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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Kleine Goethiana.

gebnisse des Buches irgendwo gesammelt und aufgehoben werden, schon damit
nicht Thatsachen, Beziehungen und Anspielungen, die längst bemerkt und gebucht
sind, immer wieder aufs neue entdeckt und veröffentlicht werden; und dieser
Kommentar steht doch wohl am besten in einem Anhang zu dem Buche selbst.
Im folgenden ein paar neue Beiträge dazu.

Noch immer giebt es im "Jungen Goethe" eine" Brief, dem die Adresse
fehlt; es ist der vom 22. Juni 1774. Auch Strehlke hat in seiner Sammlung
den Empfänger nicht zu bezeichnen gewagt; der Brief eröffnet dort (II, S. 435)
die Reihe der "Briefe an Unbekannte." Dennoch kann, wie mir scheint, über
die Adresse nicht der geringste Zweifel sein.

Der Brief ist an einen Buchhändler gerichtet, dem Goethe Exemplare des
"Götz" und der "Zwo biblischen Fragen" zum Vertrieb gegeben hatte. Der
Buchhändler hat acht Louisdor an Goethe abgeliefert, die er für ihn ein¬
genommen, Goethe dankt ihm für feine Bemühung und erklärt sich bereit, für
die noch unverkauften Exemplare Bücher in Change zu nehmen. "Nur melden
Sie uns was für Bücher wir verlangen können." Mit andern Worten: er
wünscht den Verlagskatalog.

Hirzel dachte an den Vertreter der "Eichenbergischen Erben" in Frankfurt,
in deren Verlag die zweite Auflage des "Götz" erschien, und meinte, derselbe
sei vielleicht zur Zeit dieses Schreibens in Leipzig gewesen -- sehr unwahr¬
scheinlich. Am 22. Juni war kein Frankfurter Buchhändler mehr in Leipzig
zur Jubilatemesse, und wenn Goethe den Verlagskatalog der "Eichenbergischen
Erben" wünschte, so brauchte er nur in Frankfurt in die Handlung zu
gehen.

Der Brief ist, um es kurz zu sagen, gerichtet an den Buchhändler Dieterich
in Göttingen, den Verleger des Göttinger Musenalmanachs. Dies geht hervor
aus dem Briefe an Boie vom 8. Januar 1774, wo es heißt: "Sie haben
150 Exemplare ^des "Götz"^ auf zweymal erhalten, Herr Dieterich hat sie ver¬
kaufst wie er mir selbst schreibt, und so scheints billich daß ich ein Aequivalent
dagegen erhalte. Sollte es nicht zu thun seyn das Ganze oder einen Teil in
Baarem Gelde zu erhalten, so seyn sie wenigstens so gut und schaffen mir
Papier, zu dem Ende bitt ich Sie um Diederichs Verlags Catalogus, und um
eine Erklärung von ihm wie ers halten will." Da ein Exemplar des "Götz,"
wie Goethe an Kestner schreibt (19. Juli 1773) für "zwölf gute Groschen"
verkauft werden sollte, so hatte Dieterich also mit den acht Louisdors ungefähr
die Einnahme für achtzig Exemplare an Goethe abgeliefert.

Findet meine Annahme Zustimmung, so verschwindet damit auch der letzte
adressenlose Brief aus dem "Jungen Goethe," und Strehlkes Empfängerverzeichnis
vermehrt sich um eine Nummer; der Name Dieterich fehlte bisher darin. --

In den Briefen, die Goethe nach seiner Rückkehr von Leipzig ins Vater¬
haus im Herbst 1768 an Oeser sendet, gedenkt er dreimal eines -- Tischlers,


Kleine Goethiana.

gebnisse des Buches irgendwo gesammelt und aufgehoben werden, schon damit
nicht Thatsachen, Beziehungen und Anspielungen, die längst bemerkt und gebucht
sind, immer wieder aufs neue entdeckt und veröffentlicht werden; und dieser
Kommentar steht doch wohl am besten in einem Anhang zu dem Buche selbst.
Im folgenden ein paar neue Beiträge dazu.

Noch immer giebt es im „Jungen Goethe" eine» Brief, dem die Adresse
fehlt; es ist der vom 22. Juni 1774. Auch Strehlke hat in seiner Sammlung
den Empfänger nicht zu bezeichnen gewagt; der Brief eröffnet dort (II, S. 435)
die Reihe der „Briefe an Unbekannte." Dennoch kann, wie mir scheint, über
die Adresse nicht der geringste Zweifel sein.

Der Brief ist an einen Buchhändler gerichtet, dem Goethe Exemplare des
„Götz" und der „Zwo biblischen Fragen" zum Vertrieb gegeben hatte. Der
Buchhändler hat acht Louisdor an Goethe abgeliefert, die er für ihn ein¬
genommen, Goethe dankt ihm für feine Bemühung und erklärt sich bereit, für
die noch unverkauften Exemplare Bücher in Change zu nehmen. „Nur melden
Sie uns was für Bücher wir verlangen können." Mit andern Worten: er
wünscht den Verlagskatalog.

Hirzel dachte an den Vertreter der „Eichenbergischen Erben" in Frankfurt,
in deren Verlag die zweite Auflage des „Götz" erschien, und meinte, derselbe
sei vielleicht zur Zeit dieses Schreibens in Leipzig gewesen — sehr unwahr¬
scheinlich. Am 22. Juni war kein Frankfurter Buchhändler mehr in Leipzig
zur Jubilatemesse, und wenn Goethe den Verlagskatalog der „Eichenbergischen
Erben" wünschte, so brauchte er nur in Frankfurt in die Handlung zu
gehen.

Der Brief ist, um es kurz zu sagen, gerichtet an den Buchhändler Dieterich
in Göttingen, den Verleger des Göttinger Musenalmanachs. Dies geht hervor
aus dem Briefe an Boie vom 8. Januar 1774, wo es heißt: „Sie haben
150 Exemplare ^des „Götz"^ auf zweymal erhalten, Herr Dieterich hat sie ver¬
kaufst wie er mir selbst schreibt, und so scheints billich daß ich ein Aequivalent
dagegen erhalte. Sollte es nicht zu thun seyn das Ganze oder einen Teil in
Baarem Gelde zu erhalten, so seyn sie wenigstens so gut und schaffen mir
Papier, zu dem Ende bitt ich Sie um Diederichs Verlags Catalogus, und um
eine Erklärung von ihm wie ers halten will." Da ein Exemplar des „Götz,"
wie Goethe an Kestner schreibt (19. Juli 1773) für „zwölf gute Groschen"
verkauft werden sollte, so hatte Dieterich also mit den acht Louisdors ungefähr
die Einnahme für achtzig Exemplare an Goethe abgeliefert.

Findet meine Annahme Zustimmung, so verschwindet damit auch der letzte
adressenlose Brief aus dem „Jungen Goethe," und Strehlkes Empfängerverzeichnis
vermehrt sich um eine Nummer; der Name Dieterich fehlte bisher darin. —

In den Briefen, die Goethe nach seiner Rückkehr von Leipzig ins Vater¬
haus im Herbst 1768 an Oeser sendet, gedenkt er dreimal eines — Tischlers,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/468>, abgerufen am 27.09.2024.