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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Biblische Wörterbücher.

Literatur sich auszusprechen Gelegenheit und Veranlassung hatte. Auf diesem
Gebiete sind in der neuesten Zeit Ansichten laut geworden und haben vielfachen
Anklang gefunden, die unsre bisherigen Anschauungen direkt auf den Kopf stellten.
Nach den Vertretern dieser neuen Anschauungen steht der Mosaismus, d. h. der
im mosaischen Gesetze niedergelegte Schatz religiöser und sittlicher Erkenntnis,
nicht mehr am Anfange des religiösen und sittlichen Lebens Israels, sondern er
bildet den Abschluß einer zum Stillstand gekommenen und der Erstarrung an¬
heimgefallenen Entwicklung. So wenig nun das "Biblische Handwörterbuch"
der Ort war, um an dem Kampfe der einander gegenüberstehenden Anschauungen
unmittelbar teilzunehmen, so ist doch ein großer Teil der Fragen, um welche
sich der Streit dreht, darin zur Sprache gekommen, und allerorten erkennt man,
wie alles, was in dem bisherigen Verlauf jenes Streites von beiden Seiten
geltend gemacht worden ist, sorgfältige Berücksichtigung gefunden hat. So kann
das Handwörterbuch mit dazu beitragen, daß ebenso wie diejenigen Anschauungen
über die Geschichte und das Geistesleben des israelitischen Volkes, welche mit
Unrecht manchen schon als veraltet gelten, auch die probehaltiger neuen Er¬
rungenschaften der kritischen Forschung nach ihrem wahren Werte gewürdigt
werden, und daß aus dem Widerstreite der Meinungen eine bessere Erkenntnis
des wahren Sachverhaltes hervorgeht.

Über die Ausstattung, durch welche das Werk in neue Bahnen lenkt, ist
schon oben im allgemeinen die Rede gewesen. Es handelte sich darum, auch für
das deutsche Publikum der gebildeten Bibelleser ein dem jetzigen Stande unsrer
wissenschaftlichen Bibelforschung entsprechendes Nachschlagewerk als zuverlässigen
Führer in der Welt des biblischen Altertums zu schaffen, wie es die Engländer
schon längst in Kittos L^oloxssäig, ok ZMIiog.1 I^ttörg-durs haben (3. Auflage,
London 1869 ff., 3 Bände). Diesem Zweck dient besonders die reiche Beigabe
von Illustrationen, Karten und Plänen, die nicht bloß ein belletristischer Schmuck
sein sollen, sondern wirkliche Belehrung und eine die beschriebenen Dinge mit
möglichster Treue wiedergebende Veranschaulichung zu erzielen suchen. Die
Abbildungen der in Museen oder noch an Ort und Stelle vorhandnen Alter¬
tümer und die Ansichten wichtigerer Lokalitäten sind teils nach Photographien,
in einzelnen Fällen auch nach Originalzeichnungen, teils nach den besten und
zuverlässigsten Vorlagen ausgeführt worden. Einen hervorragenden Schmuck
des Werkes bilden die durch Aquarelldruck wiedergegebenen Bilder Karl Werners,
eine Gesamtansicht von Jerusalem, Ansichten von Bethlehem und Nazareth, vom
Garten Gethsemane und von der Via äolorosÄ samt dem Looe noiiro-Bogen in
Jerusalem. Daran reihen sich noch verschiedne größere Landschaftsbilder -- z. B.
eine Ansicht des Jordan in der Nähe seines Ursprunges --, unter denen die
Bilder, welche die Zedern des Libanon, die Cypressen vor der Omar-Moschee
in Jerusalem und die Abrahamseiche zu Hebron darstellen, zugleich als echte
Stimmungsbilder zu bezeichnen sind. Die sehr zahlreichen Holzschnitte, die


Biblische Wörterbücher.

Literatur sich auszusprechen Gelegenheit und Veranlassung hatte. Auf diesem
Gebiete sind in der neuesten Zeit Ansichten laut geworden und haben vielfachen
Anklang gefunden, die unsre bisherigen Anschauungen direkt auf den Kopf stellten.
Nach den Vertretern dieser neuen Anschauungen steht der Mosaismus, d. h. der
im mosaischen Gesetze niedergelegte Schatz religiöser und sittlicher Erkenntnis,
nicht mehr am Anfange des religiösen und sittlichen Lebens Israels, sondern er
bildet den Abschluß einer zum Stillstand gekommenen und der Erstarrung an¬
heimgefallenen Entwicklung. So wenig nun das „Biblische Handwörterbuch"
der Ort war, um an dem Kampfe der einander gegenüberstehenden Anschauungen
unmittelbar teilzunehmen, so ist doch ein großer Teil der Fragen, um welche
sich der Streit dreht, darin zur Sprache gekommen, und allerorten erkennt man,
wie alles, was in dem bisherigen Verlauf jenes Streites von beiden Seiten
geltend gemacht worden ist, sorgfältige Berücksichtigung gefunden hat. So kann
das Handwörterbuch mit dazu beitragen, daß ebenso wie diejenigen Anschauungen
über die Geschichte und das Geistesleben des israelitischen Volkes, welche mit
Unrecht manchen schon als veraltet gelten, auch die probehaltiger neuen Er¬
rungenschaften der kritischen Forschung nach ihrem wahren Werte gewürdigt
werden, und daß aus dem Widerstreite der Meinungen eine bessere Erkenntnis
des wahren Sachverhaltes hervorgeht.

Über die Ausstattung, durch welche das Werk in neue Bahnen lenkt, ist
schon oben im allgemeinen die Rede gewesen. Es handelte sich darum, auch für
das deutsche Publikum der gebildeten Bibelleser ein dem jetzigen Stande unsrer
wissenschaftlichen Bibelforschung entsprechendes Nachschlagewerk als zuverlässigen
Führer in der Welt des biblischen Altertums zu schaffen, wie es die Engländer
schon längst in Kittos L^oloxssäig, ok ZMIiog.1 I^ttörg-durs haben (3. Auflage,
London 1869 ff., 3 Bände). Diesem Zweck dient besonders die reiche Beigabe
von Illustrationen, Karten und Plänen, die nicht bloß ein belletristischer Schmuck
sein sollen, sondern wirkliche Belehrung und eine die beschriebenen Dinge mit
möglichster Treue wiedergebende Veranschaulichung zu erzielen suchen. Die
Abbildungen der in Museen oder noch an Ort und Stelle vorhandnen Alter¬
tümer und die Ansichten wichtigerer Lokalitäten sind teils nach Photographien,
in einzelnen Fällen auch nach Originalzeichnungen, teils nach den besten und
zuverlässigsten Vorlagen ausgeführt worden. Einen hervorragenden Schmuck
des Werkes bilden die durch Aquarelldruck wiedergegebenen Bilder Karl Werners,
eine Gesamtansicht von Jerusalem, Ansichten von Bethlehem und Nazareth, vom
Garten Gethsemane und von der Via äolorosÄ samt dem Looe noiiro-Bogen in
Jerusalem. Daran reihen sich noch verschiedne größere Landschaftsbilder — z. B.
eine Ansicht des Jordan in der Nähe seines Ursprunges —, unter denen die
Bilder, welche die Zedern des Libanon, die Cypressen vor der Omar-Moschee
in Jerusalem und die Abrahamseiche zu Hebron darstellen, zugleich als echte
Stimmungsbilder zu bezeichnen sind. Die sehr zahlreichen Holzschnitte, die


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[0228] Biblische Wörterbücher. Literatur sich auszusprechen Gelegenheit und Veranlassung hatte. Auf diesem Gebiete sind in der neuesten Zeit Ansichten laut geworden und haben vielfachen Anklang gefunden, die unsre bisherigen Anschauungen direkt auf den Kopf stellten. Nach den Vertretern dieser neuen Anschauungen steht der Mosaismus, d. h. der im mosaischen Gesetze niedergelegte Schatz religiöser und sittlicher Erkenntnis, nicht mehr am Anfange des religiösen und sittlichen Lebens Israels, sondern er bildet den Abschluß einer zum Stillstand gekommenen und der Erstarrung an¬ heimgefallenen Entwicklung. So wenig nun das „Biblische Handwörterbuch" der Ort war, um an dem Kampfe der einander gegenüberstehenden Anschauungen unmittelbar teilzunehmen, so ist doch ein großer Teil der Fragen, um welche sich der Streit dreht, darin zur Sprache gekommen, und allerorten erkennt man, wie alles, was in dem bisherigen Verlauf jenes Streites von beiden Seiten geltend gemacht worden ist, sorgfältige Berücksichtigung gefunden hat. So kann das Handwörterbuch mit dazu beitragen, daß ebenso wie diejenigen Anschauungen über die Geschichte und das Geistesleben des israelitischen Volkes, welche mit Unrecht manchen schon als veraltet gelten, auch die probehaltiger neuen Er¬ rungenschaften der kritischen Forschung nach ihrem wahren Werte gewürdigt werden, und daß aus dem Widerstreite der Meinungen eine bessere Erkenntnis des wahren Sachverhaltes hervorgeht. Über die Ausstattung, durch welche das Werk in neue Bahnen lenkt, ist schon oben im allgemeinen die Rede gewesen. Es handelte sich darum, auch für das deutsche Publikum der gebildeten Bibelleser ein dem jetzigen Stande unsrer wissenschaftlichen Bibelforschung entsprechendes Nachschlagewerk als zuverlässigen Führer in der Welt des biblischen Altertums zu schaffen, wie es die Engländer schon längst in Kittos L^oloxssäig, ok ZMIiog.1 I^ttörg-durs haben (3. Auflage, London 1869 ff., 3 Bände). Diesem Zweck dient besonders die reiche Beigabe von Illustrationen, Karten und Plänen, die nicht bloß ein belletristischer Schmuck sein sollen, sondern wirkliche Belehrung und eine die beschriebenen Dinge mit möglichster Treue wiedergebende Veranschaulichung zu erzielen suchen. Die Abbildungen der in Museen oder noch an Ort und Stelle vorhandnen Alter¬ tümer und die Ansichten wichtigerer Lokalitäten sind teils nach Photographien, in einzelnen Fällen auch nach Originalzeichnungen, teils nach den besten und zuverlässigsten Vorlagen ausgeführt worden. Einen hervorragenden Schmuck des Werkes bilden die durch Aquarelldruck wiedergegebenen Bilder Karl Werners, eine Gesamtansicht von Jerusalem, Ansichten von Bethlehem und Nazareth, vom Garten Gethsemane und von der Via äolorosÄ samt dem Looe noiiro-Bogen in Jerusalem. Daran reihen sich noch verschiedne größere Landschaftsbilder — z. B. eine Ansicht des Jordan in der Nähe seines Ursprunges —, unter denen die Bilder, welche die Zedern des Libanon, die Cypressen vor der Omar-Moschee in Jerusalem und die Abrahamseiche zu Hebron darstellen, zugleich als echte Stimmungsbilder zu bezeichnen sind. Die sehr zahlreichen Holzschnitte, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/228>, abgerufen am 29.12.2024.