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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Der Aufruhr im Sudan.

Sklavenjägers und Sklavenhändlers Sibehr, den vorher die ägyptischen Truppen
vergeblich bekämpft hatten, das Land Darfur, Ismail Pascha hatte bereits seit
1869 unter Sir Samuel Bakers Auspizien zur Unterdrückung des Sklaven¬
handels Kriegszüge gegen den Süden unternommen und seine Macht allmählich
bis zu den Äqnatorialseen ausgedehnt. Diese erworbenen Landstriche erhielten
den Namen Äquatorialproviuzen und den englischen Oberst Gordon zum Gou¬
verneur.

Der gute Absatz, welchen die in den sudanesischen Kriegen gemachten Ge¬
fangenen nach Ägypten fanden, hatte zu eiuer förmlichen Organisation des
Sklavenhandels und des Sklavenfangs geführt. Nicht nur wurden Feindselig¬
keiten hauptsächlich zu diesem Zwecke begonnen, sondern es wurden auch Ange¬
hörige andrer Stämme geraubt, um sie als Sklaven zu veräußern, ja die eignen
Kinder dienten als Gegenstand des schmachvollen Handels. Gordon stellte sich
die Unterdrückung dieses Unwesens zur Aufgabe. Seiner mit Energie gepaarten
einnehmenden Persönlichkeit gelang es binnen zwei Jahren, geordnetere Zustände
herzustellen. Der dankbare Chedive ernannte ihn zum Muschir (Marschall)
und Generalgouvemeur des ganzen Sudan, einschließlich der Äquatorialpro¬
viuzen und der Küsten des Roten Meeres bis Berbern. In dieser Eigenschaft
verordnete Gordon, daß vom 1. Januar 1878 ab kein Eigentum an Sklaven
mehr erworben werden dürfe. Damals wollte die ägyptische Regierung den
oben erwähnten Sibehr, welcher für seine Beihilfe bei der Bezwingung Darfurs
zum Pascha ernannt worden war, als Gouverneur nach dem Sudan schicken,
stand aber auf Betreiben Gordons davon ab. Als darauf Sibehrs Sohn
Suleiman auf Anstiften seines nach Kairo berufenen Vaters rcvoltirte, ward er
von Gordon besiegt und hingerichtet. Sibehr Pascha selbst ward in Kairo zum
Tode verurteilt, aber vom Chedive begnadigt und lebte seitdem als Pensionär
der ägyptischen Regierung in Kairo. Nach dem Sturze Ismail Paschas endete
(1879) die erste ägyptische Laufbahn Gvrdons.

Die Abschaffung des Sklavenhandels, die Monopolisirung des Elfenbeins >
und andrer Handelsartikel, die Willkür, mit welcher die ägyptischen hohen und
niedern Beamten verfuhren und namentlich die Steuern bcitrieben, reizte die
sudanesische Bevölkerung zu immer neuen Aufständen. Ein schlauer Falls (Ge¬
lehrter) Mohamet Achmet -- ein Zimmermannssohn aus Dongola -- zog das
religiöse Moment hinein. Er erklärte sich als den nach der Tradition für
das Ende des dreizehnten Jahrhunderts mohamedanischer Zeitrechnung ver¬
heißenen Mahdi, das heißt den von Gott auf den rechten Weg geleiteten
Wiederhersteller der arabischen Herrschaft. Der Mahdi erhielt viel Zulauf und
seine Macht wuchs namentlich, seit Arabi Pascha (im September 1882) die
Sudanesen aufforderte, die Autorität des Chedive nicht mehr anzuerkennen.
Die von den ägyptischen Proviuzialgonverneuren gegen den Mahdi entsendeten
Truppen, welche im Anfang des Jahres 1882 in mehreren Zusammenstößen


Der Aufruhr im Sudan.

Sklavenjägers und Sklavenhändlers Sibehr, den vorher die ägyptischen Truppen
vergeblich bekämpft hatten, das Land Darfur, Ismail Pascha hatte bereits seit
1869 unter Sir Samuel Bakers Auspizien zur Unterdrückung des Sklaven¬
handels Kriegszüge gegen den Süden unternommen und seine Macht allmählich
bis zu den Äqnatorialseen ausgedehnt. Diese erworbenen Landstriche erhielten
den Namen Äquatorialproviuzen und den englischen Oberst Gordon zum Gou¬
verneur.

Der gute Absatz, welchen die in den sudanesischen Kriegen gemachten Ge¬
fangenen nach Ägypten fanden, hatte zu eiuer förmlichen Organisation des
Sklavenhandels und des Sklavenfangs geführt. Nicht nur wurden Feindselig¬
keiten hauptsächlich zu diesem Zwecke begonnen, sondern es wurden auch Ange¬
hörige andrer Stämme geraubt, um sie als Sklaven zu veräußern, ja die eignen
Kinder dienten als Gegenstand des schmachvollen Handels. Gordon stellte sich
die Unterdrückung dieses Unwesens zur Aufgabe. Seiner mit Energie gepaarten
einnehmenden Persönlichkeit gelang es binnen zwei Jahren, geordnetere Zustände
herzustellen. Der dankbare Chedive ernannte ihn zum Muschir (Marschall)
und Generalgouvemeur des ganzen Sudan, einschließlich der Äquatorialpro¬
viuzen und der Küsten des Roten Meeres bis Berbern. In dieser Eigenschaft
verordnete Gordon, daß vom 1. Januar 1878 ab kein Eigentum an Sklaven
mehr erworben werden dürfe. Damals wollte die ägyptische Regierung den
oben erwähnten Sibehr, welcher für seine Beihilfe bei der Bezwingung Darfurs
zum Pascha ernannt worden war, als Gouverneur nach dem Sudan schicken,
stand aber auf Betreiben Gordons davon ab. Als darauf Sibehrs Sohn
Suleiman auf Anstiften seines nach Kairo berufenen Vaters rcvoltirte, ward er
von Gordon besiegt und hingerichtet. Sibehr Pascha selbst ward in Kairo zum
Tode verurteilt, aber vom Chedive begnadigt und lebte seitdem als Pensionär
der ägyptischen Regierung in Kairo. Nach dem Sturze Ismail Paschas endete
(1879) die erste ägyptische Laufbahn Gvrdons.

Die Abschaffung des Sklavenhandels, die Monopolisirung des Elfenbeins >
und andrer Handelsartikel, die Willkür, mit welcher die ägyptischen hohen und
niedern Beamten verfuhren und namentlich die Steuern bcitrieben, reizte die
sudanesische Bevölkerung zu immer neuen Aufständen. Ein schlauer Falls (Ge¬
lehrter) Mohamet Achmet — ein Zimmermannssohn aus Dongola — zog das
religiöse Moment hinein. Er erklärte sich als den nach der Tradition für
das Ende des dreizehnten Jahrhunderts mohamedanischer Zeitrechnung ver¬
heißenen Mahdi, das heißt den von Gott auf den rechten Weg geleiteten
Wiederhersteller der arabischen Herrschaft. Der Mahdi erhielt viel Zulauf und
seine Macht wuchs namentlich, seit Arabi Pascha (im September 1882) die
Sudanesen aufforderte, die Autorität des Chedive nicht mehr anzuerkennen.
Die von den ägyptischen Proviuzialgonverneuren gegen den Mahdi entsendeten
Truppen, welche im Anfang des Jahres 1882 in mehreren Zusammenstößen


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[0018] Der Aufruhr im Sudan. Sklavenjägers und Sklavenhändlers Sibehr, den vorher die ägyptischen Truppen vergeblich bekämpft hatten, das Land Darfur, Ismail Pascha hatte bereits seit 1869 unter Sir Samuel Bakers Auspizien zur Unterdrückung des Sklaven¬ handels Kriegszüge gegen den Süden unternommen und seine Macht allmählich bis zu den Äqnatorialseen ausgedehnt. Diese erworbenen Landstriche erhielten den Namen Äquatorialproviuzen und den englischen Oberst Gordon zum Gou¬ verneur. Der gute Absatz, welchen die in den sudanesischen Kriegen gemachten Ge¬ fangenen nach Ägypten fanden, hatte zu eiuer förmlichen Organisation des Sklavenhandels und des Sklavenfangs geführt. Nicht nur wurden Feindselig¬ keiten hauptsächlich zu diesem Zwecke begonnen, sondern es wurden auch Ange¬ hörige andrer Stämme geraubt, um sie als Sklaven zu veräußern, ja die eignen Kinder dienten als Gegenstand des schmachvollen Handels. Gordon stellte sich die Unterdrückung dieses Unwesens zur Aufgabe. Seiner mit Energie gepaarten einnehmenden Persönlichkeit gelang es binnen zwei Jahren, geordnetere Zustände herzustellen. Der dankbare Chedive ernannte ihn zum Muschir (Marschall) und Generalgouvemeur des ganzen Sudan, einschließlich der Äquatorialpro¬ viuzen und der Küsten des Roten Meeres bis Berbern. In dieser Eigenschaft verordnete Gordon, daß vom 1. Januar 1878 ab kein Eigentum an Sklaven mehr erworben werden dürfe. Damals wollte die ägyptische Regierung den oben erwähnten Sibehr, welcher für seine Beihilfe bei der Bezwingung Darfurs zum Pascha ernannt worden war, als Gouverneur nach dem Sudan schicken, stand aber auf Betreiben Gordons davon ab. Als darauf Sibehrs Sohn Suleiman auf Anstiften seines nach Kairo berufenen Vaters rcvoltirte, ward er von Gordon besiegt und hingerichtet. Sibehr Pascha selbst ward in Kairo zum Tode verurteilt, aber vom Chedive begnadigt und lebte seitdem als Pensionär der ägyptischen Regierung in Kairo. Nach dem Sturze Ismail Paschas endete (1879) die erste ägyptische Laufbahn Gvrdons. Die Abschaffung des Sklavenhandels, die Monopolisirung des Elfenbeins > und andrer Handelsartikel, die Willkür, mit welcher die ägyptischen hohen und niedern Beamten verfuhren und namentlich die Steuern bcitrieben, reizte die sudanesische Bevölkerung zu immer neuen Aufständen. Ein schlauer Falls (Ge¬ lehrter) Mohamet Achmet — ein Zimmermannssohn aus Dongola — zog das religiöse Moment hinein. Er erklärte sich als den nach der Tradition für das Ende des dreizehnten Jahrhunderts mohamedanischer Zeitrechnung ver¬ heißenen Mahdi, das heißt den von Gott auf den rechten Weg geleiteten Wiederhersteller der arabischen Herrschaft. Der Mahdi erhielt viel Zulauf und seine Macht wuchs namentlich, seit Arabi Pascha (im September 1882) die Sudanesen aufforderte, die Autorität des Chedive nicht mehr anzuerkennen. Die von den ägyptischen Proviuzialgonverneuren gegen den Mahdi entsendeten Truppen, welche im Anfang des Jahres 1882 in mehreren Zusammenstößen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/18>, abgerufen am 28.12.2024.