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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Gngel auf Lrden.

mit ihrer Mutter bestehende Gesellschaft, welche jenseits der Brücke stehen ge¬
blieben war; er fixirte sie mit dem lebhaftesten Interesse.

Auch die Grafin hatte diese Personen gesehen, war zusammengefahren und
vor Aerger rot geworden. Obgleich Rina dem Fenster, an welchem Laurette
und Mondejo standen, den Rücken zuwandte, waren doch die Eleganz ihrer
Haltung und die Grazie ihrer Bewegungen den beiden erkennbar.

Zum Teufel, sagte Mondejo im Stillen, wer ist diese Frau?

Beisammen! beisammen! rief Laurette zwischen den Zähnen aus. Es an¬
sehen zu müssen, wie sich Rina auf Pauls Arm stützte und sich lächelnd zu
ihm beugte, erregte eine solche Wild in ihr, daß sie die Gegenwart eines Fremden
vergaß. Beisammen! Und er verschmäht mich! O!

Mondejo war in seine eignen Gedanken so versunken, daß er die Wut der
Gräfin und den Haß in ihren Augen nicht wahrnahm. Die Berichte, welche
er von Cota erhalten hatte, gaben ihm die Lösung des Rätsels. Jene Dame
mit den schwarzen Haaren und dem dunkeln Kleide war offenbar die Neben¬
buhlerin der Gräfin, und letztere mußte sie so hassen, daß sie sähig war, ihr das
größte Uebel zuzufügen. Und der Anblick dieser Dame schien auch in Mondejo
eine heftige Aufregung zu erwecken.

Rina wandte zufällig den Kopf nach jener Richtung, und man konnte ihr
feines und zartes Profil erblicken.

Carajo stieß einen Ausruf aus und stellte sich, jede Rücksicht vergessend,
dicht neben die Gräfin.

Laurette gewann bei dieser Ungenirthcit des Fremden ihren ganzen Stolz
wieder und sagte stolz: Was thut Ihr noch hier? Nehmt das Geld oder
nehmt es nicht, dann geht!

Mondejo verbeugte sich und hatte schon das Thürschloß in der Hand, als
er sich anders besann und zurückkehrte.

Fran Gräfin, sagte er, ich weiß noch nicht recht, was hier vorgeht, aber
ich sehe schon jetzt, daß es etwas geben wird, wo sich unser beiderseitiger Haß
zu einer gemeinschaftlichen Rache vereinigen muß. An dem Tage, wo Sie, Frau
Gräfin, eines sichern und unfehlbaren Werkzeuges bedürfen, brauche" Sie nicht
weit zu suchen; Sie haben ein solches an Baldvmar Carajo. Dann verbeugte
er sich tief und ließ die Gräfin erstaunt und beinahe erschrocken über seine
Worte und den Ton, in welchem er gesprochen, zurück.

Mondejo hatte sofort seinen Plan fertig. Er begab sich nach dem Bureau
des Bade-Etablissements, ließ sich die Wohnung des Doktors sagen und machte
sich eiligst auf den Weg, um seine Bitte vorzutragen, wie bereits erzählt
worden ist.

Als er auf der Rückkehr nach den halben Weg zurückgelegt hatte, hörte
er ein leises Rauschen in seiner Nähe und sah Cotas schmächtigen Leib neben
sich. Nun, wie stehts? fragte er lebhaft.'

Die Dame wohnt nichtbeim Doktor, sondern im Bade, Nummer 25 und 26
im zweiten Stock.

Und heißt?

Mandozzi.

Ah!

Der Herr Amardi ist wirklich ihr Liebhaber.

Mondejo stieß einen fürchterlichen Fluch aus.

Cota fuhr fort: Er ist ihretwegen hierher gekommen. Auch von dem Doktor


Die Gngel auf Lrden.

mit ihrer Mutter bestehende Gesellschaft, welche jenseits der Brücke stehen ge¬
blieben war; er fixirte sie mit dem lebhaftesten Interesse.

Auch die Grafin hatte diese Personen gesehen, war zusammengefahren und
vor Aerger rot geworden. Obgleich Rina dem Fenster, an welchem Laurette
und Mondejo standen, den Rücken zuwandte, waren doch die Eleganz ihrer
Haltung und die Grazie ihrer Bewegungen den beiden erkennbar.

Zum Teufel, sagte Mondejo im Stillen, wer ist diese Frau?

Beisammen! beisammen! rief Laurette zwischen den Zähnen aus. Es an¬
sehen zu müssen, wie sich Rina auf Pauls Arm stützte und sich lächelnd zu
ihm beugte, erregte eine solche Wild in ihr, daß sie die Gegenwart eines Fremden
vergaß. Beisammen! Und er verschmäht mich! O!

Mondejo war in seine eignen Gedanken so versunken, daß er die Wut der
Gräfin und den Haß in ihren Augen nicht wahrnahm. Die Berichte, welche
er von Cota erhalten hatte, gaben ihm die Lösung des Rätsels. Jene Dame
mit den schwarzen Haaren und dem dunkeln Kleide war offenbar die Neben¬
buhlerin der Gräfin, und letztere mußte sie so hassen, daß sie sähig war, ihr das
größte Uebel zuzufügen. Und der Anblick dieser Dame schien auch in Mondejo
eine heftige Aufregung zu erwecken.

Rina wandte zufällig den Kopf nach jener Richtung, und man konnte ihr
feines und zartes Profil erblicken.

Carajo stieß einen Ausruf aus und stellte sich, jede Rücksicht vergessend,
dicht neben die Gräfin.

Laurette gewann bei dieser Ungenirthcit des Fremden ihren ganzen Stolz
wieder und sagte stolz: Was thut Ihr noch hier? Nehmt das Geld oder
nehmt es nicht, dann geht!

Mondejo verbeugte sich und hatte schon das Thürschloß in der Hand, als
er sich anders besann und zurückkehrte.

Fran Gräfin, sagte er, ich weiß noch nicht recht, was hier vorgeht, aber
ich sehe schon jetzt, daß es etwas geben wird, wo sich unser beiderseitiger Haß
zu einer gemeinschaftlichen Rache vereinigen muß. An dem Tage, wo Sie, Frau
Gräfin, eines sichern und unfehlbaren Werkzeuges bedürfen, brauche» Sie nicht
weit zu suchen; Sie haben ein solches an Baldvmar Carajo. Dann verbeugte
er sich tief und ließ die Gräfin erstaunt und beinahe erschrocken über seine
Worte und den Ton, in welchem er gesprochen, zurück.

Mondejo hatte sofort seinen Plan fertig. Er begab sich nach dem Bureau
des Bade-Etablissements, ließ sich die Wohnung des Doktors sagen und machte
sich eiligst auf den Weg, um seine Bitte vorzutragen, wie bereits erzählt
worden ist.

Als er auf der Rückkehr nach den halben Weg zurückgelegt hatte, hörte
er ein leises Rauschen in seiner Nähe und sah Cotas schmächtigen Leib neben
sich. Nun, wie stehts? fragte er lebhaft.'

Die Dame wohnt nichtbeim Doktor, sondern im Bade, Nummer 25 und 26
im zweiten Stock.

Und heißt?

Mandozzi.

Ah!

Der Herr Amardi ist wirklich ihr Liebhaber.

Mondejo stieß einen fürchterlichen Fluch aus.

Cota fuhr fort: Er ist ihretwegen hierher gekommen. Auch von dem Doktor


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[0254] Die Gngel auf Lrden. mit ihrer Mutter bestehende Gesellschaft, welche jenseits der Brücke stehen ge¬ blieben war; er fixirte sie mit dem lebhaftesten Interesse. Auch die Grafin hatte diese Personen gesehen, war zusammengefahren und vor Aerger rot geworden. Obgleich Rina dem Fenster, an welchem Laurette und Mondejo standen, den Rücken zuwandte, waren doch die Eleganz ihrer Haltung und die Grazie ihrer Bewegungen den beiden erkennbar. Zum Teufel, sagte Mondejo im Stillen, wer ist diese Frau? Beisammen! beisammen! rief Laurette zwischen den Zähnen aus. Es an¬ sehen zu müssen, wie sich Rina auf Pauls Arm stützte und sich lächelnd zu ihm beugte, erregte eine solche Wild in ihr, daß sie die Gegenwart eines Fremden vergaß. Beisammen! Und er verschmäht mich! O! Mondejo war in seine eignen Gedanken so versunken, daß er die Wut der Gräfin und den Haß in ihren Augen nicht wahrnahm. Die Berichte, welche er von Cota erhalten hatte, gaben ihm die Lösung des Rätsels. Jene Dame mit den schwarzen Haaren und dem dunkeln Kleide war offenbar die Neben¬ buhlerin der Gräfin, und letztere mußte sie so hassen, daß sie sähig war, ihr das größte Uebel zuzufügen. Und der Anblick dieser Dame schien auch in Mondejo eine heftige Aufregung zu erwecken. Rina wandte zufällig den Kopf nach jener Richtung, und man konnte ihr feines und zartes Profil erblicken. Carajo stieß einen Ausruf aus und stellte sich, jede Rücksicht vergessend, dicht neben die Gräfin. Laurette gewann bei dieser Ungenirthcit des Fremden ihren ganzen Stolz wieder und sagte stolz: Was thut Ihr noch hier? Nehmt das Geld oder nehmt es nicht, dann geht! Mondejo verbeugte sich und hatte schon das Thürschloß in der Hand, als er sich anders besann und zurückkehrte. Fran Gräfin, sagte er, ich weiß noch nicht recht, was hier vorgeht, aber ich sehe schon jetzt, daß es etwas geben wird, wo sich unser beiderseitiger Haß zu einer gemeinschaftlichen Rache vereinigen muß. An dem Tage, wo Sie, Frau Gräfin, eines sichern und unfehlbaren Werkzeuges bedürfen, brauche» Sie nicht weit zu suchen; Sie haben ein solches an Baldvmar Carajo. Dann verbeugte er sich tief und ließ die Gräfin erstaunt und beinahe erschrocken über seine Worte und den Ton, in welchem er gesprochen, zurück. Mondejo hatte sofort seinen Plan fertig. Er begab sich nach dem Bureau des Bade-Etablissements, ließ sich die Wohnung des Doktors sagen und machte sich eiligst auf den Weg, um seine Bitte vorzutragen, wie bereits erzählt worden ist. Als er auf der Rückkehr nach den halben Weg zurückgelegt hatte, hörte er ein leises Rauschen in seiner Nähe und sah Cotas schmächtigen Leib neben sich. Nun, wie stehts? fragte er lebhaft.' Die Dame wohnt nichtbeim Doktor, sondern im Bade, Nummer 25 und 26 im zweiten Stock. Und heißt? Mandozzi. Ah! Der Herr Amardi ist wirklich ihr Liebhaber. Mondejo stieß einen fürchterlichen Fluch aus. Cota fuhr fort: Er ist ihretwegen hierher gekommen. Auch von dem Doktor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/254>, abgerufen am 21.06.2024.