Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.pfisters Mühle. zu besinnen, wie alt ihr junges Volk und wie vernünftig und langweilig Nun traitee er sich mit der Linken in meinen Kragen lind streckte den Sieh es dir an, Knabe, und finde auch du dich mit ihm ab, wie der da Hoffentlich für's erste noch nicht, brummte mein Freund Adam, wie es pfisters Mühle. zu besinnen, wie alt ihr junges Volk und wie vernünftig und langweilig Nun traitee er sich mit der Linken in meinen Kragen lind streckte den Sieh es dir an, Knabe, und finde auch du dich mit ihm ab, wie der da Hoffentlich für's erste noch nicht, brummte mein Freund Adam, wie es <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157316"/> <fw type="header" place="top"> pfisters Mühle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1350" prev="#ID_1349"> zu besinnen, wie alt ihr junges Volk und wie vernünftig und langweilig<lb/> ihr seid.</p><lb/> <p xml:id="ID_1351"> Nun traitee er sich mit der Linken in meinen Kragen lind streckte den<lb/> dürren rechten Arm und die Fällst aus dem schäbigen Ärmel weit vor gegen<lb/> das phantastischer als eine Ritterburg der Vergangenheit mit seinen Dächern und<lb/> Zinnen, seinen Türmen und Schornsteinen im Nebel des Weihnachtstages auf¬<lb/> ragende große Jndustriewerk und rief hell und heiser:</p><lb/> <p xml:id="ID_1352"> Sieh es dir an, Knabe, und finde auch du dich mit ihm ab, wie der da<lb/> — wissenschaftlich oder als Aktionär. Kind, habe dreist wie die andern Furcht,<lb/> dich ihm gegenüber lächerlich zu machen, und renne dir ja den Schädel nicht<lb/> daran ein mit irgend etwas drin, was über der Zeit und dem Raume liegt.<lb/> Folge dit unserm Rate, so wirst du etwas vor dich bringen; nnr sieh dich nicht<lb/> um nach dem, was du vielleicht dabei hinter dir liegen lässest. Ich aber werde<lb/> jetzt euerm Rate folgen, nach Hause gehen und unterkriechen und mich mit<lb/> nützlicher Festtagsnachmittagslektüre beschäftigen. Meine eigne Bibliothek ist<lb/> mir, wie du weißt, Adam Asche, mit mehreren andern im Laufe des Lebens ab-<lb/> abhanden gekommen, ich bin bei meinem jetzigen Landaufenthalt einzig auf die<lb/> meines Bauern angewiesen, auf den Kalender vom laufenden Jahre und auf<lb/> ein altes Buch im Fach über der Thür, das mir mein Mädchen herunterholen<lb/> mag. Uralte jüdische Weisheit und Prophezeiung, auf die ihrerzeit auch nie¬<lb/> mand geachtet hat! Rate dir ebenfalls zu der Lektüre, wenn dir einmal alle<lb/> andre abgestanden, stinkend und voll fauler Fische vorkommen wird, wie deines<lb/> Vaters Mühlwasser, Ebert Pfister! Zephania im ersten Kapitel Vers elf: Henkel,<lb/> die ihr in der Mühlen wohnet, denn das ganze Krämervolk ist dahin, und alle,<lb/> die Geld sammeln, sind ausgerottet!</p><lb/> <p xml:id="ID_1353"> Hoffentlich für's erste noch nicht, brummte mein Freund Adam, wie es<lb/> schien, gänzlich unberührt von dem urmächtigen Pathos unsers beklagenswerten<lb/> Begleiters. Was aber das Heulen in den Mühlen anbetrifft, na, so stehen wir<lb/> ja gerade deswegen hier mit blauen Nasen im Erd- und Ätherqualm. Ich kann<lb/> deinem Vater leider nicht zu seinem alten, fröhlichen Dasein verhelfen, Ebert;<lb/> Sie aber, Lippoldes, dürfen sich schon ganz ruhig mit Ihren Idealen zum Vater<lb/> Pfister auf die harte Bank in der harten Schule des Lebens setzen. Was bei¬<lb/> läufig mich angeht, Ebert Pfister, so meine ich, der beste Mann wird immer der¬<lb/> jenige sein, welcher sich auch mit dem schofelsten Material, dem gegenüber, was<lb/> über der Zeit und dem Raume liegt, zurechtzufinden weiß. Zu Ihrem „Ala-<lb/> rich in Athen" und „Schneider in Straßburg" konnten Sie meinen Senf nicht<lb/> gebrauchen, Doktor; der Vorschlag, in Kompagnie mit mir aus Pfisters Mühle<lb/> ein Gedicht zu machen, würde Ihnen heute nur lächerlich vorkommen; Sie sind<lb/> mein Mann, saufe, nehmen Sie mir den Korb da in Acht, und marsch, nach<lb/> Hause. Die unsterblichen Götter aber mögen mir meinen Willen lassen, ich —<lb/> lasse ihnen ja auch den ihrigen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
pfisters Mühle.
zu besinnen, wie alt ihr junges Volk und wie vernünftig und langweilig
ihr seid.
Nun traitee er sich mit der Linken in meinen Kragen lind streckte den
dürren rechten Arm und die Fällst aus dem schäbigen Ärmel weit vor gegen
das phantastischer als eine Ritterburg der Vergangenheit mit seinen Dächern und
Zinnen, seinen Türmen und Schornsteinen im Nebel des Weihnachtstages auf¬
ragende große Jndustriewerk und rief hell und heiser:
Sieh es dir an, Knabe, und finde auch du dich mit ihm ab, wie der da
— wissenschaftlich oder als Aktionär. Kind, habe dreist wie die andern Furcht,
dich ihm gegenüber lächerlich zu machen, und renne dir ja den Schädel nicht
daran ein mit irgend etwas drin, was über der Zeit und dem Raume liegt.
Folge dit unserm Rate, so wirst du etwas vor dich bringen; nnr sieh dich nicht
um nach dem, was du vielleicht dabei hinter dir liegen lässest. Ich aber werde
jetzt euerm Rate folgen, nach Hause gehen und unterkriechen und mich mit
nützlicher Festtagsnachmittagslektüre beschäftigen. Meine eigne Bibliothek ist
mir, wie du weißt, Adam Asche, mit mehreren andern im Laufe des Lebens ab-
abhanden gekommen, ich bin bei meinem jetzigen Landaufenthalt einzig auf die
meines Bauern angewiesen, auf den Kalender vom laufenden Jahre und auf
ein altes Buch im Fach über der Thür, das mir mein Mädchen herunterholen
mag. Uralte jüdische Weisheit und Prophezeiung, auf die ihrerzeit auch nie¬
mand geachtet hat! Rate dir ebenfalls zu der Lektüre, wenn dir einmal alle
andre abgestanden, stinkend und voll fauler Fische vorkommen wird, wie deines
Vaters Mühlwasser, Ebert Pfister! Zephania im ersten Kapitel Vers elf: Henkel,
die ihr in der Mühlen wohnet, denn das ganze Krämervolk ist dahin, und alle,
die Geld sammeln, sind ausgerottet!
Hoffentlich für's erste noch nicht, brummte mein Freund Adam, wie es
schien, gänzlich unberührt von dem urmächtigen Pathos unsers beklagenswerten
Begleiters. Was aber das Heulen in den Mühlen anbetrifft, na, so stehen wir
ja gerade deswegen hier mit blauen Nasen im Erd- und Ätherqualm. Ich kann
deinem Vater leider nicht zu seinem alten, fröhlichen Dasein verhelfen, Ebert;
Sie aber, Lippoldes, dürfen sich schon ganz ruhig mit Ihren Idealen zum Vater
Pfister auf die harte Bank in der harten Schule des Lebens setzen. Was bei¬
läufig mich angeht, Ebert Pfister, so meine ich, der beste Mann wird immer der¬
jenige sein, welcher sich auch mit dem schofelsten Material, dem gegenüber, was
über der Zeit und dem Raume liegt, zurechtzufinden weiß. Zu Ihrem „Ala-
rich in Athen" und „Schneider in Straßburg" konnten Sie meinen Senf nicht
gebrauchen, Doktor; der Vorschlag, in Kompagnie mit mir aus Pfisters Mühle
ein Gedicht zu machen, würde Ihnen heute nur lächerlich vorkommen; Sie sind
mein Mann, saufe, nehmen Sie mir den Korb da in Acht, und marsch, nach
Hause. Die unsterblichen Götter aber mögen mir meinen Willen lassen, ich —
lasse ihnen ja auch den ihrigen.
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