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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Die historische Kommission in München.

die Zustimmung der Kommisston. So entstanden die Briefe und Akten zur
Geschichte des dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwal¬
tenden Einflusses der Wittelsbacher und die Briefe und Akten zur
Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besondrer Rücksicht auf
Baierns Fürstenhaus. Schon liegt uns eine stattliche Anzahl von Bünden
dieser gleichfalls mustergültigen Publikation vor, herausgegeben von Moriz
Ritter, Felix Stieve und August von Druffel.

Für die ältere pfälzische Abteilung war Kluckhohn thätig, der in zwei
starken Bänden 1867 und 1872 die für die kirchlichen und politischen Verhält¬
nisse des sechzehnten Jahrhunderts so wichtigen Briefe Kurfürst Friedrichs
des Fromme" herausgab. Die Bearbeitung des Pfalzgrafen Johann
Casimir ward Friedrich von Bezold übertragen, der bereits einen ersten
Band veröffentlicht hat.

Leider verbietet der Raum, der uns zugemessen, noch die übrigen Quellen-
Veröffentlichungen, die von der historischen Kommission ausgegangen sind, hier
hervorzuheben. Wir gedenken deshalb nur noch, ohne damit in irgendwelcher
Weise den Wert der von uns nicht näher bezeichneten Arbeiten geringer an¬
schlagen zu wollen, der von Droysen lebhaft befürworteten Sammlung der
historischen Volkslieder der Deutschen vom dreizehnten bis zum
sechzehnten Jahrhundert, welche Freiherr von Liliencron in kurzer
Zeit zustande brachte und in einer Weise der wissenschaftlichen Benutzung zu¬
gänglich machte, welche ihm die allgemeinste Anerkennung eintrug.

Immer jedoch von großen umfassenden Gesichtspunkten ausgehend, stellte
Ranke gleich von Anfang an noch eine andre Art von Aufgaben für die Thätig¬
keit der Kommission ans. Neben der Herausgabe von Quellenwerken sollte sie
seiner Ansicht nach "außerdem wissenschaftliche Arbeiten, die in diesem Gebiete
notwendig oder ersprießlich erscheinen h. Werke darstellenden Inhalts her¬
vorzurufen suchen." Glücklicherweise drang dieser sein Antrag in der Kom¬
mission durch, trotz des von Droysen dagegen erhobenen Einspruches, welcher
der Meinung war, daß "jedes Werk, wo es wesentlich auf die Kunst der
Formgebung oder Behandlung ankomme, sich für eine kollegiale Anleitung und
Kontrole nicht eigne." Ranke hatte bei seinem Antrage bereits mehrere, unter
eine solche Bestimmung sollende Vorschläge von weitgreifcnder Bedeutung in
Bereitschaft. Er entwickelte zuerst den Wunsch, ein großes deutsches Annalen¬
werk, die Jahrbücher des deutscheu Reiches, von Chlodovech bis auf
Rudolf I. ins Leben gerufen zu sehen, "nicht eben zur Lektüre des großen
Publikums bestimmt, sondern ein Nachschlagebuch für den historischen Forscher
und Lehrer," in annalistischer Form, hauptsächlich auf vollständige Zusammen-
stellung und kritische Sichtung des überlieferten Stoffes gerichtet. Da die
Wichtigkeit eines solchen Unternehmens keines Beweises bedürfte, wurde dasselbe
sofort von der Kommission beschlossen und die Leitung desselben Ranke selbst


Die historische Kommission in München.

die Zustimmung der Kommisston. So entstanden die Briefe und Akten zur
Geschichte des dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwal¬
tenden Einflusses der Wittelsbacher und die Briefe und Akten zur
Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besondrer Rücksicht auf
Baierns Fürstenhaus. Schon liegt uns eine stattliche Anzahl von Bünden
dieser gleichfalls mustergültigen Publikation vor, herausgegeben von Moriz
Ritter, Felix Stieve und August von Druffel.

Für die ältere pfälzische Abteilung war Kluckhohn thätig, der in zwei
starken Bänden 1867 und 1872 die für die kirchlichen und politischen Verhält¬
nisse des sechzehnten Jahrhunderts so wichtigen Briefe Kurfürst Friedrichs
des Fromme» herausgab. Die Bearbeitung des Pfalzgrafen Johann
Casimir ward Friedrich von Bezold übertragen, der bereits einen ersten
Band veröffentlicht hat.

Leider verbietet der Raum, der uns zugemessen, noch die übrigen Quellen-
Veröffentlichungen, die von der historischen Kommission ausgegangen sind, hier
hervorzuheben. Wir gedenken deshalb nur noch, ohne damit in irgendwelcher
Weise den Wert der von uns nicht näher bezeichneten Arbeiten geringer an¬
schlagen zu wollen, der von Droysen lebhaft befürworteten Sammlung der
historischen Volkslieder der Deutschen vom dreizehnten bis zum
sechzehnten Jahrhundert, welche Freiherr von Liliencron in kurzer
Zeit zustande brachte und in einer Weise der wissenschaftlichen Benutzung zu¬
gänglich machte, welche ihm die allgemeinste Anerkennung eintrug.

Immer jedoch von großen umfassenden Gesichtspunkten ausgehend, stellte
Ranke gleich von Anfang an noch eine andre Art von Aufgaben für die Thätig¬
keit der Kommission ans. Neben der Herausgabe von Quellenwerken sollte sie
seiner Ansicht nach „außerdem wissenschaftliche Arbeiten, die in diesem Gebiete
notwendig oder ersprießlich erscheinen h. Werke darstellenden Inhalts her¬
vorzurufen suchen." Glücklicherweise drang dieser sein Antrag in der Kom¬
mission durch, trotz des von Droysen dagegen erhobenen Einspruches, welcher
der Meinung war, daß „jedes Werk, wo es wesentlich auf die Kunst der
Formgebung oder Behandlung ankomme, sich für eine kollegiale Anleitung und
Kontrole nicht eigne." Ranke hatte bei seinem Antrage bereits mehrere, unter
eine solche Bestimmung sollende Vorschläge von weitgreifcnder Bedeutung in
Bereitschaft. Er entwickelte zuerst den Wunsch, ein großes deutsches Annalen¬
werk, die Jahrbücher des deutscheu Reiches, von Chlodovech bis auf
Rudolf I. ins Leben gerufen zu sehen, „nicht eben zur Lektüre des großen
Publikums bestimmt, sondern ein Nachschlagebuch für den historischen Forscher
und Lehrer," in annalistischer Form, hauptsächlich auf vollständige Zusammen-
stellung und kritische Sichtung des überlieferten Stoffes gerichtet. Da die
Wichtigkeit eines solchen Unternehmens keines Beweises bedürfte, wurde dasselbe
sofort von der Kommission beschlossen und die Leitung desselben Ranke selbst


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[0492] Die historische Kommission in München. die Zustimmung der Kommisston. So entstanden die Briefe und Akten zur Geschichte des dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwal¬ tenden Einflusses der Wittelsbacher und die Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besondrer Rücksicht auf Baierns Fürstenhaus. Schon liegt uns eine stattliche Anzahl von Bünden dieser gleichfalls mustergültigen Publikation vor, herausgegeben von Moriz Ritter, Felix Stieve und August von Druffel. Für die ältere pfälzische Abteilung war Kluckhohn thätig, der in zwei starken Bänden 1867 und 1872 die für die kirchlichen und politischen Verhält¬ nisse des sechzehnten Jahrhunderts so wichtigen Briefe Kurfürst Friedrichs des Fromme» herausgab. Die Bearbeitung des Pfalzgrafen Johann Casimir ward Friedrich von Bezold übertragen, der bereits einen ersten Band veröffentlicht hat. Leider verbietet der Raum, der uns zugemessen, noch die übrigen Quellen- Veröffentlichungen, die von der historischen Kommission ausgegangen sind, hier hervorzuheben. Wir gedenken deshalb nur noch, ohne damit in irgendwelcher Weise den Wert der von uns nicht näher bezeichneten Arbeiten geringer an¬ schlagen zu wollen, der von Droysen lebhaft befürworteten Sammlung der historischen Volkslieder der Deutschen vom dreizehnten bis zum sechzehnten Jahrhundert, welche Freiherr von Liliencron in kurzer Zeit zustande brachte und in einer Weise der wissenschaftlichen Benutzung zu¬ gänglich machte, welche ihm die allgemeinste Anerkennung eintrug. Immer jedoch von großen umfassenden Gesichtspunkten ausgehend, stellte Ranke gleich von Anfang an noch eine andre Art von Aufgaben für die Thätig¬ keit der Kommission ans. Neben der Herausgabe von Quellenwerken sollte sie seiner Ansicht nach „außerdem wissenschaftliche Arbeiten, die in diesem Gebiete notwendig oder ersprießlich erscheinen h. Werke darstellenden Inhalts her¬ vorzurufen suchen." Glücklicherweise drang dieser sein Antrag in der Kom¬ mission durch, trotz des von Droysen dagegen erhobenen Einspruches, welcher der Meinung war, daß „jedes Werk, wo es wesentlich auf die Kunst der Formgebung oder Behandlung ankomme, sich für eine kollegiale Anleitung und Kontrole nicht eigne." Ranke hatte bei seinem Antrage bereits mehrere, unter eine solche Bestimmung sollende Vorschläge von weitgreifcnder Bedeutung in Bereitschaft. Er entwickelte zuerst den Wunsch, ein großes deutsches Annalen¬ werk, die Jahrbücher des deutscheu Reiches, von Chlodovech bis auf Rudolf I. ins Leben gerufen zu sehen, „nicht eben zur Lektüre des großen Publikums bestimmt, sondern ein Nachschlagebuch für den historischen Forscher und Lehrer," in annalistischer Form, hauptsächlich auf vollständige Zusammen- stellung und kritische Sichtung des überlieferten Stoffes gerichtet. Da die Wichtigkeit eines solchen Unternehmens keines Beweises bedürfte, wurde dasselbe sofort von der Kommission beschlossen und die Leitung desselben Ranke selbst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/492>, abgerufen am 28.07.2024.