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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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der Denkschrift des Tsong Li Jamen bereits in früheren Depeschen widerlegt
worden seien, und dann erklärte, daß Frankreichs Haltung zu allen Zeiten höchst
versöhnlich gewesen sei, und daß er nicht verstehen könne, warum China, wenn
es wirklich den Frieden wolle, nicht die letzten Vorschläge seiner Regierung an¬
genommen habe. Zwei Tage später sagte Tseng in Beantwortung des Ferrhschcn
Briefes vom 17,, wenn dessen Erklärung in der Kammer der chinesischen Re¬
gierung schmerzlich gewesen, so habe sie dieselbe auch aufgeklärt, "Wir haben,
so schreibt er, Frankreich, das einst so stolz darauf war, kleine Länder zu schützen,
wie es scheint, als bereit zu betrachten, sich des Besitzes des Fürsten zu be¬
mächtigen, den es zu beschützen vorgiebt,"

Wieder zwei Tage später, am 26, November, richtete der chinesische Ge¬
sandte an Ferry eine sehr wichtige Mitteilung, die folgendermaßen lautete:
"Herr Minister, indem ich mich zum Empfange Ihrer Mitteilung vom 19, d, M.
bekenne und meine Depesche vom 24, ergänze, habe ich die Ehre, Ew. Excellenz
zu benachrichtigen, daß die kaiserliche Regierung sehr glücklich sein würde, wenn
es zu einer Verständigung mit der französischen Regierung käme, die jeden Zu¬
sammenstoß zwischen den französischen und den chinesischen Streitkräften in Tonkin
verhinderte. Da aber der in Ihrem Schreiben vom 17, d, M enthaltene Vorschlag
sich auf die Einwohner der Städte songeai, Honghva und Bakniu bezieht, d. h.
auf Orte, welche jetzt von den kaiserlichen Truppen besetzt sind, die Befehl er¬
halten haben, sie zu verteidigen, so bedauert die kaiserliche Regierung, sich nicht
imstande zu sehen, in Ihrem Vorschlage eine Maßregel zu finden, mit der
sich den Erfordernissen der gegenwärtigen Lage in Tonkin begegnen ließe. Indem
ich denselben Zweck im Auge hatte, der Ew, Excellenz Ihren freundschaftlichen
Vorschlag zu machen bewog, schlug ich Ihrem Vorgänger in einer Besprechung,
die ich am 1, August mit ihm hatte, vor, man möge eine Demarkationslinie zwischen
den bei songeai und bei Hanoi sowie in den Städten auf dem rechten und linken
Ufer des Noten Stromes stehenden Armeen ziehe". Ich erneuere jetzt diesen
Vorschlag, und indem ich mich der großen internationalen Interessen erinnere,
die unzweifelhaft berührt werden würden, wenn es zu einem Zusammenstoße
zwischeu deu Truppen unsrer beiden Länder käme, hoffe ich zuversichtlich,
Ew. Excellenz werden die Güte haben, meinem Vorschlage reifliche Erwägung
angedeihen zu lassen,"

Auf diesen Brief erteilte Ferry unterm 30, November folgende Antwort,
von der wir nur einige unwesentliche Sätze "veglassen: "In Ihren Briefen vom
24, und 26, hatten Sie die Güte, einige Bemerkungen über meine Mitteilungen
vom 17. und 19, desselben Monats zu machen. Ihre Aufmerksamkeit lenkte
sich vor allem ans den unsern Truppen erteilten Befehl, gegen songeai, Honghva
und Baknin zu marschiren, deren Besetzung für unumgänglich angesehen wird.
In Verbindung mit dieser Thatsache weisen Sie auf eine Stelle in der von
mir am 31. Oktober in der Deputirtenkammer gehaltenen Rede hin, in welcher


der Denkschrift des Tsong Li Jamen bereits in früheren Depeschen widerlegt
worden seien, und dann erklärte, daß Frankreichs Haltung zu allen Zeiten höchst
versöhnlich gewesen sei, und daß er nicht verstehen könne, warum China, wenn
es wirklich den Frieden wolle, nicht die letzten Vorschläge seiner Regierung an¬
genommen habe. Zwei Tage später sagte Tseng in Beantwortung des Ferrhschcn
Briefes vom 17,, wenn dessen Erklärung in der Kammer der chinesischen Re¬
gierung schmerzlich gewesen, so habe sie dieselbe auch aufgeklärt, „Wir haben,
so schreibt er, Frankreich, das einst so stolz darauf war, kleine Länder zu schützen,
wie es scheint, als bereit zu betrachten, sich des Besitzes des Fürsten zu be¬
mächtigen, den es zu beschützen vorgiebt,"

Wieder zwei Tage später, am 26, November, richtete der chinesische Ge¬
sandte an Ferry eine sehr wichtige Mitteilung, die folgendermaßen lautete:
„Herr Minister, indem ich mich zum Empfange Ihrer Mitteilung vom 19, d, M.
bekenne und meine Depesche vom 24, ergänze, habe ich die Ehre, Ew. Excellenz
zu benachrichtigen, daß die kaiserliche Regierung sehr glücklich sein würde, wenn
es zu einer Verständigung mit der französischen Regierung käme, die jeden Zu¬
sammenstoß zwischen den französischen und den chinesischen Streitkräften in Tonkin
verhinderte. Da aber der in Ihrem Schreiben vom 17, d, M enthaltene Vorschlag
sich auf die Einwohner der Städte songeai, Honghva und Bakniu bezieht, d. h.
auf Orte, welche jetzt von den kaiserlichen Truppen besetzt sind, die Befehl er¬
halten haben, sie zu verteidigen, so bedauert die kaiserliche Regierung, sich nicht
imstande zu sehen, in Ihrem Vorschlage eine Maßregel zu finden, mit der
sich den Erfordernissen der gegenwärtigen Lage in Tonkin begegnen ließe. Indem
ich denselben Zweck im Auge hatte, der Ew, Excellenz Ihren freundschaftlichen
Vorschlag zu machen bewog, schlug ich Ihrem Vorgänger in einer Besprechung,
die ich am 1, August mit ihm hatte, vor, man möge eine Demarkationslinie zwischen
den bei songeai und bei Hanoi sowie in den Städten auf dem rechten und linken
Ufer des Noten Stromes stehenden Armeen ziehe». Ich erneuere jetzt diesen
Vorschlag, und indem ich mich der großen internationalen Interessen erinnere,
die unzweifelhaft berührt werden würden, wenn es zu einem Zusammenstoße
zwischeu deu Truppen unsrer beiden Länder käme, hoffe ich zuversichtlich,
Ew. Excellenz werden die Güte haben, meinem Vorschlage reifliche Erwägung
angedeihen zu lassen,"

Auf diesen Brief erteilte Ferry unterm 30, November folgende Antwort,
von der wir nur einige unwesentliche Sätze »veglassen: „In Ihren Briefen vom
24, und 26, hatten Sie die Güte, einige Bemerkungen über meine Mitteilungen
vom 17. und 19, desselben Monats zu machen. Ihre Aufmerksamkeit lenkte
sich vor allem ans den unsern Truppen erteilten Befehl, gegen songeai, Honghva
und Baknin zu marschiren, deren Besetzung für unumgänglich angesehen wird.
In Verbindung mit dieser Thatsache weisen Sie auf eine Stelle in der von
mir am 31. Oktober in der Deputirtenkammer gehaltenen Rede hin, in welcher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/597>, abgerufen am 27.07.2024.