Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.Zur Dialektschreibung.
Wir zweifeln nun keinen Augenblick, daß Bormann die Frage, wie die Trotzdem, daß die Art, wie Bormann den Leipziger Dialekt schreibt, das Zur Dialektschreibung.
Wir zweifeln nun keinen Augenblick, daß Bormann die Frage, wie die Trotzdem, daß die Art, wie Bormann den Leipziger Dialekt schreibt, das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0250" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153697"/> <fw type="header" place="top"> Zur Dialektschreibung.</fw><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_4" type="poem"> <l> Un gerne' mer us'en Gobbe stehen —<lb/> Bei'n wccchen klingle uns 's Stimmband nich.</l> <l> Na, gorz un gut, in Andorneedhen<lb/> Gau ich de Feder diefgeriehrt,<lb/> Weil das b, was mir emsig reden,<lb/> Noch gar nich schriftlich exestirt.</l> <l> Hinwiedrum frag' ich: Schreien die Beene<lb/> Sich in der Mitte mit den h?<lb/> Wie scheene raus war der Heitere<lb/> Mit seinen langten ? dal</l> <l> Ach, so zu schreiwen, wie mersch Heeren,<lb/> Bleibt ewig wohl ä Scheerer Troom,<lb/> Wie gerne schriew' ich gleich Homeren<lb/> Mit den Äbbclboom!</l> <l> Das ooch bereit ich noch den Grinsen,<lb/> Daß nämlich mit so wenig Mich<lb/> Sie aus zwee simbeln Federstrichen<lb/> Sich fawrizirn ihr hibschcs</l> <l> Ich muß nur eegal ruiusachiren,<lb/> Mit den verflixten Dinge es,<lb/> Un wiedrum doch mich oft scheuireu<lb/> Und schrcilve „ja" states richt'gar „cha."</l> <l> So qucel' ich mit den Alphawede<lb/> Gatzbalgend Dag fer Dag mich rum;<lb/> Un mach ich mir 'ne Extrafreede,<lb/> So nimm, o Welt, das nich gleich krumm!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1024"> Wir zweifeln nun keinen Augenblick, daß Bormann die Frage, wie die<lb/> Leipziger Mundart wohl am besten zu Papiere zu bringen sei, sehr ernstlich<lb/> erwogen habe. Im Gegenteil, wir glauben, daß er etwas zu viel über seinen<lb/> Dialektspäßen gediftelt, zuviel daran geheftete hat und dabei schließlich bis¬<lb/> weilen auf etwas verkehrtes verfallen ist. Daß dies der Fall sein muß, lehrt<lb/> schon folgende Thatsache. Ein Süddeutscher, ein Schwabe, der in Leipzig zu<lb/> Besuch war, versuchte die „Boesieen" Bormanns, die ihm als erheiternde Lektüre<lb/> empfohlen worden waren, zu lesen, legte sie aber bald wieder halb enttäuscht<lb/> aus der Hand, weil vieles darin „schwer zu verstehen" sei. Als wir ihm dann<lb/> ein paar von den Gedichten vorlasen, wollte er sich ausschütten vor Lachen<lb/> und wollte nicht glauben, daß das alles so einfach und verständlich dastehe! Da<lb/> haben wir ja den Beweis, daß die Sächelchen sich anders, nämlich einfacher,<lb/> schreiben lassen müssen. Und so ist es denn auch.</p><lb/> <p xml:id="ID_1025" next="#ID_1026"> Trotzdem, daß die Art, wie Bormann den Leipziger Dialekt schreibt, das<lb/> Ergebnis reiflicher Überlegung ist, macht sie doch vielfach den Eindruck des<lb/> Äußerlichen und Mechanischen. Es sieht z. B. so aus, als ob er bei den La¬<lb/> biaten und Dentalen ganz mechanisch die sogenannte Tennis (t, p) stets in die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0250]
Zur Dialektschreibung.
Un gerne' mer us'en Gobbe stehen —
Bei'n wccchen klingle uns 's Stimmband nich. Na, gorz un gut, in Andorneedhen
Gau ich de Feder diefgeriehrt,
Weil das b, was mir emsig reden,
Noch gar nich schriftlich exestirt. Hinwiedrum frag' ich: Schreien die Beene
Sich in der Mitte mit den h?
Wie scheene raus war der Heitere
Mit seinen langten ? dal Ach, so zu schreiwen, wie mersch Heeren,
Bleibt ewig wohl ä Scheerer Troom,
Wie gerne schriew' ich gleich Homeren
Mit den Äbbclboom! Das ooch bereit ich noch den Grinsen,
Daß nämlich mit so wenig Mich
Sie aus zwee simbeln Federstrichen
Sich fawrizirn ihr hibschcs Ich muß nur eegal ruiusachiren,
Mit den verflixten Dinge es,
Un wiedrum doch mich oft scheuireu
Und schrcilve „ja" states richt'gar „cha." So qucel' ich mit den Alphawede
Gatzbalgend Dag fer Dag mich rum;
Un mach ich mir 'ne Extrafreede,
So nimm, o Welt, das nich gleich krumm!
Wir zweifeln nun keinen Augenblick, daß Bormann die Frage, wie die
Leipziger Mundart wohl am besten zu Papiere zu bringen sei, sehr ernstlich
erwogen habe. Im Gegenteil, wir glauben, daß er etwas zu viel über seinen
Dialektspäßen gediftelt, zuviel daran geheftete hat und dabei schließlich bis¬
weilen auf etwas verkehrtes verfallen ist. Daß dies der Fall sein muß, lehrt
schon folgende Thatsache. Ein Süddeutscher, ein Schwabe, der in Leipzig zu
Besuch war, versuchte die „Boesieen" Bormanns, die ihm als erheiternde Lektüre
empfohlen worden waren, zu lesen, legte sie aber bald wieder halb enttäuscht
aus der Hand, weil vieles darin „schwer zu verstehen" sei. Als wir ihm dann
ein paar von den Gedichten vorlasen, wollte er sich ausschütten vor Lachen
und wollte nicht glauben, daß das alles so einfach und verständlich dastehe! Da
haben wir ja den Beweis, daß die Sächelchen sich anders, nämlich einfacher,
schreiben lassen müssen. Und so ist es denn auch.
Trotzdem, daß die Art, wie Bormann den Leipziger Dialekt schreibt, das
Ergebnis reiflicher Überlegung ist, macht sie doch vielfach den Eindruck des
Äußerlichen und Mechanischen. Es sieht z. B. so aus, als ob er bei den La¬
biaten und Dentalen ganz mechanisch die sogenannte Tennis (t, p) stets in die
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