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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Innere Verhältnisse des deutschen Heerwesens,

Rechte und Pflichten des Kontingentsherrn übernommen. Die vom Kaiser er¬
nannten "königlich preußischen" Offiziere tragen indeß neben der preußischen
die badische Kokarde, auch Schärpe und Portepee in den badischen Landesfarbe",
und das ganze Kontingent, sonst völlig nach preußischem Muster uniformirt und
ausgerüstet, führt das badische Wappentier am Helme.

Gleiche Bedingungen sind durch Konventionen vom September 1873 dem
Herzogtum Anhalt und sämtlichen thüringischen Staaten mit Ausnahme des
Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen zngestnudeu worden, nur mit dem
Unterschiede, daß die aus den Landessöhneu gebildeten Jufanteriebataillvue und
Regimenter den größern preußischen Verbänden zugeteilt werden, und daß diese
Staaten eine verhältnismüßige Rekrutenquote zu den preußischen SpezialWaffen,
Kavallerie, Artillerie, Pioniere, stellen.

Die Truppen des Grvßherzogtnms Oldenburg sind schon durch Kon¬
vention vom 1ö. Juli 1867 ganz in der preußischen Armee aufgegangen. Nur
die Mannschaften der betreffenden Regimenter tragen, soweit sie Landeskinder
sind, die blau-weiße Kokarde neben der preußischen.

Die von den übrigen Bundesstaaten und freien Städten aufzubringende
Truppenzahl wird nicht mehr in besondre Truppenkörper formirt, sondern die
ausgehobenen Rekruten werden preußische" Regimentern überwiesen. Dies Ver¬
hältnis besteht für Lübeck, Hamburg, Bremen lind das Fürstentum Waldeck
bereits seit 1867 und ist für Schwarzburg-Sondershausen, Lippe-Detmold und
Schaumburg durch besondre, im Jahre 1873 vereinbarte Konventionen herbei¬
geführt worden.

Der Kaiser will ^ nur die Konventionen mit den mecklenburgischen Grvß-
herzogtümern enthalten über diesen Punkt keine ausdrückliche" Bestimmungen --
überall die Ausübung des Dislokationsrechtes auf "außerordentliche Fälle" be¬
schränken. Den Landesherren der betreffenden Truppenteile und Kontingente
und den Senaten der freien Städte ist, soweit sie sich ganz oder teilweise ihrer
Hoheitsrechte begeben haben, neben den verschleimen Ehrenrechten die freie Ver¬
fügung zu polizeilichen Zwecken über die innerhalb ihres Gebietes stationirten
Truppen des Bundesheeres zugestanden. Die Mannschaften leisten überall dem
Kontingentsherrn mit Einschaltung der verfassungsmäßigen, die Gehorscnnspflicht
gegen den Kaiser betreffenden Klausel den Fahneneid.

Außer Baiern hat nur noch das Herzogtum Braunschweig leine Militär¬
konvention mit dem führenden deutschen Staate abgeschlossen. Das Verhältnis
der braunschweigischen Truppen regelt sich deshalb lediglich uach den Festsetzungen
der Reichsverfassung. Der Kaiser hat von dem ihm zustehenden Dislvkations-
rechte durch Verlegung des Infanterieregiments uach Metz thatsächlich Gebrauch
gemacht, auch bereits wiederholt preußische Offiziere zur Führung der Regimenter
kommandirt. Doch führen die Truppenteile (Infanterieregiment Ur. 92, Husaren¬
regiment Ur. 17, eine Batterie) durchgehende Nummern, sind den preußische"


Innere Verhältnisse des deutschen Heerwesens,

Rechte und Pflichten des Kontingentsherrn übernommen. Die vom Kaiser er¬
nannten „königlich preußischen" Offiziere tragen indeß neben der preußischen
die badische Kokarde, auch Schärpe und Portepee in den badischen Landesfarbe»,
und das ganze Kontingent, sonst völlig nach preußischem Muster uniformirt und
ausgerüstet, führt das badische Wappentier am Helme.

Gleiche Bedingungen sind durch Konventionen vom September 1873 dem
Herzogtum Anhalt und sämtlichen thüringischen Staaten mit Ausnahme des
Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen zngestnudeu worden, nur mit dem
Unterschiede, daß die aus den Landessöhneu gebildeten Jufanteriebataillvue und
Regimenter den größern preußischen Verbänden zugeteilt werden, und daß diese
Staaten eine verhältnismüßige Rekrutenquote zu den preußischen SpezialWaffen,
Kavallerie, Artillerie, Pioniere, stellen.

Die Truppen des Grvßherzogtnms Oldenburg sind schon durch Kon¬
vention vom 1ö. Juli 1867 ganz in der preußischen Armee aufgegangen. Nur
die Mannschaften der betreffenden Regimenter tragen, soweit sie Landeskinder
sind, die blau-weiße Kokarde neben der preußischen.

Die von den übrigen Bundesstaaten und freien Städten aufzubringende
Truppenzahl wird nicht mehr in besondre Truppenkörper formirt, sondern die
ausgehobenen Rekruten werden preußische» Regimentern überwiesen. Dies Ver¬
hältnis besteht für Lübeck, Hamburg, Bremen lind das Fürstentum Waldeck
bereits seit 1867 und ist für Schwarzburg-Sondershausen, Lippe-Detmold und
Schaumburg durch besondre, im Jahre 1873 vereinbarte Konventionen herbei¬
geführt worden.

Der Kaiser will ^ nur die Konventionen mit den mecklenburgischen Grvß-
herzogtümern enthalten über diesen Punkt keine ausdrückliche» Bestimmungen —
überall die Ausübung des Dislokationsrechtes auf „außerordentliche Fälle" be¬
schränken. Den Landesherren der betreffenden Truppenteile und Kontingente
und den Senaten der freien Städte ist, soweit sie sich ganz oder teilweise ihrer
Hoheitsrechte begeben haben, neben den verschleimen Ehrenrechten die freie Ver¬
fügung zu polizeilichen Zwecken über die innerhalb ihres Gebietes stationirten
Truppen des Bundesheeres zugestanden. Die Mannschaften leisten überall dem
Kontingentsherrn mit Einschaltung der verfassungsmäßigen, die Gehorscnnspflicht
gegen den Kaiser betreffenden Klausel den Fahneneid.

Außer Baiern hat nur noch das Herzogtum Braunschweig leine Militär¬
konvention mit dem führenden deutschen Staate abgeschlossen. Das Verhältnis
der braunschweigischen Truppen regelt sich deshalb lediglich uach den Festsetzungen
der Reichsverfassung. Der Kaiser hat von dem ihm zustehenden Dislvkations-
rechte durch Verlegung des Infanterieregiments uach Metz thatsächlich Gebrauch
gemacht, auch bereits wiederholt preußische Offiziere zur Führung der Regimenter
kommandirt. Doch führen die Truppenteile (Infanterieregiment Ur. 92, Husaren¬
regiment Ur. 17, eine Batterie) durchgehende Nummern, sind den preußische»


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/620>, abgerufen am 08.09.2024.