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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Militärische Kritikaster.

in der Zusammenstellung einzelner gelegentlichen Äußerungen dritter oder in
der Wiedergabe dessen bestehen, was Unberufene (bildlich gesprochen) an den
Thüren erlauscht haben. Nun ließe sich ja die Kränkung Einzelner übersehen,
in der Hoffnung, daß durch solche öffentliche Plaudereien dem Ganzen genützt
werde. Es fragt sich, welchen Zweck die betreffenden Zeitungen mit der regel¬
mäßigen Wiederkehr solcher Indiskretionen verfolgen. Solange es noch einen
deutschen Kaiser und einen König von Preußen giebt, wird dieser ganz bestimmt
das Recht der ausschließlichen Ernennung sämtlicher Offiziere in vollem Umfange
ausüben und sich in seinen Entschließungen nicht durch die unberufenen Stimmen
einzelner Zeitungsschreiber beeinflussen oder gar beirren lassen. In dieser Rich¬
tung ist also nichts zu befürchten. Wohl aber sind die wenig delikaten Erörte¬
rungen, wie sie bei der Ernennung des neuen Chefs der Admiralität stattgefunden
haben und jetzt gelegentlich der längeren Beurlaubung eines höheren Seeoffiziers
sich wiederholen, ganz und gar dazu geeignet, in den betreffenden Kreisen Er¬
regung und Erbitterung gegen die vorlaute Presse zu erwecken, welche sich nicht
scheut, Vorgänge absprechend ans Licht zu zerren, die ganz allein zwischen
dem Offizier und seinem Kriegsherrn verhandelt werden. Mit aufrichtiger Freude
haben wir daher vor kurzem in einem liberalen Blatte die Ansicht ausgesprochen
gefunden, daß solche Erörterungen auf persönlichem Gebiete den Einzelnen kränken
und der Sache schaden müssen. Freilich befand sich der Ausdruck dieser löblichen
Selbsterkenntnis am Schlüsse einer eingehenden Besprechung, welche sich lediglich
auf Personalien in Marinekreisen erstreckte; das Blatt scheint die empfohlene
Zurückhaltung also nur von andrer Seite zu erwarten und nicht auf sich selbst
anwenden zu wollen. In der That begegnete man schon wenige Tage später
in seinen Spalten abermals einer langen Auseinandersetzung, nur war in der
Zwischenzeit die Beurteilung der betreffenden Persönlichkeiten eine der ersten
diametral entgegengesetzte geworden. Dies nebenbei. Wir halten die Herein-
ziehung von militärischen Persönlichkeiten in das Gebiet kritischer Zeitungs¬
besprechungen umsomehr für einen Mißbrauch, als eine genügende Grundlage zu
vorurteilsfreier Beurteilung unter allen Umständen fehlt; und wenn wir auch
glauben, daß unsre Darlegungen in dem Gebühren der betreffenden Blätter
keine Änderung hervorbringen werden, so galt es doch, das Unzulässige und
Undelikate desselben einmal zu kennzeichnen.


h. v.


Militärische Kritikaster.

in der Zusammenstellung einzelner gelegentlichen Äußerungen dritter oder in
der Wiedergabe dessen bestehen, was Unberufene (bildlich gesprochen) an den
Thüren erlauscht haben. Nun ließe sich ja die Kränkung Einzelner übersehen,
in der Hoffnung, daß durch solche öffentliche Plaudereien dem Ganzen genützt
werde. Es fragt sich, welchen Zweck die betreffenden Zeitungen mit der regel¬
mäßigen Wiederkehr solcher Indiskretionen verfolgen. Solange es noch einen
deutschen Kaiser und einen König von Preußen giebt, wird dieser ganz bestimmt
das Recht der ausschließlichen Ernennung sämtlicher Offiziere in vollem Umfange
ausüben und sich in seinen Entschließungen nicht durch die unberufenen Stimmen
einzelner Zeitungsschreiber beeinflussen oder gar beirren lassen. In dieser Rich¬
tung ist also nichts zu befürchten. Wohl aber sind die wenig delikaten Erörte¬
rungen, wie sie bei der Ernennung des neuen Chefs der Admiralität stattgefunden
haben und jetzt gelegentlich der längeren Beurlaubung eines höheren Seeoffiziers
sich wiederholen, ganz und gar dazu geeignet, in den betreffenden Kreisen Er¬
regung und Erbitterung gegen die vorlaute Presse zu erwecken, welche sich nicht
scheut, Vorgänge absprechend ans Licht zu zerren, die ganz allein zwischen
dem Offizier und seinem Kriegsherrn verhandelt werden. Mit aufrichtiger Freude
haben wir daher vor kurzem in einem liberalen Blatte die Ansicht ausgesprochen
gefunden, daß solche Erörterungen auf persönlichem Gebiete den Einzelnen kränken
und der Sache schaden müssen. Freilich befand sich der Ausdruck dieser löblichen
Selbsterkenntnis am Schlüsse einer eingehenden Besprechung, welche sich lediglich
auf Personalien in Marinekreisen erstreckte; das Blatt scheint die empfohlene
Zurückhaltung also nur von andrer Seite zu erwarten und nicht auf sich selbst
anwenden zu wollen. In der That begegnete man schon wenige Tage später
in seinen Spalten abermals einer langen Auseinandersetzung, nur war in der
Zwischenzeit die Beurteilung der betreffenden Persönlichkeiten eine der ersten
diametral entgegengesetzte geworden. Dies nebenbei. Wir halten die Herein-
ziehung von militärischen Persönlichkeiten in das Gebiet kritischer Zeitungs¬
besprechungen umsomehr für einen Mißbrauch, als eine genügende Grundlage zu
vorurteilsfreier Beurteilung unter allen Umständen fehlt; und wenn wir auch
glauben, daß unsre Darlegungen in dem Gebühren der betreffenden Blätter
keine Änderung hervorbringen werden, so galt es doch, das Unzulässige und
Undelikate desselben einmal zu kennzeichnen.


h. v.


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[0127] Militärische Kritikaster. in der Zusammenstellung einzelner gelegentlichen Äußerungen dritter oder in der Wiedergabe dessen bestehen, was Unberufene (bildlich gesprochen) an den Thüren erlauscht haben. Nun ließe sich ja die Kränkung Einzelner übersehen, in der Hoffnung, daß durch solche öffentliche Plaudereien dem Ganzen genützt werde. Es fragt sich, welchen Zweck die betreffenden Zeitungen mit der regel¬ mäßigen Wiederkehr solcher Indiskretionen verfolgen. Solange es noch einen deutschen Kaiser und einen König von Preußen giebt, wird dieser ganz bestimmt das Recht der ausschließlichen Ernennung sämtlicher Offiziere in vollem Umfange ausüben und sich in seinen Entschließungen nicht durch die unberufenen Stimmen einzelner Zeitungsschreiber beeinflussen oder gar beirren lassen. In dieser Rich¬ tung ist also nichts zu befürchten. Wohl aber sind die wenig delikaten Erörte¬ rungen, wie sie bei der Ernennung des neuen Chefs der Admiralität stattgefunden haben und jetzt gelegentlich der längeren Beurlaubung eines höheren Seeoffiziers sich wiederholen, ganz und gar dazu geeignet, in den betreffenden Kreisen Er¬ regung und Erbitterung gegen die vorlaute Presse zu erwecken, welche sich nicht scheut, Vorgänge absprechend ans Licht zu zerren, die ganz allein zwischen dem Offizier und seinem Kriegsherrn verhandelt werden. Mit aufrichtiger Freude haben wir daher vor kurzem in einem liberalen Blatte die Ansicht ausgesprochen gefunden, daß solche Erörterungen auf persönlichem Gebiete den Einzelnen kränken und der Sache schaden müssen. Freilich befand sich der Ausdruck dieser löblichen Selbsterkenntnis am Schlüsse einer eingehenden Besprechung, welche sich lediglich auf Personalien in Marinekreisen erstreckte; das Blatt scheint die empfohlene Zurückhaltung also nur von andrer Seite zu erwarten und nicht auf sich selbst anwenden zu wollen. In der That begegnete man schon wenige Tage später in seinen Spalten abermals einer langen Auseinandersetzung, nur war in der Zwischenzeit die Beurteilung der betreffenden Persönlichkeiten eine der ersten diametral entgegengesetzte geworden. Dies nebenbei. Wir halten die Herein- ziehung von militärischen Persönlichkeiten in das Gebiet kritischer Zeitungs¬ besprechungen umsomehr für einen Mißbrauch, als eine genügende Grundlage zu vorurteilsfreier Beurteilung unter allen Umständen fehlt; und wenn wir auch glauben, daß unsre Darlegungen in dem Gebühren der betreffenden Blätter keine Änderung hervorbringen werden, so galt es doch, das Unzulässige und Undelikate desselben einmal zu kennzeichnen. h. v.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/127>, abgerufen am 01.09.2024.