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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Fritz Reuters Haushund.

Nun ahn' ich wohl, wohin ihr zieht
Und wem ihr gebt das Grabgeleit;
O, nehmt mit euch dies schlichte Lied,
Ein treues Herz hat eS geweiht;
Und legt es an des Hügels Fuß
Und diese Thräne legt dazu:
Dem wackern Meister letzter Gruß,
Der drunten schläft in süßer Ruh!
Dann aber kehrt mit Sang und Duft
Zur alten Heimat wieder ein
Und glaubt, um dieses Sängers Gruft
Wird doch ein co'ger Frühling sein.
Wie Reuters Name fort und fort
In deutschen Herzen bleibet jung,
Schwebt stets um seines Hügels Port
Der Frühling der Erinnerung!

Ja; der Frühling der Erinnerung wird, so lange die alte Sassensprache, so
lange die deutsche Sprache lebt, um Reuters Grabstätte schweben. Am Fuße
der Wartburg, auf dein neuen Eisenacher Friedhofe, erhebt sich sein prächtiges
Monument, und die vom Bildhauer Afinger geschaffene Marmvrbüste des
Dichters schaut weit in die lachende Landschaft bis hinauf zu dem Berge, wo''
Martin Luther seine Bibelübersetzung schrieb.

Viele ehrenvolle Zeichen der Liebe und Bewunderung werden von den Be¬
suchern des Denkmals hier jahraus, jahrein niedergelegt; wohl keins aber ist
rührender als das eines armen reisenden Handwerksgesellen, der -- vielleicht
für die letzten Pfennige seiner kleinen Baarschaft -- einen grünen Kranz kaufte
und ihn mit einem Blättchen Papier über das Eisengitter warf. Darauf standen
die schlichten Worte:


En armen Hcmdwarksbnrsch is hier Wesen,
De hett dinen Henne Unke lesen.



Fritz Reuters Haushund.

Nun ahn' ich wohl, wohin ihr zieht
Und wem ihr gebt das Grabgeleit;
O, nehmt mit euch dies schlichte Lied,
Ein treues Herz hat eS geweiht;
Und legt es an des Hügels Fuß
Und diese Thräne legt dazu:
Dem wackern Meister letzter Gruß,
Der drunten schläft in süßer Ruh!
Dann aber kehrt mit Sang und Duft
Zur alten Heimat wieder ein
Und glaubt, um dieses Sängers Gruft
Wird doch ein co'ger Frühling sein.
Wie Reuters Name fort und fort
In deutschen Herzen bleibet jung,
Schwebt stets um seines Hügels Port
Der Frühling der Erinnerung!

Ja; der Frühling der Erinnerung wird, so lange die alte Sassensprache, so
lange die deutsche Sprache lebt, um Reuters Grabstätte schweben. Am Fuße
der Wartburg, auf dein neuen Eisenacher Friedhofe, erhebt sich sein prächtiges
Monument, und die vom Bildhauer Afinger geschaffene Marmvrbüste des
Dichters schaut weit in die lachende Landschaft bis hinauf zu dem Berge, wo''
Martin Luther seine Bibelübersetzung schrieb.

Viele ehrenvolle Zeichen der Liebe und Bewunderung werden von den Be¬
suchern des Denkmals hier jahraus, jahrein niedergelegt; wohl keins aber ist
rührender als das eines armen reisenden Handwerksgesellen, der — vielleicht
für die letzten Pfennige seiner kleinen Baarschaft — einen grünen Kranz kaufte
und ihn mit einem Blättchen Papier über das Eisengitter warf. Darauf standen
die schlichten Worte:


En armen Hcmdwarksbnrsch is hier Wesen,
De hett dinen Henne Unke lesen.



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[0528] Fritz Reuters Haushund. Nun ahn' ich wohl, wohin ihr zieht Und wem ihr gebt das Grabgeleit; O, nehmt mit euch dies schlichte Lied, Ein treues Herz hat eS geweiht; Und legt es an des Hügels Fuß Und diese Thräne legt dazu: Dem wackern Meister letzter Gruß, Der drunten schläft in süßer Ruh! Dann aber kehrt mit Sang und Duft Zur alten Heimat wieder ein Und glaubt, um dieses Sängers Gruft Wird doch ein co'ger Frühling sein. Wie Reuters Name fort und fort In deutschen Herzen bleibet jung, Schwebt stets um seines Hügels Port Der Frühling der Erinnerung! Ja; der Frühling der Erinnerung wird, so lange die alte Sassensprache, so lange die deutsche Sprache lebt, um Reuters Grabstätte schweben. Am Fuße der Wartburg, auf dein neuen Eisenacher Friedhofe, erhebt sich sein prächtiges Monument, und die vom Bildhauer Afinger geschaffene Marmvrbüste des Dichters schaut weit in die lachende Landschaft bis hinauf zu dem Berge, wo'' Martin Luther seine Bibelübersetzung schrieb. Viele ehrenvolle Zeichen der Liebe und Bewunderung werden von den Be¬ suchern des Denkmals hier jahraus, jahrein niedergelegt; wohl keins aber ist rührender als das eines armen reisenden Handwerksgesellen, der — vielleicht für die letzten Pfennige seiner kleinen Baarschaft — einen grünen Kranz kaufte und ihn mit einem Blättchen Papier über das Eisengitter warf. Darauf standen die schlichten Worte: En armen Hcmdwarksbnrsch is hier Wesen, De hett dinen Henne Unke lesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/528>, abgerufen am 08.09.2024.