Falle, wo der Marquis de Fontenoy-<lb/> Marueil, der Frankreich beim Papste vertrat, neapolitanische Rebellen in seinem<lb/> Wagen fortzuschaffen versuchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1783" next="#ID_1784"> Wird eil? gehörig beglaubigter Diplomat von der Regierung, bei der er<lb/> cckkreditirt ist, selbst verletzt, so verlangt er oder sein Absender Genugthuung,<lb/> die im Ersatz des erlittenen materiellen Schadens, Entschuldigung und bisweilen<lb/> in der Abordnung einer eignen Gesandtschaft an den beleidigten Monarchen zu<lb/> bestehen hat. Ist die Verletzung von einem Unterthanen des auswärtigen Staates<lb/> ausgegangen, so ist derselbe nach den Gesetzen dieses Staates zu bestrafen. Unter<lb/> Richard dem Zweiten von England war auf derartige Vergehen die Strafe des<lb/> Hochverrates gesetzt. Die Generalstaaten ahndeten sie nach einer Verordnung</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten 1884. IV. 64</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0513]
Aus der viplomatenschule.
UM die deutsche Chiffrirmethode handelt, unrecht. Eine deutsche chiffrirte De¬
pesche läßt sich ohne onillre äövnitkrg.ut weder mit Algebra noch mit andrer
Menschenweisheit entziffern.
Das gemeinsame Interesse aller Staaten, zwischen denen ein völkerrecht¬
licher Verkehr stattfindet, verlangt Schutz der Gesandten gegen Beleidigung und
Verletzung. Unverletzbarkeit, Unantastbarkeit ist das oberste Vorrecht derselben
und ein so natürliches, daß es schon im frühen Altertum und selbst unter
wilden und halbbarbarischen Völkern Geltung hatte und Nichachtung desselben
als schwerer und hart zu ahndender Frevel betrachtet wurde. Als die Bewohner
von Tyrus die Gesandten Alexanders des Großen ermordet hatten, belagerte
er die Stadt und ließ, nachdem er sie erstürmt hatte, alle, die sich nicht in
Tempelasyle geflüchtet, niederhauen oder ans Kreuz schlagen, auch Feuer auf
die Dächer werfen. Plutarch nennt das Verfahren des macedonischen Königs
Perseus, welcher Gesandte des illyrischen Fürsten Genthius zurückgehalten hatte,
ruchlos und schrecklich (äetvav). Mehrmals rächten die Römer Ermordung
oder Beschimpfung ihrer Gesandten durch Krieg (gegen die Fidenaten, die
Tarentiner und die Illyrer). Selbst das alte Kriegsrecht der Türken schrieb
vor, daß die Gesandten der Ungläubigen nicht getötet werden dürften, doch
konnte sie der Sultan beim Ausbrüche von Feindseligkeiten als Geiseln zurück¬
behalten, und wenn ihr Absender starb, galten sie als Kriegsgefangene. Heut¬
zutage erstreckt sich dieses Privilegium uicht bloß auf die Person aller Gesandten
und ihres Gefolges bis herab zur Dienerschaft, sondern anch auf die mit ihnen
und ihrer Würde in unmittelbarem Zusammenhange stehenden Gegenstände, auf
ihre Wohnung, ihr Hausgerät und ihre Wagen. Vattel sagt: „Das Haus
eiues Gesandten muß vor jeder Verletzung gesichert sein, unter besonderen Schutze
der Gesetze und des Völkerrechtes stehen; es verletzen heißt sich gegen den Staat
und gegen alle Nationen vergehen... Die Karossen und Equipagen desselben
genießen dieselben Privilegien wie sein Haus; sie angreifen heißt den Gesandten
selbst und den Souverän verletzen, den er repräsentirt." Selbstverständlich er¬
lischt der Anspruch auf Berücksichtigung dieses Vorrechtes, wenn es mißbraucht
wird, wie in dem von Wiequefort berichteten Falle, wo der Marquis de Fontenoy-
Marueil, der Frankreich beim Papste vertrat, neapolitanische Rebellen in seinem
Wagen fortzuschaffen versuchte.
Wird eil? gehörig beglaubigter Diplomat von der Regierung, bei der er
cckkreditirt ist, selbst verletzt, so verlangt er oder sein Absender Genugthuung,
die im Ersatz des erlittenen materiellen Schadens, Entschuldigung und bisweilen
in der Abordnung einer eignen Gesandtschaft an den beleidigten Monarchen zu
bestehen hat. Ist die Verletzung von einem Unterthanen des auswärtigen Staates
ausgegangen, so ist derselbe nach den Gesetzen dieses Staates zu bestrafen. Unter
Richard dem Zweiten von England war auf derartige Vergehen die Strafe des
Hochverrates gesetzt. Die Generalstaaten ahndeten sie nach einer Verordnung
Grenzboten 1884. IV. 64
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