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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Die Erhaltung der Denkmäler.

Ein soeben erschienenes, im Auftrage des preußischen Kultusministers nach
amtlichen Quellen hergestelltes Werk: Die Erhaltung der Denkmäler in
den Kulturstaaten der Gegenwart von A. v, Wussow, Geheimen Ober-
regierungsrat (Berlin, Verlag von Karl Heymann) giebt nun eine aktenmäßige
Darstellung des Verlaufes der auf die Erhaltung der historischen Kunstgegen¬
stände gerichteten Bewegung in den verschiedenen Ländern, sowie im Anhange
eine Zusammenstellung der bedeutsamsten einschlägigen Gesetzesbestimmungen und
statistischen Daten. Das Werk, welches nicht nur die europäischen Länder,
sondern auch in kurzen Zügen die asiatischen und amerikanischen Staaten be¬
handelt, ist die Frucht mühsamster Arbeit, die in den Fällen, wo es sich um
die Benutzung der mit Hilfe diplomatischer Verwendung erlangten ausländischen
Bestimmungen handelte, noch durch die sprachlichen Hindernisse erschwert wurde.
Da das Werk der Natur der Sache nach einen streng juristisch-wissenschaftlichen
Charakter trägt, so dürfte es wohl am Platze sein, dem größern Publikum die
aus der Arbeit des Herrn von Wussow gewonnenen Resultate kurz und über¬
sichtlich vorzuführen.

Im deutschen Reiche ist die Erhaltung der Denkmäler Pflicht der Einzel¬
staaten. Demgemäß weist das Werk eine nach den einzelnen Gebieten getrennte
Darstellung auf, die selbstverständlich Preußen besonders eingehend behandelt.
Will man für ganz Deutschland -- und zugleich für manche andern europäischen
Staaten -- ein gemeinsames Charakteristikum haben, so ist es dies: In der nach
den großen Kriegswirren zu Anfang dieses Jahrhunderts folgenden Ruhezeit der
zwanziger und dreißiger Jahre beginnen die Regierungen der Frage der Er¬
haltung der Denkmäler näher zu treten; das im Publikum erwachte Interesse
und die fortschreitende Kunstbildung macht in den vierziger und fünfziger Jahren
weitere Bestimmungen notwendig, bis endlich in der Neuzeit eine abschließende
Gesetzgebung erfolgt, bez. in Aussicht genommen ist. Daß die Vereinsthätigkeit
besonders erfolgreich gewesen und auch auf die Gesetzgebung mit Glück eingewirkt
hat, wurde bereits bemerkt, in Preußen bestehen nicht weniger als 122 Vereine.
In einzelnen Gebieten reicht sogar die Vereinsthätigkeit allein aus.

In Preußen hat besonders Schinkel sür den Erlaß eines Spezialgesetzes
gewirkt; in einem Schriftstück vom 17. August 1815 führte er mehrere flagrante
Fälle von Verschleppung und Veräußerung beweglicher Denkmäler, besonders
Kirchenfenster, Reliquienkästen u. s. w., an, und ein Jahr später wiederholte er
seine Klagen über den "schmutzigen Handel." Dieselben verstummten auch in den
folgenden Jahrzehnten nicht, bewährte Männer wie Kugler, von Quast, Slüter,
von Thiele u. u. erörterten wiederholt die Notwendigkeit einer umfassenden Gesetz¬
gebung. Eine solche ist nun zwar erst allmählich entstanden, jedoch zeigte sich
die Regierung von vornherein bereit, nach Kräften für den Schutz der Denk¬
mäler einzutreten. Von besondrer Bedeutung war dabei die Einsetzung eines
Konservators im Jahre 1843; das Amt wurde dem verdienstvollen von Quast


Die Erhaltung der Denkmäler.

Ein soeben erschienenes, im Auftrage des preußischen Kultusministers nach
amtlichen Quellen hergestelltes Werk: Die Erhaltung der Denkmäler in
den Kulturstaaten der Gegenwart von A. v, Wussow, Geheimen Ober-
regierungsrat (Berlin, Verlag von Karl Heymann) giebt nun eine aktenmäßige
Darstellung des Verlaufes der auf die Erhaltung der historischen Kunstgegen¬
stände gerichteten Bewegung in den verschiedenen Ländern, sowie im Anhange
eine Zusammenstellung der bedeutsamsten einschlägigen Gesetzesbestimmungen und
statistischen Daten. Das Werk, welches nicht nur die europäischen Länder,
sondern auch in kurzen Zügen die asiatischen und amerikanischen Staaten be¬
handelt, ist die Frucht mühsamster Arbeit, die in den Fällen, wo es sich um
die Benutzung der mit Hilfe diplomatischer Verwendung erlangten ausländischen
Bestimmungen handelte, noch durch die sprachlichen Hindernisse erschwert wurde.
Da das Werk der Natur der Sache nach einen streng juristisch-wissenschaftlichen
Charakter trägt, so dürfte es wohl am Platze sein, dem größern Publikum die
aus der Arbeit des Herrn von Wussow gewonnenen Resultate kurz und über¬
sichtlich vorzuführen.

Im deutschen Reiche ist die Erhaltung der Denkmäler Pflicht der Einzel¬
staaten. Demgemäß weist das Werk eine nach den einzelnen Gebieten getrennte
Darstellung auf, die selbstverständlich Preußen besonders eingehend behandelt.
Will man für ganz Deutschland — und zugleich für manche andern europäischen
Staaten — ein gemeinsames Charakteristikum haben, so ist es dies: In der nach
den großen Kriegswirren zu Anfang dieses Jahrhunderts folgenden Ruhezeit der
zwanziger und dreißiger Jahre beginnen die Regierungen der Frage der Er¬
haltung der Denkmäler näher zu treten; das im Publikum erwachte Interesse
und die fortschreitende Kunstbildung macht in den vierziger und fünfziger Jahren
weitere Bestimmungen notwendig, bis endlich in der Neuzeit eine abschließende
Gesetzgebung erfolgt, bez. in Aussicht genommen ist. Daß die Vereinsthätigkeit
besonders erfolgreich gewesen und auch auf die Gesetzgebung mit Glück eingewirkt
hat, wurde bereits bemerkt, in Preußen bestehen nicht weniger als 122 Vereine.
In einzelnen Gebieten reicht sogar die Vereinsthätigkeit allein aus.

In Preußen hat besonders Schinkel sür den Erlaß eines Spezialgesetzes
gewirkt; in einem Schriftstück vom 17. August 1815 führte er mehrere flagrante
Fälle von Verschleppung und Veräußerung beweglicher Denkmäler, besonders
Kirchenfenster, Reliquienkästen u. s. w., an, und ein Jahr später wiederholte er
seine Klagen über den „schmutzigen Handel." Dieselben verstummten auch in den
folgenden Jahrzehnten nicht, bewährte Männer wie Kugler, von Quast, Slüter,
von Thiele u. u. erörterten wiederholt die Notwendigkeit einer umfassenden Gesetz¬
gebung. Eine solche ist nun zwar erst allmählich entstanden, jedoch zeigte sich
die Regierung von vornherein bereit, nach Kräften für den Schutz der Denk¬
mäler einzutreten. Von besondrer Bedeutung war dabei die Einsetzung eines
Konservators im Jahre 1843; das Amt wurde dem verdienstvollen von Quast


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[0269] Die Erhaltung der Denkmäler. Ein soeben erschienenes, im Auftrage des preußischen Kultusministers nach amtlichen Quellen hergestelltes Werk: Die Erhaltung der Denkmäler in den Kulturstaaten der Gegenwart von A. v, Wussow, Geheimen Ober- regierungsrat (Berlin, Verlag von Karl Heymann) giebt nun eine aktenmäßige Darstellung des Verlaufes der auf die Erhaltung der historischen Kunstgegen¬ stände gerichteten Bewegung in den verschiedenen Ländern, sowie im Anhange eine Zusammenstellung der bedeutsamsten einschlägigen Gesetzesbestimmungen und statistischen Daten. Das Werk, welches nicht nur die europäischen Länder, sondern auch in kurzen Zügen die asiatischen und amerikanischen Staaten be¬ handelt, ist die Frucht mühsamster Arbeit, die in den Fällen, wo es sich um die Benutzung der mit Hilfe diplomatischer Verwendung erlangten ausländischen Bestimmungen handelte, noch durch die sprachlichen Hindernisse erschwert wurde. Da das Werk der Natur der Sache nach einen streng juristisch-wissenschaftlichen Charakter trägt, so dürfte es wohl am Platze sein, dem größern Publikum die aus der Arbeit des Herrn von Wussow gewonnenen Resultate kurz und über¬ sichtlich vorzuführen. Im deutschen Reiche ist die Erhaltung der Denkmäler Pflicht der Einzel¬ staaten. Demgemäß weist das Werk eine nach den einzelnen Gebieten getrennte Darstellung auf, die selbstverständlich Preußen besonders eingehend behandelt. Will man für ganz Deutschland — und zugleich für manche andern europäischen Staaten — ein gemeinsames Charakteristikum haben, so ist es dies: In der nach den großen Kriegswirren zu Anfang dieses Jahrhunderts folgenden Ruhezeit der zwanziger und dreißiger Jahre beginnen die Regierungen der Frage der Er¬ haltung der Denkmäler näher zu treten; das im Publikum erwachte Interesse und die fortschreitende Kunstbildung macht in den vierziger und fünfziger Jahren weitere Bestimmungen notwendig, bis endlich in der Neuzeit eine abschließende Gesetzgebung erfolgt, bez. in Aussicht genommen ist. Daß die Vereinsthätigkeit besonders erfolgreich gewesen und auch auf die Gesetzgebung mit Glück eingewirkt hat, wurde bereits bemerkt, in Preußen bestehen nicht weniger als 122 Vereine. In einzelnen Gebieten reicht sogar die Vereinsthätigkeit allein aus. In Preußen hat besonders Schinkel sür den Erlaß eines Spezialgesetzes gewirkt; in einem Schriftstück vom 17. August 1815 führte er mehrere flagrante Fälle von Verschleppung und Veräußerung beweglicher Denkmäler, besonders Kirchenfenster, Reliquienkästen u. s. w., an, und ein Jahr später wiederholte er seine Klagen über den „schmutzigen Handel." Dieselben verstummten auch in den folgenden Jahrzehnten nicht, bewährte Männer wie Kugler, von Quast, Slüter, von Thiele u. u. erörterten wiederholt die Notwendigkeit einer umfassenden Gesetz¬ gebung. Eine solche ist nun zwar erst allmählich entstanden, jedoch zeigte sich die Regierung von vornherein bereit, nach Kräften für den Schutz der Denk¬ mäler einzutreten. Von besondrer Bedeutung war dabei die Einsetzung eines Konservators im Jahre 1843; das Amt wurde dem verdienstvollen von Quast

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/269>, abgerufen am 28.12.2024.