Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.vom'alten und neuen Griechenland. bei den heutigen Griechen niemals versagt. Starke Gründe waren für beide Athen ist leicht zu erreichen und es besitzt in dem Nationalmuseum an der Der Verstand, hat man gesagt, weist die Funde nach Athen, das Gefühl vom'alten und neuen Griechenland. bei den heutigen Griechen niemals versagt. Starke Gründe waren für beide Athen ist leicht zu erreichen und es besitzt in dem Nationalmuseum an der Der Verstand, hat man gesagt, weist die Funde nach Athen, das Gefühl <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0552" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153301"/> <fw type="header" place="top"> vom'alten und neuen Griechenland.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2144" prev="#ID_2143"> bei den heutigen Griechen niemals versagt. Starke Gründe waren für beide<lb/> Meinungen ins Feld geführt worden, sowohl für diejenige, welche die Funde<lb/> an Ort und Stelle aufbewahrt wissen wollte, als für die, welche sie nach Athen<lb/> als dem natürlichen und immer wichtiger werdenden Sammelpunkte der dem<lb/> hellenischen Boden abgewonnenen Schätze überzuführen riet.</p><lb/> <p xml:id="ID_2145"> Athen ist leicht zu erreichen und es besitzt in dem Nationalmuseum an der<lb/> Patissiastraße — gleichfalls der Spendung eines reichen Bankherrn — Herr'<lb/> liebe Räume, die noch lange nicht ausgefüllt sind, die vielmehr nach größerm<lb/> und reicheren Inhalt ordentlich sich zu sehnen scheinen. Das Studium der<lb/> Kunstwerke wäre hier ohne Frage weit bequemer. Aber auch in dem Punkte<lb/> der Sicherheit würde ihre Unterbringung in Athen ganz andre Bürgschaften<lb/> gewähren, als bei einem Museum möglich ist, das in eine menschenverlassene,<lb/> von den Verkehrswegen abgelegene Gegend hineingestellt wird, und dessen Bau<lb/> noch Jahre erfordert, während man wünschen muß, daß die Befreiung der edeln<lb/> Kunstgebilde aus den in jedem Betracht ungenügenden Holzschuppen, denen sie<lb/> noch immer anvertraut sind, sobald als nur möglich erfolge: je eher je besser.<lb/> Dort am Alpheios sind sie freilich glücklich, daß der bescheidene Zustrom von<lb/> Fremden, den sie seit sechs Jahren so angenehm empfunden, nun niemals wieder<lb/> ganz versiegen wird. Aber die Interessen von uns Abendländern sind nicht<lb/> ganz dieselben wie die der biedern Bewohner von Pyrgos. Die Reise nach<lb/> Olympia wird für alle Zukunft umständlich, zeitraubend, der Aufenthalt daselbst<lb/> einen Teil des Jahres ungesund sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2146" next="#ID_2147"> Der Verstand, hat man gesagt, weist die Funde nach Athen, das Gefühl<lb/> nach Olympia. Doch muß gesagt werden, daß auch für Olympia nicht bloß<lb/> Gefühlsgründe sich geltend machen ließen. Auch sachliche Gründe sprachen<lb/> dafür, die Kunstwerke in unmittelbarer Nähe der Stätte zu vereinigen, für die<lb/> sie bestimmt waren, deren Schmuck sie einst gebildet haben. Schon um Zu¬<lb/> sammengehöriges nicht zu trennen. Denn alle aufgedeckten Altertümer könnten<lb/> ja unmöglich in ein Museum übergeführt werden. Die mächtigen Überreste der<lb/> Tempel und Säulenhallen liegen unbeweglich an der Stelle, wo sie von<lb/> furchtbaren Naturgewalten hingestreckt worden sind. Die ungeheuern Massen<lb/> der architektonischen Bruchteile ließen sich auf keinen Fall fortschaffen, und es<lb/> müßte für ihre Erhaltung an Ort und Stelle Sorge getragen werden, auch<lb/> wenn man alle Werke der Bildnerei und der Kleinkunst nebst einem Teil der<lb/> feinern Architekturglieder, insbesondre die bemalten Terracotten, in das<lb/> Museum der Hauptstadt überführen wollte. Allein es ist überhaupt Ge¬<lb/> winn, wenn eine Trennung vermieden werden kann. Die Funde von Olympia<lb/> bilden in besonderen Sinne ein Ganzes, das zusammengehört, das weder<lb/> mit andern Werken der Kunst vermischt noch in seine einzelnen Bestand¬<lb/> teile aufgelöst werden will. So außerordentlich hohen Wertes auch ein¬<lb/> zelne Funde für sich sind, so besteht doch der vornehmste Wert des Aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0552]
vom'alten und neuen Griechenland.
bei den heutigen Griechen niemals versagt. Starke Gründe waren für beide
Meinungen ins Feld geführt worden, sowohl für diejenige, welche die Funde
an Ort und Stelle aufbewahrt wissen wollte, als für die, welche sie nach Athen
als dem natürlichen und immer wichtiger werdenden Sammelpunkte der dem
hellenischen Boden abgewonnenen Schätze überzuführen riet.
Athen ist leicht zu erreichen und es besitzt in dem Nationalmuseum an der
Patissiastraße — gleichfalls der Spendung eines reichen Bankherrn — Herr'
liebe Räume, die noch lange nicht ausgefüllt sind, die vielmehr nach größerm
und reicheren Inhalt ordentlich sich zu sehnen scheinen. Das Studium der
Kunstwerke wäre hier ohne Frage weit bequemer. Aber auch in dem Punkte
der Sicherheit würde ihre Unterbringung in Athen ganz andre Bürgschaften
gewähren, als bei einem Museum möglich ist, das in eine menschenverlassene,
von den Verkehrswegen abgelegene Gegend hineingestellt wird, und dessen Bau
noch Jahre erfordert, während man wünschen muß, daß die Befreiung der edeln
Kunstgebilde aus den in jedem Betracht ungenügenden Holzschuppen, denen sie
noch immer anvertraut sind, sobald als nur möglich erfolge: je eher je besser.
Dort am Alpheios sind sie freilich glücklich, daß der bescheidene Zustrom von
Fremden, den sie seit sechs Jahren so angenehm empfunden, nun niemals wieder
ganz versiegen wird. Aber die Interessen von uns Abendländern sind nicht
ganz dieselben wie die der biedern Bewohner von Pyrgos. Die Reise nach
Olympia wird für alle Zukunft umständlich, zeitraubend, der Aufenthalt daselbst
einen Teil des Jahres ungesund sein.
Der Verstand, hat man gesagt, weist die Funde nach Athen, das Gefühl
nach Olympia. Doch muß gesagt werden, daß auch für Olympia nicht bloß
Gefühlsgründe sich geltend machen ließen. Auch sachliche Gründe sprachen
dafür, die Kunstwerke in unmittelbarer Nähe der Stätte zu vereinigen, für die
sie bestimmt waren, deren Schmuck sie einst gebildet haben. Schon um Zu¬
sammengehöriges nicht zu trennen. Denn alle aufgedeckten Altertümer könnten
ja unmöglich in ein Museum übergeführt werden. Die mächtigen Überreste der
Tempel und Säulenhallen liegen unbeweglich an der Stelle, wo sie von
furchtbaren Naturgewalten hingestreckt worden sind. Die ungeheuern Massen
der architektonischen Bruchteile ließen sich auf keinen Fall fortschaffen, und es
müßte für ihre Erhaltung an Ort und Stelle Sorge getragen werden, auch
wenn man alle Werke der Bildnerei und der Kleinkunst nebst einem Teil der
feinern Architekturglieder, insbesondre die bemalten Terracotten, in das
Museum der Hauptstadt überführen wollte. Allein es ist überhaupt Ge¬
winn, wenn eine Trennung vermieden werden kann. Die Funde von Olympia
bilden in besonderen Sinne ein Ganzes, das zusammengehört, das weder
mit andern Werken der Kunst vermischt noch in seine einzelnen Bestand¬
teile aufgelöst werden will. So außerordentlich hohen Wertes auch ein¬
zelne Funde für sich sind, so besteht doch der vornehmste Wert des Aus-
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