Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Das soziale Königtum. Unfall sind imstande, seine Existenz und die seiner Familie dauernd zu vernichten. Übersehen wir die bewunderungswürdigen Leistungen der Vergangenheit und Von dem Ausfall der Wahlen wird es abhängen, ob die großen Ziele 5) Wir sind zu diesem Aufsatz durch eine Broschüre, eine Wahlschrift: "Das soziale
Königtum. Ein Ausspruch Lassalles und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms" veranlaßt Das soziale Königtum. Unfall sind imstande, seine Existenz und die seiner Familie dauernd zu vernichten. Übersehen wir die bewunderungswürdigen Leistungen der Vergangenheit und Von dem Ausfall der Wahlen wird es abhängen, ob die großen Ziele 5) Wir sind zu diesem Aufsatz durch eine Broschüre, eine Wahlschrift: „Das soziale
Königtum. Ein Ausspruch Lassalles und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms" veranlaßt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157141"/> <fw type="header" place="top"> Das soziale Königtum.</fw><lb/> <p xml:id="ID_777" prev="#ID_776"> Unfall sind imstande, seine Existenz und die seiner Familie dauernd zu vernichten.<lb/> Mit französischer Effekthascherei, aber trotz aller Roheit mit ergreifenden Farben<lb/> hat Zola in seinem Roman „Assommoir" die schrecklichen Folgen von Krankheit<lb/> und Unfall eines Arbeiters beschrieben. Denn Hand in Hand mit der Zer¬<lb/> störung des materiellen Wohlstandes geht das sittliche Elend und die geistige<lb/> Verkommenheit. Das soziale Königtum hat durch das Krankheits- und Unfall¬<lb/> versicherungsgesetz diesen schweren Gefahren vorgebeugt. Dem Arbeiter ist das<lb/> Vertrauen auf die Zukunft gegeben, soweit eben menschliche Sorge für die Zukunft<lb/> Vorkehrungen treffen kann. Gleichen Schritt mit diesen Maßregeln hielten die<lb/> Bestimmungen der Gewerbeordnung über den Ausschluß der Kinderarbeit, über<lb/> die Einschränkung der Arbeit von jugendlichen Personen und Frauen. Die<lb/> weiteren Pläne sind bereits bekannt; die Ausdehnung des Unfallversicherungs¬<lb/> gesetzes auf die Betriebe, welche den Segnungen desselben noch nicht teilhaftig<lb/> geworden sind, hat bereits eine konkrete Gestalt angenommen; eine Sicherung der<lb/> Arbeiter gegen Invalidität und Alter ist bereits als nächste Sorge der Reichs¬<lb/> regierung öffentlich verkündet und wird ihre Verwirklichung finden. Was der Ab¬<lb/> geordnete Bamberger in seiner sarkastischen Weise als „Phantasien eines geistreichen<lb/> und unruhigen Kopfes" bezeichnet hat, ist bereits zum großen Teile zur That ge¬<lb/> worden, und bewundernd schauen die fremden Nationen auf das deutsche Volk,<lb/> welches unter einem hochherzigen Monarchen und einem großen Staatsmanne mehr<lb/> geleistet hat, als sich je die sozialistischen Wunderdoktoren haben träumen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_778"> Übersehen wir die bewunderungswürdigen Leistungen der Vergangenheit und<lb/> werfen wir nun einen Blick in die Zukunft, so müssen wir in der That be¬<lb/> kennen, daß die Hoffnungen Lassalles von dem sozialen Königtum bei weitem<lb/> übertroffen sind. Dieser Mann, der soviel Ähnlichkeit mit seinem Helden Ulrich<lb/> von Hütten hat, würde gleich diesem, wenn er noch lebte, ausrufen: „Es ist<lb/> eine Lust, zu leben." Er würde heute freudig dem sozialen Königtum das<lb/> Banner vorantragcn und sich zu demselben bekennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_779"> Von dem Ausfall der Wahlen wird es abhängen, ob die großen Ziele<lb/> ihrer baldigen Erreichung entgegengehen; fast alles liegt in der Hand des<lb/> deutschen Arbeiters, hängt davon ab, ob er noch unter dem Banne der sozial-<lb/> demokratischen Charlatane steht. Vieles liegt auch in der Macht der besitzenden<lb/> Klassen, ob sie Versöhnung mit ihren Brüdern wollen oder bei der alten<lb/> manchesterlichen Anschauung verbleiben und um einen kurzen Genuß der Gegen¬<lb/> wart die Güter der Zukunft aufs Spiel setzen wollen. Die Segnungen der von dem<lb/> sozialen Königtum angebahnten Reformen sind nicht bloß für das lebende Ge¬<lb/> schlecht bestimmt, aber es wäre traurig, wenn dies Geschlecht wie die Kinder Israels<lb/> in der Wüste des öden politischen Parteilebens aussterben müßte, ohne das<lb/> gelobte Land, das ihnen verheißen ist, auch nur mit einem Fuße zu betreten.")</p><lb/> <note xml:id="FID_16" place="foot" next="#FID_17"> 5) Wir sind zu diesem Aufsatz durch eine Broschüre, eine Wahlschrift: „Das soziale<lb/> Königtum. Ein Ausspruch Lassalles und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms" veranlaßt</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
Das soziale Königtum.
Unfall sind imstande, seine Existenz und die seiner Familie dauernd zu vernichten.
Mit französischer Effekthascherei, aber trotz aller Roheit mit ergreifenden Farben
hat Zola in seinem Roman „Assommoir" die schrecklichen Folgen von Krankheit
und Unfall eines Arbeiters beschrieben. Denn Hand in Hand mit der Zer¬
störung des materiellen Wohlstandes geht das sittliche Elend und die geistige
Verkommenheit. Das soziale Königtum hat durch das Krankheits- und Unfall¬
versicherungsgesetz diesen schweren Gefahren vorgebeugt. Dem Arbeiter ist das
Vertrauen auf die Zukunft gegeben, soweit eben menschliche Sorge für die Zukunft
Vorkehrungen treffen kann. Gleichen Schritt mit diesen Maßregeln hielten die
Bestimmungen der Gewerbeordnung über den Ausschluß der Kinderarbeit, über
die Einschränkung der Arbeit von jugendlichen Personen und Frauen. Die
weiteren Pläne sind bereits bekannt; die Ausdehnung des Unfallversicherungs¬
gesetzes auf die Betriebe, welche den Segnungen desselben noch nicht teilhaftig
geworden sind, hat bereits eine konkrete Gestalt angenommen; eine Sicherung der
Arbeiter gegen Invalidität und Alter ist bereits als nächste Sorge der Reichs¬
regierung öffentlich verkündet und wird ihre Verwirklichung finden. Was der Ab¬
geordnete Bamberger in seiner sarkastischen Weise als „Phantasien eines geistreichen
und unruhigen Kopfes" bezeichnet hat, ist bereits zum großen Teile zur That ge¬
worden, und bewundernd schauen die fremden Nationen auf das deutsche Volk,
welches unter einem hochherzigen Monarchen und einem großen Staatsmanne mehr
geleistet hat, als sich je die sozialistischen Wunderdoktoren haben träumen lassen.
Übersehen wir die bewunderungswürdigen Leistungen der Vergangenheit und
werfen wir nun einen Blick in die Zukunft, so müssen wir in der That be¬
kennen, daß die Hoffnungen Lassalles von dem sozialen Königtum bei weitem
übertroffen sind. Dieser Mann, der soviel Ähnlichkeit mit seinem Helden Ulrich
von Hütten hat, würde gleich diesem, wenn er noch lebte, ausrufen: „Es ist
eine Lust, zu leben." Er würde heute freudig dem sozialen Königtum das
Banner vorantragcn und sich zu demselben bekennen.
Von dem Ausfall der Wahlen wird es abhängen, ob die großen Ziele
ihrer baldigen Erreichung entgegengehen; fast alles liegt in der Hand des
deutschen Arbeiters, hängt davon ab, ob er noch unter dem Banne der sozial-
demokratischen Charlatane steht. Vieles liegt auch in der Macht der besitzenden
Klassen, ob sie Versöhnung mit ihren Brüdern wollen oder bei der alten
manchesterlichen Anschauung verbleiben und um einen kurzen Genuß der Gegen¬
wart die Güter der Zukunft aufs Spiel setzen wollen. Die Segnungen der von dem
sozialen Königtum angebahnten Reformen sind nicht bloß für das lebende Ge¬
schlecht bestimmt, aber es wäre traurig, wenn dies Geschlecht wie die Kinder Israels
in der Wüste des öden politischen Parteilebens aussterben müßte, ohne das
gelobte Land, das ihnen verheißen ist, auch nur mit einem Fuße zu betreten.")
5) Wir sind zu diesem Aufsatz durch eine Broschüre, eine Wahlschrift: „Das soziale
Königtum. Ein Ausspruch Lassalles und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms" veranlaßt
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