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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Di? Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

zu sehen. Dann würde die Amsterdamer Ausstellung dem Gemeinwesen wenigstens
einen positiven Nutzen bringen. Wir erhalten mit Hilfe von zahlreichen Mo¬
dellen, von plastischen Nachbildungen von Städten und Dörfern, von Relief¬
karten, Figuren und Kostümpuppen einen genauen Einblick in das Leben der
Eingebornen und der Ansiedler. Von allen Industriezweigen der erstern werden
uns interessante Proben vorgelegt, und namentlich sind es die Malayen, welche
durch ihre erstaunliche Fertigkeit in Schnitzereien aus Elfenbein und dem härtesten
Holz und in Metallarbeiter! sowohl aus Bronze wie aus Silber unsre volle
Bewunderung fordern. Mächtige Elephantenzähne sind mit Hunderten von ge¬
schnitzten Figuren und Pflanzen bedeckt, das Resultat eines Zeitaufwandes,
welcher sich unsrer Berechnung entzieht. Und doch ist mit dieser harten Ge¬
duldsprobe ein vollständiges Mobiliar aus einem eisenfesten, dunkelbraunen
Holze, wohl dem des Teakbaumes, nicht zu vergleichen. Die Rücken- und Arm¬
lehnen des Sophas und der Stühle, die Kanten und der Fuß des Tisches sind
mit tausenden von Blumen, Arabesken und phantastischen Gebilden umwebt,
die so fein und scharf herausgearbeitet sind, als ob man es hier mit der
Thätigkeit eines Ciseleurs zu thun hätte. Der glückliche Besitzer ist ein hollän¬
discher Millionär, welcher ein ganzes Kompartiinent mit diesem einzigen Mobiliar
ausstatten konnte.

Vor diesem Gebäude hätte man die abenteuerliche Fassade des Haupt-
Palastes aufrichten sollen, welche aus der Phantasie des französischen Architekten
Fouquiau entsprossen ist. Zwei mächtige viereckige Thürme, die oben mit einer
Pyramide aus Menschen- und Tierköpfeu abgeschlossen sind, flankiren die Vor¬
halle. Ein purpurrotes Velarium ist von dem einen zum andern gespannt, und
mächtige Elephanten und Sphinxgestalten, welche gar schreckhaft ans Stück und
gegipster Leinwand aufgebaut sind, stehen an den Wänden der Vorhalle umher.
Nach dieser grotesken Introduktion erwarten wir, daß sich in dem Innern des
Palastes die märchenhaften Wunder des Orients vor uns aufthun werden.
Aber der erste Blick des Eintretenden fällt auf kolossale Pyramiden von Liqueur-
flascheu. Wir brauchen nicht den Katalog zu befrage" und auch nicht die Eti¬
ketten der Flaschen zu lesen: wir wissen, daß eine so gewaltige Produktion uur
im gesegneten Lande des Genevers, in Holland, möglich ist. Das ist uicht nur
das nationalste, sondern eines das belangreichste Erzeugnis Hollands, dem etwa
nur noch die Käsefabrikation an die Seite zu setzen ist. Was die holländische
Abteilung sonst an industrielle" Erzeugnissen bietet, ist fast durchweg importirte
Waare, und die meisten Aussteller sind auch so ehrlich, auf ihren Geschüfts-
kartcn die Quelle anzugeben, ans welcher sie ihre Artikel beziehen. Es war
für uns erfreulich, zu beobachten, daß die deutsche Industrie einen wesentlichen
Teil des holländischen Bedarfs deckt. Die Folgezeit wird lehren, ob und in¬
wieweit Deutschland diese Stellung behaupten wird. Mir scheint weniger
Frankreich der Geguer zu sein, mit welchem Deutschland dabei zu rechnen haben


Di? Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin.

zu sehen. Dann würde die Amsterdamer Ausstellung dem Gemeinwesen wenigstens
einen positiven Nutzen bringen. Wir erhalten mit Hilfe von zahlreichen Mo¬
dellen, von plastischen Nachbildungen von Städten und Dörfern, von Relief¬
karten, Figuren und Kostümpuppen einen genauen Einblick in das Leben der
Eingebornen und der Ansiedler. Von allen Industriezweigen der erstern werden
uns interessante Proben vorgelegt, und namentlich sind es die Malayen, welche
durch ihre erstaunliche Fertigkeit in Schnitzereien aus Elfenbein und dem härtesten
Holz und in Metallarbeiter! sowohl aus Bronze wie aus Silber unsre volle
Bewunderung fordern. Mächtige Elephantenzähne sind mit Hunderten von ge¬
schnitzten Figuren und Pflanzen bedeckt, das Resultat eines Zeitaufwandes,
welcher sich unsrer Berechnung entzieht. Und doch ist mit dieser harten Ge¬
duldsprobe ein vollständiges Mobiliar aus einem eisenfesten, dunkelbraunen
Holze, wohl dem des Teakbaumes, nicht zu vergleichen. Die Rücken- und Arm¬
lehnen des Sophas und der Stühle, die Kanten und der Fuß des Tisches sind
mit tausenden von Blumen, Arabesken und phantastischen Gebilden umwebt,
die so fein und scharf herausgearbeitet sind, als ob man es hier mit der
Thätigkeit eines Ciseleurs zu thun hätte. Der glückliche Besitzer ist ein hollän¬
discher Millionär, welcher ein ganzes Kompartiinent mit diesem einzigen Mobiliar
ausstatten konnte.

Vor diesem Gebäude hätte man die abenteuerliche Fassade des Haupt-
Palastes aufrichten sollen, welche aus der Phantasie des französischen Architekten
Fouquiau entsprossen ist. Zwei mächtige viereckige Thürme, die oben mit einer
Pyramide aus Menschen- und Tierköpfeu abgeschlossen sind, flankiren die Vor¬
halle. Ein purpurrotes Velarium ist von dem einen zum andern gespannt, und
mächtige Elephanten und Sphinxgestalten, welche gar schreckhaft ans Stück und
gegipster Leinwand aufgebaut sind, stehen an den Wänden der Vorhalle umher.
Nach dieser grotesken Introduktion erwarten wir, daß sich in dem Innern des
Palastes die märchenhaften Wunder des Orients vor uns aufthun werden.
Aber der erste Blick des Eintretenden fällt auf kolossale Pyramiden von Liqueur-
flascheu. Wir brauchen nicht den Katalog zu befrage» und auch nicht die Eti¬
ketten der Flaschen zu lesen: wir wissen, daß eine so gewaltige Produktion uur
im gesegneten Lande des Genevers, in Holland, möglich ist. Das ist uicht nur
das nationalste, sondern eines das belangreichste Erzeugnis Hollands, dem etwa
nur noch die Käsefabrikation an die Seite zu setzen ist. Was die holländische
Abteilung sonst an industrielle» Erzeugnissen bietet, ist fast durchweg importirte
Waare, und die meisten Aussteller sind auch so ehrlich, auf ihren Geschüfts-
kartcn die Quelle anzugeben, ans welcher sie ihre Artikel beziehen. Es war
für uns erfreulich, zu beobachten, daß die deutsche Industrie einen wesentlichen
Teil des holländischen Bedarfs deckt. Die Folgezeit wird lehren, ob und in¬
wieweit Deutschland diese Stellung behaupten wird. Mir scheint weniger
Frankreich der Geguer zu sein, mit welchem Deutschland dabei zu rechnen haben


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[0519] Di? Ausstellung in Amsterdam und das Projekt einer Weltausstellung in Berlin. zu sehen. Dann würde die Amsterdamer Ausstellung dem Gemeinwesen wenigstens einen positiven Nutzen bringen. Wir erhalten mit Hilfe von zahlreichen Mo¬ dellen, von plastischen Nachbildungen von Städten und Dörfern, von Relief¬ karten, Figuren und Kostümpuppen einen genauen Einblick in das Leben der Eingebornen und der Ansiedler. Von allen Industriezweigen der erstern werden uns interessante Proben vorgelegt, und namentlich sind es die Malayen, welche durch ihre erstaunliche Fertigkeit in Schnitzereien aus Elfenbein und dem härtesten Holz und in Metallarbeiter! sowohl aus Bronze wie aus Silber unsre volle Bewunderung fordern. Mächtige Elephantenzähne sind mit Hunderten von ge¬ schnitzten Figuren und Pflanzen bedeckt, das Resultat eines Zeitaufwandes, welcher sich unsrer Berechnung entzieht. Und doch ist mit dieser harten Ge¬ duldsprobe ein vollständiges Mobiliar aus einem eisenfesten, dunkelbraunen Holze, wohl dem des Teakbaumes, nicht zu vergleichen. Die Rücken- und Arm¬ lehnen des Sophas und der Stühle, die Kanten und der Fuß des Tisches sind mit tausenden von Blumen, Arabesken und phantastischen Gebilden umwebt, die so fein und scharf herausgearbeitet sind, als ob man es hier mit der Thätigkeit eines Ciseleurs zu thun hätte. Der glückliche Besitzer ist ein hollän¬ discher Millionär, welcher ein ganzes Kompartiinent mit diesem einzigen Mobiliar ausstatten konnte. Vor diesem Gebäude hätte man die abenteuerliche Fassade des Haupt- Palastes aufrichten sollen, welche aus der Phantasie des französischen Architekten Fouquiau entsprossen ist. Zwei mächtige viereckige Thürme, die oben mit einer Pyramide aus Menschen- und Tierköpfeu abgeschlossen sind, flankiren die Vor¬ halle. Ein purpurrotes Velarium ist von dem einen zum andern gespannt, und mächtige Elephanten und Sphinxgestalten, welche gar schreckhaft ans Stück und gegipster Leinwand aufgebaut sind, stehen an den Wänden der Vorhalle umher. Nach dieser grotesken Introduktion erwarten wir, daß sich in dem Innern des Palastes die märchenhaften Wunder des Orients vor uns aufthun werden. Aber der erste Blick des Eintretenden fällt auf kolossale Pyramiden von Liqueur- flascheu. Wir brauchen nicht den Katalog zu befrage» und auch nicht die Eti¬ ketten der Flaschen zu lesen: wir wissen, daß eine so gewaltige Produktion uur im gesegneten Lande des Genevers, in Holland, möglich ist. Das ist uicht nur das nationalste, sondern eines das belangreichste Erzeugnis Hollands, dem etwa nur noch die Käsefabrikation an die Seite zu setzen ist. Was die holländische Abteilung sonst an industrielle» Erzeugnissen bietet, ist fast durchweg importirte Waare, und die meisten Aussteller sind auch so ehrlich, auf ihren Geschüfts- kartcn die Quelle anzugeben, ans welcher sie ihre Artikel beziehen. Es war für uns erfreulich, zu beobachten, daß die deutsche Industrie einen wesentlichen Teil des holländischen Bedarfs deckt. Die Folgezeit wird lehren, ob und in¬ wieweit Deutschland diese Stellung behaupten wird. Mir scheint weniger Frankreich der Geguer zu sein, mit welchem Deutschland dabei zu rechnen haben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/519>, abgerufen am 08.09.2024.