Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.Johannes Brahms. freunde." Die Direktionszeit von Busens bildet eine der wichtigsten Perioden Die Gesamtsumme von Brechens' tonschöpferischer Thätigkeit kann man in Johannes Brahms. freunde." Die Direktionszeit von Busens bildet eine der wichtigsten Perioden Die Gesamtsumme von Brechens' tonschöpferischer Thätigkeit kann man in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0134" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/156405"/> <fw type="header" place="top"> Johannes Brahms.</fw><lb/> <p xml:id="ID_488" prev="#ID_487"> freunde." Die Direktionszeit von Busens bildet eine der wichtigsten Perioden<lb/> in der Geschichte dieses einflußreichen Instituts. Die Leistungen des Gesang¬<lb/> chores erreichten den höchsten Grad von Vollendung, die Programme brachten<lb/> eine Reihe Meisterwerke aus ältern Zeiten zum erstenmale. Das größte Staunen<lb/> erregte namentlich Handels „Saul." Wien ist seit dem Jahre 1862 der stän¬<lb/> dige Wohnsitz des Künstlers geworden. Im Sommer sucht er schöne Gegenden<lb/> auf. Welle dann wieder das Laub, so geht ein Fragen durch die musika¬<lb/> lischen Kreise: „Was mag Brechens diesmal geschrieben haben?" Baden-Baden,<lb/> Zürich, Bonn, Heidelberg, Ischl u. s. w. sind die Geburtsstätten vieler seiner<lb/> herrlichsten Werke. In den letzten zehn Jahren haben die Kunstreisen einen<lb/> breitem Platz in seinem Winterleben eingenommen. Die großen Konzert¬<lb/> institute trachten nach der Auszeichnung, neue und alte Werke von Brechens<lb/> uuter persönlicher Leitung des Komponisten zu hören. Bei solchen Gelegen¬<lb/> heiten tritt auch der Pianist noch dann und wann in die Öffentlichkeit. Aus<lb/> der Zeit, wo sich Brechens in dieser Eigenschaft (in Gesellschaft künstlerischer<lb/> Freunde) regelmäßiger zeigte, rühmen die Berichte namentlich, wie unvergleich¬<lb/> lich und ergreifend er Bach, Beethoven und Schumann gespielt habe. Selten<lb/> gehörte Klavierkompositionen des letztgenannten Meisters, dessen O-aur-Phan¬<lb/> tasie (op. 17), dessen Z?-me>11-Sonate brachten, von Brechens wiedergegeben, tiefe<lb/> und echte Wirkung hervor. Das Klavierspiel von Brechens ist höchst eigen¬<lb/> tümlich und bedeutend. Er hat eine eigne Gabe, das Instrument wie Orchester<lb/> und Orgel klingen zu lassen, lapidar ist die Energie seiner Rhythmik, unwider¬<lb/> stehlich fesselnd und in reinster Klarheit lebt unter seinen Händen die Seele der<lb/> Komposition auf. Das (--moll-Quartett von Brechens, seine Händelvariationen,<lb/> seine beiden Konzerte, von dem Komponisten selbst in guter Stunde gespielt —<lb/> stärkere und wärmere Eindrücke vom Klavier her habe ich nie erhalten. Wäre<lb/> es nicht zu gunsten des Komponisten geschehen, wir müßten es bedauern,<lb/> daß der Pianist Brechens sich in Reserve gestellt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_489"> Die Gesamtsumme von Brechens' tonschöpferischer Thätigkeit kann man in<lb/> drei Perioden zerlegen. Die erste reicht bis zu ox>. 10, die zweite bis zu op. 44,<lb/> die dritte vom „Deutschen Requiem" bis zu dem zuletzt veröffentlichten Werke,<lb/> der dritten Symphonie (?-aur). Diesen Sachgruppen entsprechen ungefähr die<lb/> Zeitabschnitte a) bis 1856, d) von da bis zum Jahre 1867, o) von dem letz¬<lb/> tern Termin bis zur jüngsten Gegenwart. Die Werke der ersten und zweiten<lb/> Periode gehören vorwiegend der Kammer- und Hausmusik an, das „Requiem"<lb/> bildet die Ehrenpforte zur dritten Periode. Mit diesem Werke schien die Zeit<lb/> erfüllt, von der Schumann prophetisch verkündet hatte: „Wenn er seinen Zauber¬<lb/> stab dahin senken wird, wo ihm die Mächte der Massen, im Chor und Orchester,<lb/> ihre Kräfte leihen." Die Physiognomie der dritten Periode wird in erster<lb/> Linie durch die großen Chor- und Orchefterkompositioneu bestimmt, welche seit<lb/> dem Jahre 1867 in größern und kleinern Zwischenräumen erschienen sind.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0134]
Johannes Brahms.
freunde." Die Direktionszeit von Busens bildet eine der wichtigsten Perioden
in der Geschichte dieses einflußreichen Instituts. Die Leistungen des Gesang¬
chores erreichten den höchsten Grad von Vollendung, die Programme brachten
eine Reihe Meisterwerke aus ältern Zeiten zum erstenmale. Das größte Staunen
erregte namentlich Handels „Saul." Wien ist seit dem Jahre 1862 der stän¬
dige Wohnsitz des Künstlers geworden. Im Sommer sucht er schöne Gegenden
auf. Welle dann wieder das Laub, so geht ein Fragen durch die musika¬
lischen Kreise: „Was mag Brechens diesmal geschrieben haben?" Baden-Baden,
Zürich, Bonn, Heidelberg, Ischl u. s. w. sind die Geburtsstätten vieler seiner
herrlichsten Werke. In den letzten zehn Jahren haben die Kunstreisen einen
breitem Platz in seinem Winterleben eingenommen. Die großen Konzert¬
institute trachten nach der Auszeichnung, neue und alte Werke von Brechens
uuter persönlicher Leitung des Komponisten zu hören. Bei solchen Gelegen¬
heiten tritt auch der Pianist noch dann und wann in die Öffentlichkeit. Aus
der Zeit, wo sich Brechens in dieser Eigenschaft (in Gesellschaft künstlerischer
Freunde) regelmäßiger zeigte, rühmen die Berichte namentlich, wie unvergleich¬
lich und ergreifend er Bach, Beethoven und Schumann gespielt habe. Selten
gehörte Klavierkompositionen des letztgenannten Meisters, dessen O-aur-Phan¬
tasie (op. 17), dessen Z?-me>11-Sonate brachten, von Brechens wiedergegeben, tiefe
und echte Wirkung hervor. Das Klavierspiel von Brechens ist höchst eigen¬
tümlich und bedeutend. Er hat eine eigne Gabe, das Instrument wie Orchester
und Orgel klingen zu lassen, lapidar ist die Energie seiner Rhythmik, unwider¬
stehlich fesselnd und in reinster Klarheit lebt unter seinen Händen die Seele der
Komposition auf. Das (--moll-Quartett von Brechens, seine Händelvariationen,
seine beiden Konzerte, von dem Komponisten selbst in guter Stunde gespielt —
stärkere und wärmere Eindrücke vom Klavier her habe ich nie erhalten. Wäre
es nicht zu gunsten des Komponisten geschehen, wir müßten es bedauern,
daß der Pianist Brechens sich in Reserve gestellt hat.
Die Gesamtsumme von Brechens' tonschöpferischer Thätigkeit kann man in
drei Perioden zerlegen. Die erste reicht bis zu ox>. 10, die zweite bis zu op. 44,
die dritte vom „Deutschen Requiem" bis zu dem zuletzt veröffentlichten Werke,
der dritten Symphonie (?-aur). Diesen Sachgruppen entsprechen ungefähr die
Zeitabschnitte a) bis 1856, d) von da bis zum Jahre 1867, o) von dem letz¬
tern Termin bis zur jüngsten Gegenwart. Die Werke der ersten und zweiten
Periode gehören vorwiegend der Kammer- und Hausmusik an, das „Requiem"
bildet die Ehrenpforte zur dritten Periode. Mit diesem Werke schien die Zeit
erfüllt, von der Schumann prophetisch verkündet hatte: „Wenn er seinen Zauber¬
stab dahin senken wird, wo ihm die Mächte der Massen, im Chor und Orchester,
ihre Kräfte leihen." Die Physiognomie der dritten Periode wird in erster
Linie durch die großen Chor- und Orchefterkompositioneu bestimmt, welche seit
dem Jahre 1867 in größern und kleinern Zwischenräumen erschienen sind.
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