Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortschritte in der Photographie.

Zum Schluß möge noch ein interessantes Experiment erwähnt werden,
welches mit gefärbten Trockenplatten gemacht worden ist. Vergangnes Frühjahr
sah ich auf der Buchhändlerausstellung zu Leipzig einen Farbendruck, eine
Abendlandschaft. Die Sonne stand als gelbrote Scheibe am Horizont und
verursachte ebenso gefärbte Reflexe im Wasser. Daneben befanden sich zwei
photographische Reproduktionen dieses Bildes, die eine, welche die Sonne als
schwarze Scheibe auf dem grauen Himmel zeigte, die andre, welche das Bild
richtig wiedergiebt. Die erste war nach dem herkömmlichen, die zweite nach
einem neuen Verfahren hergestellt worden. Obwohl nun der Verfertiger sein
Verfahren nicht veröffentlichte, so zweifle ich nicht daran, daß es in der An¬
wendung gefärbter Trockenplatten bestand. Rote Farben waren von jeher der
Kummer der Photographen, denn Rot "kommt schlecht," schlechter noch als
ziemlich dunkelgefärbte blaue und graue Töne. Darum erscheint die rote Sonne
auf dem blaugrauen Hintergrunde als schwarz. Die gelbrote Farbenskala ist eben
unempfindlicher als die blaugraue Skala. Wenn ich nun der Trockenplatte eine
gelbrote Färbung gebe, so absorbirt diese Farbe, welche die Komplementärfarbe
von blau ist, die chemisch wirksamen blauen Töne und stellt das chemische Gleich¬
gewicht zwischen der blauen und gelbrotem Skala wieder her. Das Bild wird
nun richtig, aber natürlich dauert die Exposition jetzt erheblich länger. Das
Experiment muß übrigens auch bei Anwendung gefärbter Glasscheiben gelingen.
Damit ist die Möglichkeit gegeben, direkte Aufnahmen von Ölbildern zu machen,
welche die Farbwerte auf der Platte gerade so wiedergeben, wie wir sie mit
unsern Augen wahrnehmen, was bisher noch nicht der Fall war.




Fortschritte in der Photographie.

Zum Schluß möge noch ein interessantes Experiment erwähnt werden,
welches mit gefärbten Trockenplatten gemacht worden ist. Vergangnes Frühjahr
sah ich auf der Buchhändlerausstellung zu Leipzig einen Farbendruck, eine
Abendlandschaft. Die Sonne stand als gelbrote Scheibe am Horizont und
verursachte ebenso gefärbte Reflexe im Wasser. Daneben befanden sich zwei
photographische Reproduktionen dieses Bildes, die eine, welche die Sonne als
schwarze Scheibe auf dem grauen Himmel zeigte, die andre, welche das Bild
richtig wiedergiebt. Die erste war nach dem herkömmlichen, die zweite nach
einem neuen Verfahren hergestellt worden. Obwohl nun der Verfertiger sein
Verfahren nicht veröffentlichte, so zweifle ich nicht daran, daß es in der An¬
wendung gefärbter Trockenplatten bestand. Rote Farben waren von jeher der
Kummer der Photographen, denn Rot „kommt schlecht," schlechter noch als
ziemlich dunkelgefärbte blaue und graue Töne. Darum erscheint die rote Sonne
auf dem blaugrauen Hintergrunde als schwarz. Die gelbrote Farbenskala ist eben
unempfindlicher als die blaugraue Skala. Wenn ich nun der Trockenplatte eine
gelbrote Färbung gebe, so absorbirt diese Farbe, welche die Komplementärfarbe
von blau ist, die chemisch wirksamen blauen Töne und stellt das chemische Gleich¬
gewicht zwischen der blauen und gelbrotem Skala wieder her. Das Bild wird
nun richtig, aber natürlich dauert die Exposition jetzt erheblich länger. Das
Experiment muß übrigens auch bei Anwendung gefärbter Glasscheiben gelingen.
Damit ist die Möglichkeit gegeben, direkte Aufnahmen von Ölbildern zu machen,
welche die Farbwerte auf der Platte gerade so wiedergeben, wie wir sie mit
unsern Augen wahrnehmen, was bisher noch nicht der Fall war.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0291" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157216"/>
          <fw type="header" place="top"> Fortschritte in der Photographie.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1007"> Zum Schluß möge noch ein interessantes Experiment erwähnt werden,<lb/>
welches mit gefärbten Trockenplatten gemacht worden ist. Vergangnes Frühjahr<lb/>
sah ich auf der Buchhändlerausstellung zu Leipzig einen Farbendruck, eine<lb/>
Abendlandschaft. Die Sonne stand als gelbrote Scheibe am Horizont und<lb/>
verursachte ebenso gefärbte Reflexe im Wasser. Daneben befanden sich zwei<lb/>
photographische Reproduktionen dieses Bildes, die eine, welche die Sonne als<lb/>
schwarze Scheibe auf dem grauen Himmel zeigte, die andre, welche das Bild<lb/>
richtig wiedergiebt. Die erste war nach dem herkömmlichen, die zweite nach<lb/>
einem neuen Verfahren hergestellt worden. Obwohl nun der Verfertiger sein<lb/>
Verfahren nicht veröffentlichte, so zweifle ich nicht daran, daß es in der An¬<lb/>
wendung gefärbter Trockenplatten bestand. Rote Farben waren von jeher der<lb/>
Kummer der Photographen, denn Rot &#x201E;kommt schlecht," schlechter noch als<lb/>
ziemlich dunkelgefärbte blaue und graue Töne. Darum erscheint die rote Sonne<lb/>
auf dem blaugrauen Hintergrunde als schwarz. Die gelbrote Farbenskala ist eben<lb/>
unempfindlicher als die blaugraue Skala. Wenn ich nun der Trockenplatte eine<lb/>
gelbrote Färbung gebe, so absorbirt diese Farbe, welche die Komplementärfarbe<lb/>
von blau ist, die chemisch wirksamen blauen Töne und stellt das chemische Gleich¬<lb/>
gewicht zwischen der blauen und gelbrotem Skala wieder her. Das Bild wird<lb/>
nun richtig, aber natürlich dauert die Exposition jetzt erheblich länger. Das<lb/>
Experiment muß übrigens auch bei Anwendung gefärbter Glasscheiben gelingen.<lb/>
Damit ist die Möglichkeit gegeben, direkte Aufnahmen von Ölbildern zu machen,<lb/>
welche die Farbwerte auf der Platte gerade so wiedergeben, wie wir sie mit<lb/>
unsern Augen wahrnehmen, was bisher noch nicht der Fall war.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0291] Fortschritte in der Photographie. Zum Schluß möge noch ein interessantes Experiment erwähnt werden, welches mit gefärbten Trockenplatten gemacht worden ist. Vergangnes Frühjahr sah ich auf der Buchhändlerausstellung zu Leipzig einen Farbendruck, eine Abendlandschaft. Die Sonne stand als gelbrote Scheibe am Horizont und verursachte ebenso gefärbte Reflexe im Wasser. Daneben befanden sich zwei photographische Reproduktionen dieses Bildes, die eine, welche die Sonne als schwarze Scheibe auf dem grauen Himmel zeigte, die andre, welche das Bild richtig wiedergiebt. Die erste war nach dem herkömmlichen, die zweite nach einem neuen Verfahren hergestellt worden. Obwohl nun der Verfertiger sein Verfahren nicht veröffentlichte, so zweifle ich nicht daran, daß es in der An¬ wendung gefärbter Trockenplatten bestand. Rote Farben waren von jeher der Kummer der Photographen, denn Rot „kommt schlecht," schlechter noch als ziemlich dunkelgefärbte blaue und graue Töne. Darum erscheint die rote Sonne auf dem blaugrauen Hintergrunde als schwarz. Die gelbrote Farbenskala ist eben unempfindlicher als die blaugraue Skala. Wenn ich nun der Trockenplatte eine gelbrote Färbung gebe, so absorbirt diese Farbe, welche die Komplementärfarbe von blau ist, die chemisch wirksamen blauen Töne und stellt das chemische Gleich¬ gewicht zwischen der blauen und gelbrotem Skala wieder her. Das Bild wird nun richtig, aber natürlich dauert die Exposition jetzt erheblich länger. Das Experiment muß übrigens auch bei Anwendung gefärbter Glasscheiben gelingen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, direkte Aufnahmen von Ölbildern zu machen, welche die Farbwerte auf der Platte gerade so wiedergeben, wie wir sie mit unsern Augen wahrnehmen, was bisher noch nicht der Fall war.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/291
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/291>, abgerufen am 28.12.2024.