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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Bewegungen im deutschen Buchhandel.

auswärts herrschte -- in Leipzig nicht einmal große Mühe, gemeinschaftlich über
die herrschenden Bewegungen, über ihren möglichen Einfluß auf Leipzig als
Kommissionsplatz und über die zu denselben einzunehmende Stellung zu beraten
und sich zu verständigen. Im Verein der Buchhändler Leipzigs ist allerdings
der Leipziger Gesamtbuchhandel zusammengeschlossen, aber -- luous g, non In-
(ZMÄo -- er ist, abgesehen von der Leitung seiner Platzinstitute (der Bestell¬
anstalt, d. i. der Zettelpost, und der Buchhändlerlehranstalt), ein Verein fast
ohne Vereinsthätigkeit, und deshalb hat er sich auch nie geschlossen an den
Aktionen des Börsenvereins, von dem er einen starken Bruchteil bildet, beteiligt
oder auf diese, wie die Außenstehenden vermuteten, nach gemeinsamer Parole
eingewirkt. Indem man ihn überwältigte -- es geschah dadurch, daß man
bei der notwendig gewordenen Revision des Statuts für den Börsenverein einen
Paragraphen durchsetzte, der durch Einführung der Stimmenvertretung außer¬
halb Leipzigs domizilirender Börseuvereinsmitglieder das Übergewicht der bei den
in Leipzig stattfindenden Generalversammlungen numerisch gewöhnlich vor¬
herrschenden Leipziger aufzuheben bestimmt war -- war aber auch alles er¬
reicht, was durch das Zusammenhalten der Antileipziger erreicht werden konnte.
Das, was die Sortimenter in Wirklichkeit anstrebten, war damit noch nicht durch¬
gesetzt und, wie sich bald herausstellte, noch nicht einmal seiner Verwirklichung
näher gebracht worden.

Der Börsenverein, von dem man nun erwartete, daß er die Sache der
Sortimenter bez. des Verbands zu der seinigen machen werde, war nicht in der
Lage, auch wenn sein Vorstand einmütig dafür eingetreten wäre, den Sortimenter-
interessen gerecht zu werden, denn die, welche sich bisher ablehnend gegen die letz¬
tern verhalten hatten, die Verleger, waren sein gewichtigeres und tonangebendes
Element, an dessen Widerstand auch das, wie hier hervorgehoben werden soll,
durchaus loyale Auftreten des ersten Vorsitzenden A. Kröner im Sinne seiner
Mandanten aus Sortimenterkreisen gescheitert ist. Die Verleger waren ja nicht
ohne Recht, wenn sie sich zurückhaltend verhielten, denn die Sortimenter ver¬
mochten nicht ihren Tendenzen in klaren und durchführbaren Vorschlägen Aus¬
druck zu geben. Die Vorschläge, welche gemacht, und die Schritte, welche ver¬
sucht wurden, waren augenscheinlich unpraktisch und konnten bei den Verlegern
kein Entgegenkommen finden. Daß man sich aber dort darauf beschränkte, trotz
der doch offen daliegenden Mißstände sich einfach ablehnend zu Verhalten, war
ein Fehler, der leicht für den Börsenverein verhängnisvoll hätte werden können
und noch werden kann, und der in der Besorgnis, daß man die in der Ver¬
folgung andrer Zwecke erblickte Aufgabe des Börsenvereins dadurch gefährden
würde, daß man ihn in die Sortimenterbewegung verwickelte, keine Rechtfertigung
findet. Gerade durch die ängstliche Zurückhaltung hat man den Börsenverein
in Gefahr gebracht, und den Vertretern dieses Standpunktes ist trotz ihrer
guten Absichten der Vorwurf nicht zu ersparen, daß ihre Kurzsichtigkeit die Ge-


Bewegungen im deutschen Buchhandel.

auswärts herrschte — in Leipzig nicht einmal große Mühe, gemeinschaftlich über
die herrschenden Bewegungen, über ihren möglichen Einfluß auf Leipzig als
Kommissionsplatz und über die zu denselben einzunehmende Stellung zu beraten
und sich zu verständigen. Im Verein der Buchhändler Leipzigs ist allerdings
der Leipziger Gesamtbuchhandel zusammengeschlossen, aber — luous g, non In-
(ZMÄo — er ist, abgesehen von der Leitung seiner Platzinstitute (der Bestell¬
anstalt, d. i. der Zettelpost, und der Buchhändlerlehranstalt), ein Verein fast
ohne Vereinsthätigkeit, und deshalb hat er sich auch nie geschlossen an den
Aktionen des Börsenvereins, von dem er einen starken Bruchteil bildet, beteiligt
oder auf diese, wie die Außenstehenden vermuteten, nach gemeinsamer Parole
eingewirkt. Indem man ihn überwältigte — es geschah dadurch, daß man
bei der notwendig gewordenen Revision des Statuts für den Börsenverein einen
Paragraphen durchsetzte, der durch Einführung der Stimmenvertretung außer¬
halb Leipzigs domizilirender Börseuvereinsmitglieder das Übergewicht der bei den
in Leipzig stattfindenden Generalversammlungen numerisch gewöhnlich vor¬
herrschenden Leipziger aufzuheben bestimmt war — war aber auch alles er¬
reicht, was durch das Zusammenhalten der Antileipziger erreicht werden konnte.
Das, was die Sortimenter in Wirklichkeit anstrebten, war damit noch nicht durch¬
gesetzt und, wie sich bald herausstellte, noch nicht einmal seiner Verwirklichung
näher gebracht worden.

Der Börsenverein, von dem man nun erwartete, daß er die Sache der
Sortimenter bez. des Verbands zu der seinigen machen werde, war nicht in der
Lage, auch wenn sein Vorstand einmütig dafür eingetreten wäre, den Sortimenter-
interessen gerecht zu werden, denn die, welche sich bisher ablehnend gegen die letz¬
tern verhalten hatten, die Verleger, waren sein gewichtigeres und tonangebendes
Element, an dessen Widerstand auch das, wie hier hervorgehoben werden soll,
durchaus loyale Auftreten des ersten Vorsitzenden A. Kröner im Sinne seiner
Mandanten aus Sortimenterkreisen gescheitert ist. Die Verleger waren ja nicht
ohne Recht, wenn sie sich zurückhaltend verhielten, denn die Sortimenter ver¬
mochten nicht ihren Tendenzen in klaren und durchführbaren Vorschlägen Aus¬
druck zu geben. Die Vorschläge, welche gemacht, und die Schritte, welche ver¬
sucht wurden, waren augenscheinlich unpraktisch und konnten bei den Verlegern
kein Entgegenkommen finden. Daß man sich aber dort darauf beschränkte, trotz
der doch offen daliegenden Mißstände sich einfach ablehnend zu Verhalten, war
ein Fehler, der leicht für den Börsenverein verhängnisvoll hätte werden können
und noch werden kann, und der in der Besorgnis, daß man die in der Ver¬
folgung andrer Zwecke erblickte Aufgabe des Börsenvereins dadurch gefährden
würde, daß man ihn in die Sortimenterbewegung verwickelte, keine Rechtfertigung
findet. Gerade durch die ängstliche Zurückhaltung hat man den Börsenverein
in Gefahr gebracht, und den Vertretern dieses Standpunktes ist trotz ihrer
guten Absichten der Vorwurf nicht zu ersparen, daß ihre Kurzsichtigkeit die Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/506>, abgerufen am 01.07.2024.