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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Engel auf Grden.
Roman von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen,
(Fvrtschung.)

lötzlich ertönte ein grollender Donner.
Jetzt müssen wir uns trennen, sagte der Doktor. Sie, Frau
Nina, haben noch Zeit, das Bad, und wir, unser Haus zu er¬
reichen, ehe das Gewitter losbricht. Ich rate, nicht lange zu
zögern, denn mir scheint, daß es ein förmlicher Orkan und eine
wahre Sintflut werden wird.

Alle machten Halt. Rina und Paul drückten einander die Hände und
sahen sich in die Augen.

Lebt wohl! sagte Rina.

Wenn das das letzte Lebewohl wäre! dachte Paul. Wenn es das letztemal
wäre, daß ich in dies holde Gesicht blickte! Ein neues Donnern ließ das
Beben seiner Stimme nicht vernehmen, als er ihr antwortete: Auf Wiedersehen,
Rina, und Gott sende Euch eine gute Nacht.

Adele und Rina hatten sich umarmt und ihre Abschiedsgrüße ausgetauscht.

Ans morgen früh! rief Rina noch, als sie sich mit Devannis entfernte,
der den schlafenden Knaben noch immer auf dem Arme trug.

Auf morgen früh! wiederholte Paul, indem er ihre anmutige Gestalt, wie
sie sich nach und "ach in der Dunkelheit verlor, mit dem Blicke verfolgte.

Cerci nahm ihn beim Arme. Laß uns gehen, Paul.

Der Unglückliche konnte sich nicht länger zurückhalten. Ach, werde ich sie
noch einmal wiedersehen aus Erden?

Adele hörte seine Worte und war tief erschrocken. So ist es also wahr,
rief sie, daß ein Unheil in der Luft schwebt? O, sagt mir alles! Ich muß
alles wissen!

Paul konnte nicht leugnen. Er schob den Arm seiner Schwester uuter
den seinen, drückte ihn liebevoll an sein Herz und sagte: Ich weiß, daß du
Mut hast, Adele. Laß uns nach Hause gehen, du sollst alles erfahren.

Und es ist unwiderruflich? fragte die gute Adele, deren Stimme ihre Angst
nicht verbergen konnte, als sie alles erfahren hatte. Es giebt kein ehrenhaftes
Mittel, das Duell zu vermeiden?




Die Engel auf Grden.
Roman von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen,
(Fvrtschung.)

lötzlich ertönte ein grollender Donner.
Jetzt müssen wir uns trennen, sagte der Doktor. Sie, Frau
Nina, haben noch Zeit, das Bad, und wir, unser Haus zu er¬
reichen, ehe das Gewitter losbricht. Ich rate, nicht lange zu
zögern, denn mir scheint, daß es ein förmlicher Orkan und eine
wahre Sintflut werden wird.

Alle machten Halt. Rina und Paul drückten einander die Hände und
sahen sich in die Augen.

Lebt wohl! sagte Rina.

Wenn das das letzte Lebewohl wäre! dachte Paul. Wenn es das letztemal
wäre, daß ich in dies holde Gesicht blickte! Ein neues Donnern ließ das
Beben seiner Stimme nicht vernehmen, als er ihr antwortete: Auf Wiedersehen,
Rina, und Gott sende Euch eine gute Nacht.

Adele und Rina hatten sich umarmt und ihre Abschiedsgrüße ausgetauscht.

Ans morgen früh! rief Rina noch, als sie sich mit Devannis entfernte,
der den schlafenden Knaben noch immer auf dem Arme trug.

Auf morgen früh! wiederholte Paul, indem er ihre anmutige Gestalt, wie
sie sich nach und »ach in der Dunkelheit verlor, mit dem Blicke verfolgte.

Cerci nahm ihn beim Arme. Laß uns gehen, Paul.

Der Unglückliche konnte sich nicht länger zurückhalten. Ach, werde ich sie
noch einmal wiedersehen aus Erden?

Adele hörte seine Worte und war tief erschrocken. So ist es also wahr,
rief sie, daß ein Unheil in der Luft schwebt? O, sagt mir alles! Ich muß
alles wissen!

Paul konnte nicht leugnen. Er schob den Arm seiner Schwester uuter
den seinen, drückte ihn liebevoll an sein Herz und sagte: Ich weiß, daß du
Mut hast, Adele. Laß uns nach Hause gehen, du sollst alles erfahren.

Und es ist unwiderruflich? fragte die gute Adele, deren Stimme ihre Angst
nicht verbergen konnte, als sie alles erfahren hatte. Es giebt kein ehrenhaftes
Mittel, das Duell zu vermeiden?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/536>, abgerufen am 27.06.2024.