Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert. zwei wichtige Porträts sind damals in Augsburg und Innsbruck entstanden. Hiermit endete im allgemeinen das Kunstleben in Thüringen, und wir Auch im albertinischen Sachsen begann schon früh, bereits unter Herzog Im Jahre 1530 nämlich begann er, da sein Hofstaat zu weitläufig und Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert. zwei wichtige Porträts sind damals in Augsburg und Innsbruck entstanden. Hiermit endete im allgemeinen das Kunstleben in Thüringen, und wir Auch im albertinischen Sachsen begann schon früh, bereits unter Herzog Im Jahre 1530 nämlich begann er, da sein Hofstaat zu weitläufig und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0037" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156962"/> <fw type="header" place="top"> Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert.</fw><lb/> <p xml:id="ID_90" prev="#ID_89"> zwei wichtige Porträts sind damals in Augsburg und Innsbruck entstanden.<lb/> Das eine, in Augsburg 1650 gemalt und jetzt in Wien bewahrt, rührt von<lb/> Tizian her, den Karl der Fünfte als Zeugen seiner eignen Kunstpflege auf dem<lb/> Augsburger Reichstage bei sich hatte. Das andre, von Cranach in Innsbruck<lb/> 1551 entworfen, ist in guten Holzschnitten weit verbreitet. Johann Friedrich<lb/> ist in halber Figur dargestellt, mit bedecktem Haupte, die Narbe, die er in der<lb/> Schlacht bei Mühlberg erhalten hatte, auf der linken Wange, in der Rechten<lb/> seine Handschuhe haltend. Eine Inschrift sagt: „des durchleuchten Herzogen<lb/> Johann Friedrich von Sachsen Contrafact, im 49 Jar seines Alters und 5ten<lb/> seines gefenknis anno 1551." Die schweren Prüfungen, die Friedrich über¬<lb/> standen hatte, haben in der That dem Gesicht ihren Stempel aufgedrückt. Es<lb/> sind die letzten Bilder, die uns von ihm erhalten sind. Am 1. September 1552<lb/> wurde er seiner Haft entlassen und kehrte, von den Unterthanen freudig begrüßt,<lb/> in seine Lande zurück. Aber er sollte seine Freiheit nicht mehr lange genießen.<lb/> Er folgte seinem Hofmaler Cranach bereits im Jahre 1554 im Tode nach.</p><lb/> <p xml:id="ID_91"> Hiermit endete im allgemeinen das Kunstleben in Thüringen, und wir<lb/> wenden uns nun von den Ernestinern hinüber zu den Erben der sächsischen<lb/> Kurwürde, den Albertinern.</p><lb/> <p xml:id="ID_92"> Auch im albertinischen Sachsen begann schon früh, bereits unter Herzog<lb/> Georg dem Bärtigen (1500—1539), die Kunst einzelne schöne Blüten zu treiben.<lb/> Anregung erhielt Georg von seinem Vetter Friedrich dem Weisen. Der erste<lb/> Künstler, der in Beziehungen zu ihm trat, war Cranach, der, soweit sich nach¬<lb/> weisen läßt, zuerst im Jahre 1517 am Dresdener Hofe weilte und damals be¬<lb/> deutende Aufträge erhielt. Zum zweitenmale finden wir ihn bei Georg im<lb/> Jahre 1527, wo er wahrscheinlich die Porträts von Georg, seiner Gemahlin<lb/> und seinen Kindern fertigte, die in verschiednen Galerien zerstreut sind. Daß<lb/> er in den folgenden Jahren noch einmal in Dresden war, ist unwahrscheinlich,<lb/> da Georg jetzt mit andern Plänen beschäftigt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_93" next="#ID_94"> Im Jahre 1530 nämlich begann er, da sein Hofstaat zu weitläufig und<lb/> die alte fürstliche Wohnung zu beschränkt geworden war, den umfänglichen Bau<lb/> seiner Residenz, des sogenannten Georgenschlosses, das einen anstoßenden Teil<lb/> des alten markgräflichen Schlosses in Dresden bildete. Der Bau, mit dessen<lb/> Beaufsichtigung der Amtshauptmann und Oberrüstmeister Hans Dehn-Rothfclser<lb/> beauftragt war, wurde nach fünf Jahren vollendet und hieß das neue Thor¬<lb/> haus, weil durch dieses Schloß das Brücken- oder Elbthor ging, durch welches<lb/> man an die Elbbrücke gelangte. Es war ein reicher Bau der deutschen Früh¬<lb/> renaissance, von einem hohen Giebel abgeschlossen und mit Ornamente» und<lb/> Figuren, die der Meister Hans Schickentanz entworfen hatte, an beiden Fassaden<lb/> glänzend geschmückt. Die Bildwerke der nach der Elbbrücke schauenden Giebel¬<lb/> seite zeigten den menschlichen Sündenfall und die Strafe des Todes. Unmittel¬<lb/> bar über dem Thore befand sich in einem runden Schilde ein ausgehauener</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert.
zwei wichtige Porträts sind damals in Augsburg und Innsbruck entstanden.
Das eine, in Augsburg 1650 gemalt und jetzt in Wien bewahrt, rührt von
Tizian her, den Karl der Fünfte als Zeugen seiner eignen Kunstpflege auf dem
Augsburger Reichstage bei sich hatte. Das andre, von Cranach in Innsbruck
1551 entworfen, ist in guten Holzschnitten weit verbreitet. Johann Friedrich
ist in halber Figur dargestellt, mit bedecktem Haupte, die Narbe, die er in der
Schlacht bei Mühlberg erhalten hatte, auf der linken Wange, in der Rechten
seine Handschuhe haltend. Eine Inschrift sagt: „des durchleuchten Herzogen
Johann Friedrich von Sachsen Contrafact, im 49 Jar seines Alters und 5ten
seines gefenknis anno 1551." Die schweren Prüfungen, die Friedrich über¬
standen hatte, haben in der That dem Gesicht ihren Stempel aufgedrückt. Es
sind die letzten Bilder, die uns von ihm erhalten sind. Am 1. September 1552
wurde er seiner Haft entlassen und kehrte, von den Unterthanen freudig begrüßt,
in seine Lande zurück. Aber er sollte seine Freiheit nicht mehr lange genießen.
Er folgte seinem Hofmaler Cranach bereits im Jahre 1554 im Tode nach.
Hiermit endete im allgemeinen das Kunstleben in Thüringen, und wir
wenden uns nun von den Ernestinern hinüber zu den Erben der sächsischen
Kurwürde, den Albertinern.
Auch im albertinischen Sachsen begann schon früh, bereits unter Herzog
Georg dem Bärtigen (1500—1539), die Kunst einzelne schöne Blüten zu treiben.
Anregung erhielt Georg von seinem Vetter Friedrich dem Weisen. Der erste
Künstler, der in Beziehungen zu ihm trat, war Cranach, der, soweit sich nach¬
weisen läßt, zuerst im Jahre 1517 am Dresdener Hofe weilte und damals be¬
deutende Aufträge erhielt. Zum zweitenmale finden wir ihn bei Georg im
Jahre 1527, wo er wahrscheinlich die Porträts von Georg, seiner Gemahlin
und seinen Kindern fertigte, die in verschiednen Galerien zerstreut sind. Daß
er in den folgenden Jahren noch einmal in Dresden war, ist unwahrscheinlich,
da Georg jetzt mit andern Plänen beschäftigt war.
Im Jahre 1530 nämlich begann er, da sein Hofstaat zu weitläufig und
die alte fürstliche Wohnung zu beschränkt geworden war, den umfänglichen Bau
seiner Residenz, des sogenannten Georgenschlosses, das einen anstoßenden Teil
des alten markgräflichen Schlosses in Dresden bildete. Der Bau, mit dessen
Beaufsichtigung der Amtshauptmann und Oberrüstmeister Hans Dehn-Rothfclser
beauftragt war, wurde nach fünf Jahren vollendet und hieß das neue Thor¬
haus, weil durch dieses Schloß das Brücken- oder Elbthor ging, durch welches
man an die Elbbrücke gelangte. Es war ein reicher Bau der deutschen Früh¬
renaissance, von einem hohen Giebel abgeschlossen und mit Ornamente» und
Figuren, die der Meister Hans Schickentanz entworfen hatte, an beiden Fassaden
glänzend geschmückt. Die Bildwerke der nach der Elbbrücke schauenden Giebel¬
seite zeigten den menschlichen Sündenfall und die Strafe des Todes. Unmittel¬
bar über dem Thore befand sich in einem runden Schilde ein ausgehauener
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