Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.pfisters Mühle. heute nicht nach Gänsebraten und (da es Sommer ist) auch nicht nach Schwefel¬ Das spricht eigentlich doch für vieles, Emmy -- was? Du dummer Mann -- natürlich! . .. aber ärgerlich ists doch, daß ich nicht Na, da seid ihr ja endlich! seit Stunden guckt man nach euch aus, sagte Ganz wie ich es mir gedacht habe, meinte grinsend Freund Asche. Es war Sapperment, meine ich den Geruch? brummte der alte Herr. Was geht Hin, sprach Doktor Asche, von dem übrigen lieber morgen. Ja ja -- in¬ Einen Augenblick sah Vater Pfister seinen Günstling und Gastfrcuno an, (Fortsetzung folgt.) pfisters Mühle. heute nicht nach Gänsebraten und (da es Sommer ist) auch nicht nach Schwefel¬ Das spricht eigentlich doch für vieles, Emmy — was? Du dummer Mann — natürlich! . .. aber ärgerlich ists doch, daß ich nicht Na, da seid ihr ja endlich! seit Stunden guckt man nach euch aus, sagte Ganz wie ich es mir gedacht habe, meinte grinsend Freund Asche. Es war Sapperment, meine ich den Geruch? brummte der alte Herr. Was geht Hin, sprach Doktor Asche, von dem übrigen lieber morgen. Ja ja — in¬ Einen Augenblick sah Vater Pfister seinen Günstling und Gastfrcuno an, (Fortsetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0253" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157178"/> <fw type="header" place="top"> pfisters Mühle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_898" prev="#ID_897"> heute nicht nach Gänsebraten und (da es Sommer ist) auch nicht nach Schwefel¬<lb/> wasserstoff, Ammoniak und salpetriger Säure. Ein feiner, lieblicher Wohlduft<lb/> hat eben die Oberhand und stammt von Enns, aus ihrem Nähkasten und dem<lb/> Gewölk feinen Weißzeuges, das sie auf Tisch und Stuhl um sich versammelt<lb/> hat, und wirkt berauschender und mächtiger als sonst ein Duft aus der alten<lb/> Hexenküche, Erde genannt. Die heiße Julisonne fällt durch jeden Ritz und<lb/> Spalt in die kühle, ausgegebene Mühle. Die Stuben sind, wie gesagt, ausge¬<lb/> leert von Gerätschaften, und selbst die Fliegen haben nur ihre vertrockneten<lb/> Leichname in den staubigen Fenstern der Wohn- und Gaststube zurückgelassen.<lb/> Es ist ja ein Wunder, wie Christine das Notwendige für unsre wunderliche,<lb/> mir so märchenhafte Villeggiatur für uns zusammengebracht hat und wie uns,<lb/> meinem jungen Weibe und mir, eigentlich nichts, garnichts mangelt, obgleich<lb/> wir allstündlich so manches vermissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_899"> Das spricht eigentlich doch für vieles, Emmy — was?</p><lb/> <p xml:id="ID_900"> Du dummer Mann — natürlich! . .. aber ärgerlich ists doch, daß ich nicht<lb/> damals schon mit dabei gewesen bin. Jetzt erzähle nnr zu, närrisches Menschen¬<lb/> kind. Da, säbele mir aber erst meine Nadel ein. Die Nähmaschine hätten wir<lb/> doch mit herausbringen sollen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_901"> Na, da seid ihr ja endlich! seit Stunden guckt man nach euch aus, sagte<lb/> mein Vater, mit einer Laterne und einem Korbe voll Flaschen eben aus der<lb/> Kellertiefe und Thür emporsteigend. Halte 'mal das Licht, Junge, sagte er, mir<lb/> die Laterne reichend und mit der freigewordenen Hand meinen Begleiter am<lb/> Oberarm packend und ihn unter dem Thor festhaltend. Ärger denn je! Na,<lb/> was meint Ihr, Doktor?</p><lb/> <p xml:id="ID_902"> Ganz wie ich es mir gedacht habe, meinte grinsend Freund Asche. Es war<lb/> Gott sei Dank immer eine nahrhafte Hütte, Vater Pfister. Der Vogel gehört<lb/> vollkommen in den heutigen Abend, und wenn ich sagte, daß ich nicht auf ihn<lb/> in der Bratpfanne gerechnet hätte, so löge ich.</p><lb/> <p xml:id="ID_903"> Sapperment, meine ich den Geruch? brummte der alte Herr. Was geht<lb/> in diesem Ärgernis von Gedünsten mich das an, was aus meiner Küche kommt?</p><lb/> <p xml:id="ID_904"> Hin, sprach Doktor Asche, von dem übrigen lieber morgen. Ja ja — in¬<lb/> dustrielle Blüte, nationaler Wohlstand und — Ammoniak nicht zu verkennen,<lb/> trotz aller Füllung mit Borsdorfer Äpfeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_905"> Einen Augenblick sah Vater Pfister seinen Günstling und Gastfrcuno an,<lb/> als wisse er nicht recht, ob er ihm nicht noch etwas zu bemerken habe; dann<lb/> aber, seine Müllerzipfelkappe vom rechten aufs linke Ohr schiebend, meinte er<lb/> mit dem alten, behaglichen, guten, breiten Lächeln: Na, im Grunde habt Ihr<lb/> recht, und so will ichs auch noch mal versuchen, mir den Appetit nicht verderben<lb/> zu lassen. So kommt herein in die Stube, junge Leute, und seid willkommen<lb/> in Pfisters Mühle.</p><lb/> <p xml:id="ID_906"> (Fortsetzung folgt.)</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0253]
pfisters Mühle.
heute nicht nach Gänsebraten und (da es Sommer ist) auch nicht nach Schwefel¬
wasserstoff, Ammoniak und salpetriger Säure. Ein feiner, lieblicher Wohlduft
hat eben die Oberhand und stammt von Enns, aus ihrem Nähkasten und dem
Gewölk feinen Weißzeuges, das sie auf Tisch und Stuhl um sich versammelt
hat, und wirkt berauschender und mächtiger als sonst ein Duft aus der alten
Hexenküche, Erde genannt. Die heiße Julisonne fällt durch jeden Ritz und
Spalt in die kühle, ausgegebene Mühle. Die Stuben sind, wie gesagt, ausge¬
leert von Gerätschaften, und selbst die Fliegen haben nur ihre vertrockneten
Leichname in den staubigen Fenstern der Wohn- und Gaststube zurückgelassen.
Es ist ja ein Wunder, wie Christine das Notwendige für unsre wunderliche,
mir so märchenhafte Villeggiatur für uns zusammengebracht hat und wie uns,
meinem jungen Weibe und mir, eigentlich nichts, garnichts mangelt, obgleich
wir allstündlich so manches vermissen.
Das spricht eigentlich doch für vieles, Emmy — was?
Du dummer Mann — natürlich! . .. aber ärgerlich ists doch, daß ich nicht
damals schon mit dabei gewesen bin. Jetzt erzähle nnr zu, närrisches Menschen¬
kind. Da, säbele mir aber erst meine Nadel ein. Die Nähmaschine hätten wir
doch mit herausbringen sollen. —
Na, da seid ihr ja endlich! seit Stunden guckt man nach euch aus, sagte
mein Vater, mit einer Laterne und einem Korbe voll Flaschen eben aus der
Kellertiefe und Thür emporsteigend. Halte 'mal das Licht, Junge, sagte er, mir
die Laterne reichend und mit der freigewordenen Hand meinen Begleiter am
Oberarm packend und ihn unter dem Thor festhaltend. Ärger denn je! Na,
was meint Ihr, Doktor?
Ganz wie ich es mir gedacht habe, meinte grinsend Freund Asche. Es war
Gott sei Dank immer eine nahrhafte Hütte, Vater Pfister. Der Vogel gehört
vollkommen in den heutigen Abend, und wenn ich sagte, daß ich nicht auf ihn
in der Bratpfanne gerechnet hätte, so löge ich.
Sapperment, meine ich den Geruch? brummte der alte Herr. Was geht
in diesem Ärgernis von Gedünsten mich das an, was aus meiner Küche kommt?
Hin, sprach Doktor Asche, von dem übrigen lieber morgen. Ja ja — in¬
dustrielle Blüte, nationaler Wohlstand und — Ammoniak nicht zu verkennen,
trotz aller Füllung mit Borsdorfer Äpfeln.
Einen Augenblick sah Vater Pfister seinen Günstling und Gastfrcuno an,
als wisse er nicht recht, ob er ihm nicht noch etwas zu bemerken habe; dann
aber, seine Müllerzipfelkappe vom rechten aufs linke Ohr schiebend, meinte er
mit dem alten, behaglichen, guten, breiten Lächeln: Na, im Grunde habt Ihr
recht, und so will ichs auch noch mal versuchen, mir den Appetit nicht verderben
zu lassen. So kommt herein in die Stube, junge Leute, und seid willkommen
in Pfisters Mühle.
(Fortsetzung folgt.)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |