Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Notizen. Zustande befinden soll, und diese Klagen wurden von der festländischen Presse in Notizen. Zustande befinden soll, und diese Klagen wurden von der festländischen Presse in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157080"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_522" prev="#ID_521"> Zustande befinden soll, und diese Klagen wurden von der festländischen Presse in<lb/> gutem Glauben wiedergegeben, zumal als der frühere Marineminister W, H, Smith,<lb/> jetzt Parlamentsmitglied, im vadi^ rsIeg'ra-M und der Admiral Symonds in der<lb/> I^all Uf.II (ZrWötw in diese Behauptung eingestimmt und Abhilfe verlangt hatten.<lb/> Die Sache wurde vielfach erörtert, und die Ansicht, die dabei überwog, war un¬<lb/> gefähr folgende. Es ist ausgemacht und unterliegt keinem Zweifel, daß die letzten<lb/> beiden Jahrzehnte die Stellung Englands als einer Seemacht wesentlich verändert<lb/> nud zwar verschlechtert haben. Deutschland ist seitdem in die Reihe der Mächte<lb/> eingetreten, welche eine Kriegsmarine unterhalten, es strebt nach einer tüchtigen<lb/> Flotte, hat damit schon sehr Achtbares erreicht und wird durch die wissenschaftliche<lb/> Methode, mit der es dabei wie bei der Entwicklung seiner Landstreitmächte zu<lb/> Werke geht, in nicht langer Frist zu einer Seemacht werden, mit welcher alle<lb/> andern mit Einschluß Großbritanniens rechnen müssen. Italien hat gegenwärtig<lb/> die größten Panzerschiffe, welche auf dem Meere schwimmen, und Nußland macht<lb/> Anstrengungen zum Anbau und zur Vermehrung seiner Flotte. Vor fünfund¬<lb/> zwanzig Jahren standen die Dinge für England erheblich günstiger; damals hatte<lb/> dasselbe nur einen Nebenbuhler auf der See: Frankreich, während es jetzt viele<lb/> hat, die sich bei Gelegenheit einmal zusammenthun und die englischen Seestreitkräftc<lb/> gemeinschaftlich angreifen und vernichten könnten. Noch nimmt Frankreich mir den<lb/> zweiten Rang unter den maritimen Mächten ein, noch ist England ihm überlegen,<lb/> wenn letzteres aber uicht dazu thut, nicht ohne Verzug die Probleme löst, die jetzt<lb/> seine Seeleute und Staatsmänner beschäftigen, so wird es von den Franzosen bald<lb/> erreicht und in den Hintergrund gedrängt werden. Gesetzt den Fall, die ägyptische<lb/> Frage oder die französische Kolonialpolitik gäbe Anlaß zu einem Kriege zwischen<lb/> den beiden Mächten, und dieselben stünden sich allein, ohne Bundesgenossen zur<lb/> See gegenüber, so würde zwar Großbritannien mit seinen gewaltigen Flotten¬<lb/> reserven imstande sein, seine Herrschaft als maritimer Staat zu behaupten, aber<lb/> als vorwiegend merkantiler großen Verlusten und als Land, welches starker Getreide¬<lb/> zufuhr aus Amerika und Rußland sowie des Imports von Baumwolle bedarf, der<lb/> Hungersnot und dem Stillstand seiner hauptsächlichsten Fabriken ausgesetzt sein.<lb/> Frankreich könnte dem englischen Handel schwere Wunden schlagen und bei seiner<lb/> Lage an zwei Meeren mit Leichtigkeit den größten Teil der Kauffahrteiflotte der<lb/> Engländer vom Wasser wegfangen oder vernichten, indem es nach allen Richtungen<lb/> hin Kreuzer zur Versenkung oder Verbrennung feindlicher Schiffe aussendete. Der<lb/> verwundbare Teil der britischen Machtstellung ist also die Handelsflotte Englands,<lb/> und es ist ein wunderlicher Kommentar zu seinem Verstände, seiner Größe und<lb/> seinem Reichtum, daß es hierin durch eine Nation gefährdet ist, die weniger Kriegs¬<lb/> schiffe besitzt. Mag England seine Panzerschiffe vermehren, sich schwerere Kanonen<lb/> anschaffen, eine große Anzahl von Torpedobooten banen und seine Häfen und Küsten<lb/> mit den gewaltigsten Befestigungen schützen — das alles schützt nicht vor den ver¬<lb/> hängnisvollen Angriffen andrer Seemächte ans die englische Handelsmarine. Selbst<lb/> solche von dritten Range (mau erinnere sich des Kapitäns Sinnes und andrer<lb/> Kreuzer der Konföderirten) können hier außerordentlich viel Schaden anrichten, noch<lb/> beträchtlich mehr aber Frankreich, und eine Koalition desselben mit andern See¬<lb/> mächten hätte es in der Gewalt, eine Hungersnot in England hervorzurufen und<lb/> zu gleicher Zeit dessen Baumwollenarbeiter dnrch Jnhibirung der Zufuhr von Rohstoff<lb/> und der Ausfuhr von fertigen Garnen und Geweben um alleu Verdienst zu bringen.<lb/> Andre, Symonds z. B., sind noch weiter gegangen und stellen die gegenwärtige<lb/> französische Kriegsflotte bereits über die britische.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
Notizen.
Zustande befinden soll, und diese Klagen wurden von der festländischen Presse in
gutem Glauben wiedergegeben, zumal als der frühere Marineminister W, H, Smith,
jetzt Parlamentsmitglied, im vadi^ rsIeg'ra-M und der Admiral Symonds in der
I^all Uf.II (ZrWötw in diese Behauptung eingestimmt und Abhilfe verlangt hatten.
Die Sache wurde vielfach erörtert, und die Ansicht, die dabei überwog, war un¬
gefähr folgende. Es ist ausgemacht und unterliegt keinem Zweifel, daß die letzten
beiden Jahrzehnte die Stellung Englands als einer Seemacht wesentlich verändert
nud zwar verschlechtert haben. Deutschland ist seitdem in die Reihe der Mächte
eingetreten, welche eine Kriegsmarine unterhalten, es strebt nach einer tüchtigen
Flotte, hat damit schon sehr Achtbares erreicht und wird durch die wissenschaftliche
Methode, mit der es dabei wie bei der Entwicklung seiner Landstreitmächte zu
Werke geht, in nicht langer Frist zu einer Seemacht werden, mit welcher alle
andern mit Einschluß Großbritanniens rechnen müssen. Italien hat gegenwärtig
die größten Panzerschiffe, welche auf dem Meere schwimmen, und Nußland macht
Anstrengungen zum Anbau und zur Vermehrung seiner Flotte. Vor fünfund¬
zwanzig Jahren standen die Dinge für England erheblich günstiger; damals hatte
dasselbe nur einen Nebenbuhler auf der See: Frankreich, während es jetzt viele
hat, die sich bei Gelegenheit einmal zusammenthun und die englischen Seestreitkräftc
gemeinschaftlich angreifen und vernichten könnten. Noch nimmt Frankreich mir den
zweiten Rang unter den maritimen Mächten ein, noch ist England ihm überlegen,
wenn letzteres aber uicht dazu thut, nicht ohne Verzug die Probleme löst, die jetzt
seine Seeleute und Staatsmänner beschäftigen, so wird es von den Franzosen bald
erreicht und in den Hintergrund gedrängt werden. Gesetzt den Fall, die ägyptische
Frage oder die französische Kolonialpolitik gäbe Anlaß zu einem Kriege zwischen
den beiden Mächten, und dieselben stünden sich allein, ohne Bundesgenossen zur
See gegenüber, so würde zwar Großbritannien mit seinen gewaltigen Flotten¬
reserven imstande sein, seine Herrschaft als maritimer Staat zu behaupten, aber
als vorwiegend merkantiler großen Verlusten und als Land, welches starker Getreide¬
zufuhr aus Amerika und Rußland sowie des Imports von Baumwolle bedarf, der
Hungersnot und dem Stillstand seiner hauptsächlichsten Fabriken ausgesetzt sein.
Frankreich könnte dem englischen Handel schwere Wunden schlagen und bei seiner
Lage an zwei Meeren mit Leichtigkeit den größten Teil der Kauffahrteiflotte der
Engländer vom Wasser wegfangen oder vernichten, indem es nach allen Richtungen
hin Kreuzer zur Versenkung oder Verbrennung feindlicher Schiffe aussendete. Der
verwundbare Teil der britischen Machtstellung ist also die Handelsflotte Englands,
und es ist ein wunderlicher Kommentar zu seinem Verstände, seiner Größe und
seinem Reichtum, daß es hierin durch eine Nation gefährdet ist, die weniger Kriegs¬
schiffe besitzt. Mag England seine Panzerschiffe vermehren, sich schwerere Kanonen
anschaffen, eine große Anzahl von Torpedobooten banen und seine Häfen und Küsten
mit den gewaltigsten Befestigungen schützen — das alles schützt nicht vor den ver¬
hängnisvollen Angriffen andrer Seemächte ans die englische Handelsmarine. Selbst
solche von dritten Range (mau erinnere sich des Kapitäns Sinnes und andrer
Kreuzer der Konföderirten) können hier außerordentlich viel Schaden anrichten, noch
beträchtlich mehr aber Frankreich, und eine Koalition desselben mit andern See¬
mächten hätte es in der Gewalt, eine Hungersnot in England hervorzurufen und
zu gleicher Zeit dessen Baumwollenarbeiter dnrch Jnhibirung der Zufuhr von Rohstoff
und der Ausfuhr von fertigen Garnen und Geweben um alleu Verdienst zu bringen.
Andre, Symonds z. B., sind noch weiter gegangen und stellen die gegenwärtige
französische Kriegsflotte bereits über die britische.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |