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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert.

Zwei schlanke Säulen, die durch einen verzierten Bogen verbunden sind, um¬
geben die Gestalt. Darüber sieht man das Wappen und zwei Engel, die eine
Tafel mit dem Wahlspruche des Fürsten halten: Vördiun Äonrini manst in
g-ötsirmm.

Eine bei weitem umfangreichere Thätigkeit begann seit dem Jahre 1532
unter Johann Friedrich dem Großmütigen. In zwei Crcmachschen Porträts
ist uns das Äußere des jungen Fürsten erhalten. Das eine, aus dem
Jahre 1526, im Besitze Schuchardts in Weimar, zeigt ihn als 23jährigen
Prinzen, das andre aus dem Jahre 1535 in der Gothaer Galerie im Beginne
seiner Regierung. Schon aus diesen beiden Bildern ersieht man, daß der Kur¬
fürst nicht zu hervorragenden politischen Leistungen befähigt war. Das Streben
nach ruhigem, behaglichem Lebensgenuß spricht aus seinen milden, etwas phleg¬
matischen Zügen. Sie zeigen einen Mann, der in friedlichen Zeiten der vor¬
trefflichste Herrscher gewesen sein würde, der aber ernsten Ausgaben gegenüber¬
gestellt jäh zu gründe gehen mußte. Johann Friedrich ist es, unter dem der
bisherige Glanz der ernestinischen Linie erlischt, und es ist, als ob der Kurfürst
selbst von Anfang an dieses Bewußtsein gehabt habe. Auf jede Weise suchte
er das Andenken seiner großen Vorfahren aufrecht zu erhalten. Die Bilder
der beiden Kurfürsten Friedrich und Johann, von Cranach schockweise gefertigt,
wurden als besondere Gunstbezeugung an verdiente Leute verschenkt. Dem
Denkmal Friedrichs des Weisen fügte er 1534 das seines Vaters hinzu, das
durch Hermann Bischer, einen der Söhne Peter Wischers, errichtet wurde und
in der allgemeinen Anlage demjenigen Friedrichs gleichkommt.

Mit besondrer Vorliebe war Johann Friedrich sodann auf die Herstellung,
Verschönerung und Ausschmückung seiner Fürstensitze bedacht. In Lochcm.
Wittenberg und Altenburg wurden umfängliche Bauten unternommen, und
Cranach hatte die Ausmalung der Decken und Wände zu besorgen, für das
Wittenberger Schloß eine "Decke mit Engeln," für das Altenburger Schloß die
sechzehn kurfürstlichen Ahnen bis zurück auf Thimo von Wettin, den ersten
Markgrafen von Meißen, zu malen.

Am umfänglichsten waren jedoch die Bauunternehmungen, die der Kurfürst
an seinem Schlosse Torgau ausführen ließ, welches ihm als die Stätte seiner
Geburt und seiner Hochzeit besonders wert war. Schon im Mittelalter erhob
sich hier die alte Burg Torgvwe, seit 1481 hatte Herzog Albrecht das steil
über der Elbe aufragende Schloß Hartenfels erbaut. Beide Bauten, das
albertinische Schloß, das er fast gänzlich umschuf, und die alte Burg verband
Johann Friedrich durch einen neuen großen Bau und gestaltete so das Schloß
Torgau in den Jahren 1532 bis 1544 zu einem der reichsten Werke unsrer
Frühremissanee um. Wie das Äußere, war auch das Innere mit reichem
Schmucke versehen. Cranach war mit seinen Gehilfen oft wochenlang in Torgau
anwesend und hat 1536 für den Hauptsaal zwei große Bilder, Christi Himmelfahrt


Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert.

Zwei schlanke Säulen, die durch einen verzierten Bogen verbunden sind, um¬
geben die Gestalt. Darüber sieht man das Wappen und zwei Engel, die eine
Tafel mit dem Wahlspruche des Fürsten halten: Vördiun Äonrini manst in
g-ötsirmm.

Eine bei weitem umfangreichere Thätigkeit begann seit dem Jahre 1532
unter Johann Friedrich dem Großmütigen. In zwei Crcmachschen Porträts
ist uns das Äußere des jungen Fürsten erhalten. Das eine, aus dem
Jahre 1526, im Besitze Schuchardts in Weimar, zeigt ihn als 23jährigen
Prinzen, das andre aus dem Jahre 1535 in der Gothaer Galerie im Beginne
seiner Regierung. Schon aus diesen beiden Bildern ersieht man, daß der Kur¬
fürst nicht zu hervorragenden politischen Leistungen befähigt war. Das Streben
nach ruhigem, behaglichem Lebensgenuß spricht aus seinen milden, etwas phleg¬
matischen Zügen. Sie zeigen einen Mann, der in friedlichen Zeiten der vor¬
trefflichste Herrscher gewesen sein würde, der aber ernsten Ausgaben gegenüber¬
gestellt jäh zu gründe gehen mußte. Johann Friedrich ist es, unter dem der
bisherige Glanz der ernestinischen Linie erlischt, und es ist, als ob der Kurfürst
selbst von Anfang an dieses Bewußtsein gehabt habe. Auf jede Weise suchte
er das Andenken seiner großen Vorfahren aufrecht zu erhalten. Die Bilder
der beiden Kurfürsten Friedrich und Johann, von Cranach schockweise gefertigt,
wurden als besondere Gunstbezeugung an verdiente Leute verschenkt. Dem
Denkmal Friedrichs des Weisen fügte er 1534 das seines Vaters hinzu, das
durch Hermann Bischer, einen der Söhne Peter Wischers, errichtet wurde und
in der allgemeinen Anlage demjenigen Friedrichs gleichkommt.

Mit besondrer Vorliebe war Johann Friedrich sodann auf die Herstellung,
Verschönerung und Ausschmückung seiner Fürstensitze bedacht. In Lochcm.
Wittenberg und Altenburg wurden umfängliche Bauten unternommen, und
Cranach hatte die Ausmalung der Decken und Wände zu besorgen, für das
Wittenberger Schloß eine „Decke mit Engeln," für das Altenburger Schloß die
sechzehn kurfürstlichen Ahnen bis zurück auf Thimo von Wettin, den ersten
Markgrafen von Meißen, zu malen.

Am umfänglichsten waren jedoch die Bauunternehmungen, die der Kurfürst
an seinem Schlosse Torgau ausführen ließ, welches ihm als die Stätte seiner
Geburt und seiner Hochzeit besonders wert war. Schon im Mittelalter erhob
sich hier die alte Burg Torgvwe, seit 1481 hatte Herzog Albrecht das steil
über der Elbe aufragende Schloß Hartenfels erbaut. Beide Bauten, das
albertinische Schloß, das er fast gänzlich umschuf, und die alte Burg verband
Johann Friedrich durch einen neuen großen Bau und gestaltete so das Schloß
Torgau in den Jahren 1532 bis 1544 zu einem der reichsten Werke unsrer
Frühremissanee um. Wie das Äußere, war auch das Innere mit reichem
Schmucke versehen. Cranach war mit seinen Gehilfen oft wochenlang in Torgau
anwesend und hat 1536 für den Hauptsaal zwei große Bilder, Christi Himmelfahrt


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[0035] Sachsens Kunstleben im sechzehnten Jahrhundert. Zwei schlanke Säulen, die durch einen verzierten Bogen verbunden sind, um¬ geben die Gestalt. Darüber sieht man das Wappen und zwei Engel, die eine Tafel mit dem Wahlspruche des Fürsten halten: Vördiun Äonrini manst in g-ötsirmm. Eine bei weitem umfangreichere Thätigkeit begann seit dem Jahre 1532 unter Johann Friedrich dem Großmütigen. In zwei Crcmachschen Porträts ist uns das Äußere des jungen Fürsten erhalten. Das eine, aus dem Jahre 1526, im Besitze Schuchardts in Weimar, zeigt ihn als 23jährigen Prinzen, das andre aus dem Jahre 1535 in der Gothaer Galerie im Beginne seiner Regierung. Schon aus diesen beiden Bildern ersieht man, daß der Kur¬ fürst nicht zu hervorragenden politischen Leistungen befähigt war. Das Streben nach ruhigem, behaglichem Lebensgenuß spricht aus seinen milden, etwas phleg¬ matischen Zügen. Sie zeigen einen Mann, der in friedlichen Zeiten der vor¬ trefflichste Herrscher gewesen sein würde, der aber ernsten Ausgaben gegenüber¬ gestellt jäh zu gründe gehen mußte. Johann Friedrich ist es, unter dem der bisherige Glanz der ernestinischen Linie erlischt, und es ist, als ob der Kurfürst selbst von Anfang an dieses Bewußtsein gehabt habe. Auf jede Weise suchte er das Andenken seiner großen Vorfahren aufrecht zu erhalten. Die Bilder der beiden Kurfürsten Friedrich und Johann, von Cranach schockweise gefertigt, wurden als besondere Gunstbezeugung an verdiente Leute verschenkt. Dem Denkmal Friedrichs des Weisen fügte er 1534 das seines Vaters hinzu, das durch Hermann Bischer, einen der Söhne Peter Wischers, errichtet wurde und in der allgemeinen Anlage demjenigen Friedrichs gleichkommt. Mit besondrer Vorliebe war Johann Friedrich sodann auf die Herstellung, Verschönerung und Ausschmückung seiner Fürstensitze bedacht. In Lochcm. Wittenberg und Altenburg wurden umfängliche Bauten unternommen, und Cranach hatte die Ausmalung der Decken und Wände zu besorgen, für das Wittenberger Schloß eine „Decke mit Engeln," für das Altenburger Schloß die sechzehn kurfürstlichen Ahnen bis zurück auf Thimo von Wettin, den ersten Markgrafen von Meißen, zu malen. Am umfänglichsten waren jedoch die Bauunternehmungen, die der Kurfürst an seinem Schlosse Torgau ausführen ließ, welches ihm als die Stätte seiner Geburt und seiner Hochzeit besonders wert war. Schon im Mittelalter erhob sich hier die alte Burg Torgvwe, seit 1481 hatte Herzog Albrecht das steil über der Elbe aufragende Schloß Hartenfels erbaut. Beide Bauten, das albertinische Schloß, das er fast gänzlich umschuf, und die alte Burg verband Johann Friedrich durch einen neuen großen Bau und gestaltete so das Schloß Torgau in den Jahren 1532 bis 1544 zu einem der reichsten Werke unsrer Frühremissanee um. Wie das Äußere, war auch das Innere mit reichem Schmucke versehen. Cranach war mit seinen Gehilfen oft wochenlang in Torgau anwesend und hat 1536 für den Hauptsaal zwei große Bilder, Christi Himmelfahrt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/35>, abgerufen am 28.12.2024.