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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Notiz.

und aus welchen Gründen sie dereinst dem Grafen von Altenschwerdt ihre Hand
gereicht hatte, obwohl sie damit bekannt sein mußte, daß er schon vermählt war.
Aber diese intimen Kenntnisse der Motive des Verbrechens sollten nach dem
Wunsche des Barons nicht in die Öffentlichkeit dringen, sie blieben ein Ge¬
heimnis zwischen den beiden alten Herren, Eberhardt und dem Untersuchungs¬
richter.

Was die Abstammung Eberhardts betraf, so konnte kein Zweifel mehr
darüber bestehen, daß er der ältere und legitime Sohn des Grafen Eberhardt
von Altenschwerdt sei. Baron Sextus hatte einen Wagen nach Scholldorf ge¬
schickt und den treuen Andrew holen lassen. Andrew war beauftragt worden,
sämtliche aus dem Brande des Wirtshauses geretteten Effekten seines Herrn nach
dem Schlosse zu schaffen, wohin der Baron Eberhardt und seinen Diener als
Gäste einlud. Noch im Laufe des Nachmittags war Andrew eingetroffen, und
aus den Dokumenten, welche sich in der - alten, mit dein Wappen der Alten-
schwerdts geschmückten Kassette vorfanden, ergab sich die.volle Bestätigung der
Angaben des Freiherrn von Valdeghem und der ans dessen Korrespondenz her¬
vorgehenden Nachrichten aus jener vergangenen Zeit, welche die Keime zu den
verderblichen Früchten der letzten Tage getragen hatte.

(Fortsetzung folgt.)




Notiz.

Eine südamerikanische Kolonisationsgesellschaft. Seit einiger Zeit
mehren sich in unserm Vaterland? die Bestrebungen, eine deutsche Kolonisation in
Angriff zu nehmen, den deutschen überseeischen Handel zu heben, die deutschen
Interessen im Auslande zu fördern. Der Verein für Handclsgevgrnphie, der west¬
deutsche Verein für Kolonisation und Export, der deutsche Kolouialverein in Frank¬
furt bilden Mittelpunkte für diese eng miteinander verknüpften und in untrenn¬
barer Wechselwirkung zu einander stehenden Ziele. Vor etwa Jahresfrist nun
haben patriotische Männer, welche den genannten Vereinen angehören oder doch in
naher Beziehung zu ihnen stehen, eine südamerikanische Kolonisationsgesellschaft be¬
gründet, die ihren Sitz in Leipzig hat, und deren Zweck es ist, die bisher vor¬
wiegend theoretisch behandelte Frage deutscher Kolonisation ans privatwirtschaftlichen
Wege nunmehr auch ins Praktische zu übertragen.

Das erwählte Feld ihrer Thätigkeit findet diese Gesellschaft, wie schon ihr
Name andeutet, im südlichen Amerika, und hier kamen aus mancherlei Gründen,
deren Aufzählung zu weit fuhren würde, namentlich Argentinien und das nach
den blutigen Kriegen jetzt zu neuer Blüte sich entwickelnde Paraguay in Betracht.
Ein Herr Lezama in Buenos Ayres bot große, ihm gehörige Landstrecken (so¬
genannte tods), welche am Jguazü auf der Grenze zwischen Argentinien, Brasilien
und Paraguay gelegen sind, unter günstigen Bedingungen zum Kauf an, und um


Notiz.

und aus welchen Gründen sie dereinst dem Grafen von Altenschwerdt ihre Hand
gereicht hatte, obwohl sie damit bekannt sein mußte, daß er schon vermählt war.
Aber diese intimen Kenntnisse der Motive des Verbrechens sollten nach dem
Wunsche des Barons nicht in die Öffentlichkeit dringen, sie blieben ein Ge¬
heimnis zwischen den beiden alten Herren, Eberhardt und dem Untersuchungs¬
richter.

Was die Abstammung Eberhardts betraf, so konnte kein Zweifel mehr
darüber bestehen, daß er der ältere und legitime Sohn des Grafen Eberhardt
von Altenschwerdt sei. Baron Sextus hatte einen Wagen nach Scholldorf ge¬
schickt und den treuen Andrew holen lassen. Andrew war beauftragt worden,
sämtliche aus dem Brande des Wirtshauses geretteten Effekten seines Herrn nach
dem Schlosse zu schaffen, wohin der Baron Eberhardt und seinen Diener als
Gäste einlud. Noch im Laufe des Nachmittags war Andrew eingetroffen, und
aus den Dokumenten, welche sich in der - alten, mit dein Wappen der Alten-
schwerdts geschmückten Kassette vorfanden, ergab sich die.volle Bestätigung der
Angaben des Freiherrn von Valdeghem und der ans dessen Korrespondenz her¬
vorgehenden Nachrichten aus jener vergangenen Zeit, welche die Keime zu den
verderblichen Früchten der letzten Tage getragen hatte.

(Fortsetzung folgt.)




Notiz.

Eine südamerikanische Kolonisationsgesellschaft. Seit einiger Zeit
mehren sich in unserm Vaterland? die Bestrebungen, eine deutsche Kolonisation in
Angriff zu nehmen, den deutschen überseeischen Handel zu heben, die deutschen
Interessen im Auslande zu fördern. Der Verein für Handclsgevgrnphie, der west¬
deutsche Verein für Kolonisation und Export, der deutsche Kolouialverein in Frank¬
furt bilden Mittelpunkte für diese eng miteinander verknüpften und in untrenn¬
barer Wechselwirkung zu einander stehenden Ziele. Vor etwa Jahresfrist nun
haben patriotische Männer, welche den genannten Vereinen angehören oder doch in
naher Beziehung zu ihnen stehen, eine südamerikanische Kolonisationsgesellschaft be¬
gründet, die ihren Sitz in Leipzig hat, und deren Zweck es ist, die bisher vor¬
wiegend theoretisch behandelte Frage deutscher Kolonisation ans privatwirtschaftlichen
Wege nunmehr auch ins Praktische zu übertragen.

Das erwählte Feld ihrer Thätigkeit findet diese Gesellschaft, wie schon ihr
Name andeutet, im südlichen Amerika, und hier kamen aus mancherlei Gründen,
deren Aufzählung zu weit fuhren würde, namentlich Argentinien und das nach
den blutigen Kriegen jetzt zu neuer Blüte sich entwickelnde Paraguay in Betracht.
Ein Herr Lezama in Buenos Ayres bot große, ihm gehörige Landstrecken (so¬
genannte tods), welche am Jguazü auf der Grenze zwischen Argentinien, Brasilien
und Paraguay gelegen sind, unter günstigen Bedingungen zum Kauf an, und um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/542>, abgerufen am 08.09.2024.