Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur. hätte verletzen und anders als rein poetisch berühren können. In den größern Das Anwachsen des Konvertitentums, die steigende Bedeutung desselben für Grcnzliotm III. 1384. 12
Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur. hätte verletzen und anders als rein poetisch berühren können. In den größern Das Anwachsen des Konvertitentums, die steigende Bedeutung desselben für Grcnzliotm III. 1384. 12
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Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur.
hätte verletzen und anders als rein poetisch berühren können. In den größern
Novellen „Das Marmorbildnis" und „Dichter und ihre Gesellen," in den beiden
Dramen Eichendvrffs „Ezzelino da Romano" lind „Der letzte Held von Marien¬
burg" machte sich die katholische Anschauung des Dichters etwas stärker geltend,
doch immer nicht so, daß er damit in einen völligen und bewußten Gegensatz
zur Bildung der Nation und zur großen Entwicklung der deutschen Literatur
getreten wäre. Dieser Gegensatz begann sich indes zu äußern, als Eichendorff
1846 in den Münchner „Historisch-Politischen Blättern" die Aufsätze „Zur Ge¬
schichte der neueren romantischen Poesie in Deutschland" veröffentlichte, ans
denen später seine selbständige Schrift „Über die ethische und religiöse Bedeu¬
tung der neueren romantischen Poesie in Deutschland" hervorging, und gleich¬
zeitig die (übrigens prachtvolle) Übertragung der geistlichen Schauspiele Calderons
begann. Aus den von der volle» Glut der Gegenreformation durchhauchten,
mit dem eigentümlichen Prunk der Jesuitenkunst umkleideten Autos des poetischen
Spaniers gingen Empfindungen und Ideale in die Seele des deutschen Katho¬
liken über. Sie machten sich geltend in Eichendorffs letzten Dichtungen „Julian,"
„Robert und Guiskard" und „Lucius," sie diktirten ihm die kritischen Werke
„Der deutsche Roman des achtzehnten Jahrhunderts in seinem Verhältnis zum
Christentum," „Zur Geschichte des Dramas" und „Geschichte der poetischen
Literatur Deutschlands," in denen sich wenig mehr von der alten heiter-poetischen
Stimmung Eichendorffs, destomehr von der grollenden Polemik der Zeit findet.
Wieder sind das Christentum und die Kirche, welcher der Schriftsteller angehört,
identisch, wieder erscheinen der Protestantismus und die Revolution beinahe
synonym, wieder wurden die Dichter mit dem Maßstabe ihrer Hinneigung zum
kirchlichen Leben und ihrer Unterordnung unter die Gebote aus Rom gemessen.
Es kann uns nicht in den Sinn kommen, die Überzeugungstreue und Überzeu¬
gungsreinheit Eichendorffs hierbei in Zweifel zu ziehen, aber die bloße That¬
sache, daß ein Dichter, der von Haus aus eine so reine Milde und Toleranz
bewährt hatte, schließlich doch die höchstgespannten Ansprüche und die äußerste»
Anschauungen des modernen Ultramontanismus verfocht, verrät, daß die katho¬
lische Bildung in ihrer rückläufigen Bewegung zu den Tagen des 17. Jahr¬
hunderts vou keinem Einzelnen mehr aufgehalten werden konnte.
Das Anwachsen des Konvertitentums, die steigende Bedeutung desselben für
die Weiterentwicklung der katholischen Elemente in der deutschen Literatur stellt
auch das Leben einer Dichterin vor Augen, welche neuerdings durch zwei Lebens¬
bilder, das des altkatholischen Bischofs or. Reinkens „Luise Hensel und ihre
Lieder" (Bonn, 1877) und das des Domkapitulars Bartscher „Louise Hensel"
(Paderborn, 1881) zu einem größern Rufe gelangt ist als durch die kleine
Zahl ihrer wahrhaft schöne» Gedichte, u»ter denen das tiefinnige „Müde bin
ich, geh zur Ruh" in seiner Art unübertrefflich bleibt. Luise Hensel, als
die Tochter eines lutherischen Predigers zu Linum in Brandenburg am
Grcnzliotm III. 1384. 12
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