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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Zur Geschichte der Gegenreformation.

Unterschrift des Herzogs, da drängte ihn das Eingreifen Aldas in die knthvlische
Richtung.

Bei den engen Beziehungen der Niederlande zum deutschen Niederrhein,
bei dem tiefen Hasse, dem diesseits und jenseits der Grenze das spanische
Wesen begegnete, mußte jede Erhebung der Niederländer gegen Spanien in den
klevischen Gebieten deu festesten Rückhalt finden. Er konnte mir zerstört werden,
wenn in ihnen selbst die protestantische Bewegung niedergeworfen wurde. Nun
teilte zwar Johann Wilhelm mit seiner ganzen Umgebung die Abneigung gegen
Spanien, er verweigerte deshalb im Einvernehmen mit seinen Ständen den
Eintritt in den (katholischen) Landsberger Bund und that nichts dagegen, daß
Wilhelm von Oranien im Jahre 1568 bei seinen Unterthanen Förderung fand,
aber wenn ihm keine andre Wahl mehr blieb als Abfall von der alten Kirche
oder Unterwerfung unter Rom, dann entschied er sich doch schließlich für die
letztere. So erlangte Alba wenn nicht die Auslieferung, so doch die Auswei¬
sung der niederländischen Flüchtlinge (Oktober 1567), er schickte Anfang 1568
Dr. Taxis als stehenden Gesandten nach Düsseldorf, eine damals sehr auffällige
Maßregel, und im Jahre 1570 entschloß sich der Herzog, seinen ältesten Sohn
Karl Friedrich unter Leitung des streng katholischen Werner von Gymnich zur
Erziehung nach Wien zu senden und einen entschieden katholischen Hofprediger
anzunehmen, ja er genoß selbst das Abendmahl nach katholischem Ritus. Es
War die entscheidende Wendung. Abermals wurde das Religionsedikt von 1565
eingeschärft, die Notwendigkeit katholischer Ordination der Geistlichen betont,
ungehorsame Prediger entsetzt, gegen die Emigranten in Emmerich militärische
Exekution verfügt. In dieser Haltung fühlte sich der Herzog noch mehr bestärkt
durch den früher schon gehegten Plan, seinen zweiten Sohn Johann Wilhelm
zum Koadjutor des kränklichen Johann von Hoya in Münster zu erheben und
so das große Stift in engste Verbindung mit seinem Hause zu bringen. Nur
unter der Bedingung streng römischer Haltung aber versprach Alba den mäch¬
tigen Einfluß seines Königs in Rom dafür aufzubieten, ja er forderte Ende
März 1572 Garantien für die katholische Erziehung beider Prinzen, und als
nun im April desselben Jahres der Aufstand in den Niederlanden zu Heller
Flamme aufloderte, da mußte es ihm doppelt wichtig erscheinen, Kleve zum
Anschluß an Rom und Spanien zu bewegen. Die zunehmende Schwäche, welche
die Geisteskraft des Herzogs langsam zerstörte, erleichterte beiden Mächten das
Spiel. Weit entfernt davon, auf den Wunsch Klcves ohne weiteres einzugehen,
ließ Papst Gregor XIII. durch seinen Nuntius Kaspar Gropper dem Hofe in
Düsseldorf weitgehende Forderungen als Preis der erbetenen Unterstützung stellen:
streng katholische Erziehung Johann Wilhelms und auch der Prinzessinnen,
kräftige Unterdrückung der evangelischen Bewegung, regelmäßige Kirchenvisita¬
tionen, Katholisirung der Schulen vornehmlich zu Duisburg und Düsseldorf
(Dezember 1573 und Januar 1574). Während nun die Verhandlungen darüber


Grenzboten III. Z383. 37
Zur Geschichte der Gegenreformation.

Unterschrift des Herzogs, da drängte ihn das Eingreifen Aldas in die knthvlische
Richtung.

Bei den engen Beziehungen der Niederlande zum deutschen Niederrhein,
bei dem tiefen Hasse, dem diesseits und jenseits der Grenze das spanische
Wesen begegnete, mußte jede Erhebung der Niederländer gegen Spanien in den
klevischen Gebieten deu festesten Rückhalt finden. Er konnte mir zerstört werden,
wenn in ihnen selbst die protestantische Bewegung niedergeworfen wurde. Nun
teilte zwar Johann Wilhelm mit seiner ganzen Umgebung die Abneigung gegen
Spanien, er verweigerte deshalb im Einvernehmen mit seinen Ständen den
Eintritt in den (katholischen) Landsberger Bund und that nichts dagegen, daß
Wilhelm von Oranien im Jahre 1568 bei seinen Unterthanen Förderung fand,
aber wenn ihm keine andre Wahl mehr blieb als Abfall von der alten Kirche
oder Unterwerfung unter Rom, dann entschied er sich doch schließlich für die
letztere. So erlangte Alba wenn nicht die Auslieferung, so doch die Auswei¬
sung der niederländischen Flüchtlinge (Oktober 1567), er schickte Anfang 1568
Dr. Taxis als stehenden Gesandten nach Düsseldorf, eine damals sehr auffällige
Maßregel, und im Jahre 1570 entschloß sich der Herzog, seinen ältesten Sohn
Karl Friedrich unter Leitung des streng katholischen Werner von Gymnich zur
Erziehung nach Wien zu senden und einen entschieden katholischen Hofprediger
anzunehmen, ja er genoß selbst das Abendmahl nach katholischem Ritus. Es
War die entscheidende Wendung. Abermals wurde das Religionsedikt von 1565
eingeschärft, die Notwendigkeit katholischer Ordination der Geistlichen betont,
ungehorsame Prediger entsetzt, gegen die Emigranten in Emmerich militärische
Exekution verfügt. In dieser Haltung fühlte sich der Herzog noch mehr bestärkt
durch den früher schon gehegten Plan, seinen zweiten Sohn Johann Wilhelm
zum Koadjutor des kränklichen Johann von Hoya in Münster zu erheben und
so das große Stift in engste Verbindung mit seinem Hause zu bringen. Nur
unter der Bedingung streng römischer Haltung aber versprach Alba den mäch¬
tigen Einfluß seines Königs in Rom dafür aufzubieten, ja er forderte Ende
März 1572 Garantien für die katholische Erziehung beider Prinzen, und als
nun im April desselben Jahres der Aufstand in den Niederlanden zu Heller
Flamme aufloderte, da mußte es ihm doppelt wichtig erscheinen, Kleve zum
Anschluß an Rom und Spanien zu bewegen. Die zunehmende Schwäche, welche
die Geisteskraft des Herzogs langsam zerstörte, erleichterte beiden Mächten das
Spiel. Weit entfernt davon, auf den Wunsch Klcves ohne weiteres einzugehen,
ließ Papst Gregor XIII. durch seinen Nuntius Kaspar Gropper dem Hofe in
Düsseldorf weitgehende Forderungen als Preis der erbetenen Unterstützung stellen:
streng katholische Erziehung Johann Wilhelms und auch der Prinzessinnen,
kräftige Unterdrückung der evangelischen Bewegung, regelmäßige Kirchenvisita¬
tionen, Katholisirung der Schulen vornehmlich zu Duisburg und Düsseldorf
(Dezember 1573 und Januar 1574). Während nun die Verhandlungen darüber


Grenzboten III. Z383. 37
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[0297] Zur Geschichte der Gegenreformation. Unterschrift des Herzogs, da drängte ihn das Eingreifen Aldas in die knthvlische Richtung. Bei den engen Beziehungen der Niederlande zum deutschen Niederrhein, bei dem tiefen Hasse, dem diesseits und jenseits der Grenze das spanische Wesen begegnete, mußte jede Erhebung der Niederländer gegen Spanien in den klevischen Gebieten deu festesten Rückhalt finden. Er konnte mir zerstört werden, wenn in ihnen selbst die protestantische Bewegung niedergeworfen wurde. Nun teilte zwar Johann Wilhelm mit seiner ganzen Umgebung die Abneigung gegen Spanien, er verweigerte deshalb im Einvernehmen mit seinen Ständen den Eintritt in den (katholischen) Landsberger Bund und that nichts dagegen, daß Wilhelm von Oranien im Jahre 1568 bei seinen Unterthanen Förderung fand, aber wenn ihm keine andre Wahl mehr blieb als Abfall von der alten Kirche oder Unterwerfung unter Rom, dann entschied er sich doch schließlich für die letztere. So erlangte Alba wenn nicht die Auslieferung, so doch die Auswei¬ sung der niederländischen Flüchtlinge (Oktober 1567), er schickte Anfang 1568 Dr. Taxis als stehenden Gesandten nach Düsseldorf, eine damals sehr auffällige Maßregel, und im Jahre 1570 entschloß sich der Herzog, seinen ältesten Sohn Karl Friedrich unter Leitung des streng katholischen Werner von Gymnich zur Erziehung nach Wien zu senden und einen entschieden katholischen Hofprediger anzunehmen, ja er genoß selbst das Abendmahl nach katholischem Ritus. Es War die entscheidende Wendung. Abermals wurde das Religionsedikt von 1565 eingeschärft, die Notwendigkeit katholischer Ordination der Geistlichen betont, ungehorsame Prediger entsetzt, gegen die Emigranten in Emmerich militärische Exekution verfügt. In dieser Haltung fühlte sich der Herzog noch mehr bestärkt durch den früher schon gehegten Plan, seinen zweiten Sohn Johann Wilhelm zum Koadjutor des kränklichen Johann von Hoya in Münster zu erheben und so das große Stift in engste Verbindung mit seinem Hause zu bringen. Nur unter der Bedingung streng römischer Haltung aber versprach Alba den mäch¬ tigen Einfluß seines Königs in Rom dafür aufzubieten, ja er forderte Ende März 1572 Garantien für die katholische Erziehung beider Prinzen, und als nun im April desselben Jahres der Aufstand in den Niederlanden zu Heller Flamme aufloderte, da mußte es ihm doppelt wichtig erscheinen, Kleve zum Anschluß an Rom und Spanien zu bewegen. Die zunehmende Schwäche, welche die Geisteskraft des Herzogs langsam zerstörte, erleichterte beiden Mächten das Spiel. Weit entfernt davon, auf den Wunsch Klcves ohne weiteres einzugehen, ließ Papst Gregor XIII. durch seinen Nuntius Kaspar Gropper dem Hofe in Düsseldorf weitgehende Forderungen als Preis der erbetenen Unterstützung stellen: streng katholische Erziehung Johann Wilhelms und auch der Prinzessinnen, kräftige Unterdrückung der evangelischen Bewegung, regelmäßige Kirchenvisita¬ tionen, Katholisirung der Schulen vornehmlich zu Duisburg und Düsseldorf (Dezember 1573 und Januar 1574). Während nun die Verhandlungen darüber Grenzboten III. Z383. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/297>, abgerufen am 08.09.2024.