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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Deutsche AolonialxoliÄ.

wurde, Dieselbe wurde fast allenthalben im Lande als erfreulicher Anfang zu
einer deutschen Kolonialpolitik willkommen geheißen, paßte aber nicht zu dem
Manchestertum gewisser liberalen Herren und ebensowenig zu der Stellung,
welche die Ultramontanen zum Reiche einnehmen, und konnte so zu lebhaftem
Bedauern aller patriotischen Herzen nicht durchgebracht werden. Ein solches
Samenkorn lag, wie leicht zu sehen war, jetzt wieder in dem Gesetzentwurfe
betreffend die Verwendung von Geldmitteln zur Errichtung und Unterhaltung
von Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern, der in der letzten
Hälfte des Juni d. I, von der Negierung unsern Reichsboten zur Genehmigung
unterbreitet wurde. Wieder wurde derselbe von der öffentlichen Meinung
beinahe überall mit freudigem Beifall begrüßt und insbesondre von den Ver¬
tretern der Fabrikthätigkeit und des Handels lebhaft empfohlen, und wieder
scheiterte er an dem Widerstande der in diesem Falle wie früher mit dem
welfisch-ultramontanen Zentrum Hand in Hand gehenden Manchesterpvlitiker.
Der direkte Nutzen dieser Maßregel, welche zunächst eine Subvention von Post¬
dampfschifflinien nach Ostasien und Australien bezweckte, war mit Händen zu
greifen, und ebenso klar war es, daß die Sache bald ins Leben treten mußte,
also nicht, wie das hohe Haus bei der ersten Verhandlung beschlossen, erst an
eine Kommission verwiesen werden durfte, was einem Begraben derselben für
die laufende Session gleichkam.

Vom Rheine her und aus Westfalen wurde dies, als die Erledigung der
Angelegenheit noch in der Schwebe war, von Korporationen und Vereinen in
sehr entschiedener Weise ausgesprochen. Die Handelskammer des Kreises Essen
richtete eine Petition an den Reichstag, in der es hieß, der Gesetzentwurf habe
in den von ihr vertretenen Kreisen lebhafte Freude und Befriedigung erregt,
"nicht bloß wegen des Interesses, das die Montanindustrie, wo einerseits die
Anzeichen sich mehren, daß China zum Eisenbahnbau übergehen wird, andrerseits
aber der französische Einfluß in Ostasien sich steigert, an jeder Belebung unsrer
Beziehungen zu jenen Ländern nehmen muß, weil dem deutschen Handel und
Export aus der erleichterten Verkchrsvermittlung wesentliche Vorteile erwachsen
müssen, vielmehr insbesondre, weil diese Maßregel geeignet erscheint, das Band,
welches die ausgewanderten Deutschen mit dem Mutterlande verbindet, zu stärken
und das Ansehen Deutschlands bei den übrigen Völkern zu erhöhen. Die
Frende über die geplante Maßregel war umso größer, als in derselben eine
Bestätigung erblickt wird, daß unsre Reichsregierung den Zeitpunkt für gekommen
erachtet, in aktiverer Weise als bisher das nationale Interesse im Auslande
zu pflegen." Daran schloß sich die dringende Bitte, der Reichstag wolle diese
Bestrebungen unterstützen und dem Gesetzentwürfe noch in dieser Session seine
Zustimmung erteilen, woran noch die Bemerkung geknüpft wurde, man dürfe nicht
verhehlen, daß die lautgewordene Tendenz dilatorischer Behandlung tiefe Ver¬
stimmung hervorgerufen habe. Denselben Gegenstand besprach eine Eingabe


Deutsche AolonialxoliÄ.

wurde, Dieselbe wurde fast allenthalben im Lande als erfreulicher Anfang zu
einer deutschen Kolonialpolitik willkommen geheißen, paßte aber nicht zu dem
Manchestertum gewisser liberalen Herren und ebensowenig zu der Stellung,
welche die Ultramontanen zum Reiche einnehmen, und konnte so zu lebhaftem
Bedauern aller patriotischen Herzen nicht durchgebracht werden. Ein solches
Samenkorn lag, wie leicht zu sehen war, jetzt wieder in dem Gesetzentwurfe
betreffend die Verwendung von Geldmitteln zur Errichtung und Unterhaltung
von Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern, der in der letzten
Hälfte des Juni d. I, von der Negierung unsern Reichsboten zur Genehmigung
unterbreitet wurde. Wieder wurde derselbe von der öffentlichen Meinung
beinahe überall mit freudigem Beifall begrüßt und insbesondre von den Ver¬
tretern der Fabrikthätigkeit und des Handels lebhaft empfohlen, und wieder
scheiterte er an dem Widerstande der in diesem Falle wie früher mit dem
welfisch-ultramontanen Zentrum Hand in Hand gehenden Manchesterpvlitiker.
Der direkte Nutzen dieser Maßregel, welche zunächst eine Subvention von Post¬
dampfschifflinien nach Ostasien und Australien bezweckte, war mit Händen zu
greifen, und ebenso klar war es, daß die Sache bald ins Leben treten mußte,
also nicht, wie das hohe Haus bei der ersten Verhandlung beschlossen, erst an
eine Kommission verwiesen werden durfte, was einem Begraben derselben für
die laufende Session gleichkam.

Vom Rheine her und aus Westfalen wurde dies, als die Erledigung der
Angelegenheit noch in der Schwebe war, von Korporationen und Vereinen in
sehr entschiedener Weise ausgesprochen. Die Handelskammer des Kreises Essen
richtete eine Petition an den Reichstag, in der es hieß, der Gesetzentwurf habe
in den von ihr vertretenen Kreisen lebhafte Freude und Befriedigung erregt,
„nicht bloß wegen des Interesses, das die Montanindustrie, wo einerseits die
Anzeichen sich mehren, daß China zum Eisenbahnbau übergehen wird, andrerseits
aber der französische Einfluß in Ostasien sich steigert, an jeder Belebung unsrer
Beziehungen zu jenen Ländern nehmen muß, weil dem deutschen Handel und
Export aus der erleichterten Verkchrsvermittlung wesentliche Vorteile erwachsen
müssen, vielmehr insbesondre, weil diese Maßregel geeignet erscheint, das Band,
welches die ausgewanderten Deutschen mit dem Mutterlande verbindet, zu stärken
und das Ansehen Deutschlands bei den übrigen Völkern zu erhöhen. Die
Frende über die geplante Maßregel war umso größer, als in derselben eine
Bestätigung erblickt wird, daß unsre Reichsregierung den Zeitpunkt für gekommen
erachtet, in aktiverer Weise als bisher das nationale Interesse im Auslande
zu pflegen." Daran schloß sich die dringende Bitte, der Reichstag wolle diese
Bestrebungen unterstützen und dem Gesetzentwürfe noch in dieser Session seine
Zustimmung erteilen, woran noch die Bemerkung geknüpft wurde, man dürfe nicht
verhehlen, daß die lautgewordene Tendenz dilatorischer Behandlung tiefe Ver¬
stimmung hervorgerufen habe. Denselben Gegenstand besprach eine Eingabe


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[0166] Deutsche AolonialxoliÄ. wurde, Dieselbe wurde fast allenthalben im Lande als erfreulicher Anfang zu einer deutschen Kolonialpolitik willkommen geheißen, paßte aber nicht zu dem Manchestertum gewisser liberalen Herren und ebensowenig zu der Stellung, welche die Ultramontanen zum Reiche einnehmen, und konnte so zu lebhaftem Bedauern aller patriotischen Herzen nicht durchgebracht werden. Ein solches Samenkorn lag, wie leicht zu sehen war, jetzt wieder in dem Gesetzentwurfe betreffend die Verwendung von Geldmitteln zur Errichtung und Unterhaltung von Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern, der in der letzten Hälfte des Juni d. I, von der Negierung unsern Reichsboten zur Genehmigung unterbreitet wurde. Wieder wurde derselbe von der öffentlichen Meinung beinahe überall mit freudigem Beifall begrüßt und insbesondre von den Ver¬ tretern der Fabrikthätigkeit und des Handels lebhaft empfohlen, und wieder scheiterte er an dem Widerstande der in diesem Falle wie früher mit dem welfisch-ultramontanen Zentrum Hand in Hand gehenden Manchesterpvlitiker. Der direkte Nutzen dieser Maßregel, welche zunächst eine Subvention von Post¬ dampfschifflinien nach Ostasien und Australien bezweckte, war mit Händen zu greifen, und ebenso klar war es, daß die Sache bald ins Leben treten mußte, also nicht, wie das hohe Haus bei der ersten Verhandlung beschlossen, erst an eine Kommission verwiesen werden durfte, was einem Begraben derselben für die laufende Session gleichkam. Vom Rheine her und aus Westfalen wurde dies, als die Erledigung der Angelegenheit noch in der Schwebe war, von Korporationen und Vereinen in sehr entschiedener Weise ausgesprochen. Die Handelskammer des Kreises Essen richtete eine Petition an den Reichstag, in der es hieß, der Gesetzentwurf habe in den von ihr vertretenen Kreisen lebhafte Freude und Befriedigung erregt, „nicht bloß wegen des Interesses, das die Montanindustrie, wo einerseits die Anzeichen sich mehren, daß China zum Eisenbahnbau übergehen wird, andrerseits aber der französische Einfluß in Ostasien sich steigert, an jeder Belebung unsrer Beziehungen zu jenen Ländern nehmen muß, weil dem deutschen Handel und Export aus der erleichterten Verkchrsvermittlung wesentliche Vorteile erwachsen müssen, vielmehr insbesondre, weil diese Maßregel geeignet erscheint, das Band, welches die ausgewanderten Deutschen mit dem Mutterlande verbindet, zu stärken und das Ansehen Deutschlands bei den übrigen Völkern zu erhöhen. Die Frende über die geplante Maßregel war umso größer, als in derselben eine Bestätigung erblickt wird, daß unsre Reichsregierung den Zeitpunkt für gekommen erachtet, in aktiverer Weise als bisher das nationale Interesse im Auslande zu pflegen." Daran schloß sich die dringende Bitte, der Reichstag wolle diese Bestrebungen unterstützen und dem Gesetzentwürfe noch in dieser Session seine Zustimmung erteilen, woran noch die Bemerkung geknüpft wurde, man dürfe nicht verhehlen, daß die lautgewordene Tendenz dilatorischer Behandlung tiefe Ver¬ stimmung hervorgerufen habe. Denselben Gegenstand besprach eine Eingabe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/166>, abgerufen am 23.06.2024.