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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Eugen Richter und seine Leute.

err Eugen Richter hat neulich gegen die Nationalliberalen eine
Klage wegen Geschäftsstörnng erhoben, Sie schädigen, sagte er,
den Parlamentarismus, worauf bekanntlich seine Firma ein aus¬
schließliches Privilegium hat, und Gewerbefreiheit hin, Gewerbe¬
freiheit her, in Geschäftssachen hört die Prinzipientreue auf! Wir
staunen über diese Ängstlichkeit, Wenn die Partei, welche ihm jetzt den meisten
Ärger zu bereiten scheint, auch mitunter Neigung zeigt, ihm Konkurrenz zu be¬
reiten: gegen seine Rührigkeit und Erfahrung, seine Mittel und Verbindungen
kann sie doch nicht aufkommen. Wer etwa daran zweifeln sollte, der lese das
soeben erschienene Buch: Der deutsche Reichstag. Seine Parteien und
Größen. Von H, Wiermann. Erster Teil: Die Deutsch-Freisinnigen.
(Leipzig, Rengersche Buchhandlung.) Was da von dem parlamentarischen Leben,
den Meinungen und Thaten des Herrn Regierungs-Assessors a. D. berichtet wird,
haben wir zwar schaudernd miterlebt. Aber wer behält alle die charakteristischen
Einzelheiten so tren im Gedächtnis, und wie viele würden es über sich gewinnen,
gleich dem Verfasser, mit der Selbstentäußerung des eine Epidemie studirenden
Arztes diese ganze Materie bis auf den Grund zu erforschen? Es ist kein
anmutendes Bild, welches sich aus den Selbstbekenntnissen des Hauptmanns
der Freisinnigen entwickeln läßt. Dessenungeachtet muß gewünscht werden, daß
sich recht viele und recht genau diesen historischen Charakterkopf ansehe,:.
Dann werden sie erkennen, daß dieser Mann eine geschichtliche Mission erfüllt,
daß er vom Schicksal bestimmt ist, den hohlen Parlamentarismus -uZ ab-
snrclum zu führen. Da liegen siebzehn Jahre rastloser Thätigkeit eines talent¬
vollen Mannes vor unsern Augen, und worin besteht diese Thätigkeit? In
den Bemühungen um ein Mandat und der Sorge, dies Mandat nicht etwa


Grenzboten III. 1884, 8


Eugen Richter und seine Leute.

err Eugen Richter hat neulich gegen die Nationalliberalen eine
Klage wegen Geschäftsstörnng erhoben, Sie schädigen, sagte er,
den Parlamentarismus, worauf bekanntlich seine Firma ein aus¬
schließliches Privilegium hat, und Gewerbefreiheit hin, Gewerbe¬
freiheit her, in Geschäftssachen hört die Prinzipientreue auf! Wir
staunen über diese Ängstlichkeit, Wenn die Partei, welche ihm jetzt den meisten
Ärger zu bereiten scheint, auch mitunter Neigung zeigt, ihm Konkurrenz zu be¬
reiten: gegen seine Rührigkeit und Erfahrung, seine Mittel und Verbindungen
kann sie doch nicht aufkommen. Wer etwa daran zweifeln sollte, der lese das
soeben erschienene Buch: Der deutsche Reichstag. Seine Parteien und
Größen. Von H, Wiermann. Erster Teil: Die Deutsch-Freisinnigen.
(Leipzig, Rengersche Buchhandlung.) Was da von dem parlamentarischen Leben,
den Meinungen und Thaten des Herrn Regierungs-Assessors a. D. berichtet wird,
haben wir zwar schaudernd miterlebt. Aber wer behält alle die charakteristischen
Einzelheiten so tren im Gedächtnis, und wie viele würden es über sich gewinnen,
gleich dem Verfasser, mit der Selbstentäußerung des eine Epidemie studirenden
Arztes diese ganze Materie bis auf den Grund zu erforschen? Es ist kein
anmutendes Bild, welches sich aus den Selbstbekenntnissen des Hauptmanns
der Freisinnigen entwickeln läßt. Dessenungeachtet muß gewünscht werden, daß
sich recht viele und recht genau diesen historischen Charakterkopf ansehe,:.
Dann werden sie erkennen, daß dieser Mann eine geschichtliche Mission erfüllt,
daß er vom Schicksal bestimmt ist, den hohlen Parlamentarismus -uZ ab-
snrclum zu führen. Da liegen siebzehn Jahre rastloser Thätigkeit eines talent¬
vollen Mannes vor unsern Augen, und worin besteht diese Thätigkeit? In
den Bemühungen um ein Mandat und der Sorge, dies Mandat nicht etwa


Grenzboten III. 1884, 8
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[0065] [Abbildung] Eugen Richter und seine Leute. err Eugen Richter hat neulich gegen die Nationalliberalen eine Klage wegen Geschäftsstörnng erhoben, Sie schädigen, sagte er, den Parlamentarismus, worauf bekanntlich seine Firma ein aus¬ schließliches Privilegium hat, und Gewerbefreiheit hin, Gewerbe¬ freiheit her, in Geschäftssachen hört die Prinzipientreue auf! Wir staunen über diese Ängstlichkeit, Wenn die Partei, welche ihm jetzt den meisten Ärger zu bereiten scheint, auch mitunter Neigung zeigt, ihm Konkurrenz zu be¬ reiten: gegen seine Rührigkeit und Erfahrung, seine Mittel und Verbindungen kann sie doch nicht aufkommen. Wer etwa daran zweifeln sollte, der lese das soeben erschienene Buch: Der deutsche Reichstag. Seine Parteien und Größen. Von H, Wiermann. Erster Teil: Die Deutsch-Freisinnigen. (Leipzig, Rengersche Buchhandlung.) Was da von dem parlamentarischen Leben, den Meinungen und Thaten des Herrn Regierungs-Assessors a. D. berichtet wird, haben wir zwar schaudernd miterlebt. Aber wer behält alle die charakteristischen Einzelheiten so tren im Gedächtnis, und wie viele würden es über sich gewinnen, gleich dem Verfasser, mit der Selbstentäußerung des eine Epidemie studirenden Arztes diese ganze Materie bis auf den Grund zu erforschen? Es ist kein anmutendes Bild, welches sich aus den Selbstbekenntnissen des Hauptmanns der Freisinnigen entwickeln läßt. Dessenungeachtet muß gewünscht werden, daß sich recht viele und recht genau diesen historischen Charakterkopf ansehe,:. Dann werden sie erkennen, daß dieser Mann eine geschichtliche Mission erfüllt, daß er vom Schicksal bestimmt ist, den hohlen Parlamentarismus -uZ ab- snrclum zu führen. Da liegen siebzehn Jahre rastloser Thätigkeit eines talent¬ vollen Mannes vor unsern Augen, und worin besteht diese Thätigkeit? In den Bemühungen um ein Mandat und der Sorge, dies Mandat nicht etwa Grenzboten III. 1884, 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/65>, abgerufen am 27.06.2024.