Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.T>in Bloomfieldschen Memoiren. Haus nebst Zubehör, ist vollständig zerstört, alle seine Dörfer sind verbrannt, und Am 21. Juli, nach einem Besuche des Königs von Hannover, schreibt der Ich habe keine Nachrichten, als ein schwermütiges Telegramm von Makel, Von erstaunlicher Unbekanntschaft mit den Verhältnissen und Persönlich¬ Motley ist ganz voll von den Veränderungen in Deutschland, er denkt, daß T>in Bloomfieldschen Memoiren. Haus nebst Zubehör, ist vollständig zerstört, alle seine Dörfer sind verbrannt, und Am 21. Juli, nach einem Besuche des Königs von Hannover, schreibt der Ich habe keine Nachrichten, als ein schwermütiges Telegramm von Makel, Von erstaunlicher Unbekanntschaft mit den Verhältnissen und Persönlich¬ Motley ist ganz voll von den Veränderungen in Deutschland, er denkt, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/153249"/> <fw type="header" place="top"> T>in Bloomfieldschen Memoiren.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1972" prev="#ID_1971"> Haus nebst Zubehör, ist vollständig zerstört, alle seine Dörfer sind verbrannt, und<lb/> die Gegend, die Russell mir als den schönsten Teilen von Kent ähnlich beschrieb,<lb/> ist samt einer Wunder verheißenden Ernte durchweg verwüstet. Die Salons<lb/> wurden in Hospitalabtheilungen verwandelt und mit Chloroform getränkt, die Da¬<lb/> mastvorhänge zu Verbandzeug zerschnitten. Die Preußen nahmen aus dem Gestüte<lb/> Graf Trautmannsdorffs alle Pferde weg und all sein schönes Rindvieh, obwohl es<lb/> hieß, Privateigentum werde geachtet werden >was nie zu geschehen braucht, soweit<lb/> die betreffenden Gegenstände zum Unterhalt des Soldaten erforderlich und überhaupt zur<lb/> Führung des Krieges zu verwenden sinds. Waldsteins schönes Schloß ist zerstört. Roth¬<lb/> schild hat Von Glück zu sagen, daß er den Feind nicht auf seinem stattlichen Gute zu<lb/> Schillersdorf gehabt hat... Die Leute flüchten in Schaaren herein aus Mähren, um<lb/> Schutz oder Sicherheit vor den Preußen zu suchen, die sich zwar in den Städten<lb/> gut aufführen, wo sie von den obern Offizieren gehörig beaufsichtigt werden, in<lb/> den Landdistrikten aber alles lebende Vieh weggenommen haben. Da die Schafe meist<lb/> Merinos sind, so essen sie dieselben nicht, sondern schicken sie fort Absurde Lügej,<lb/> um damit die Schafzucht auf den preußischen Gütern zu verbessern. Dem armen<lb/> Kinsky hat man alle seine Pferde weggenommen und all sein Linnen geplündert.<lb/> Die Prinzessin Vincenz Auersperg ist wütend, daß sie eiuen alten zwanzigjährigen<lb/> Pony von ihr entführt haben. Denke dir, daß die Fenier dir deinen Liebling<lb/> Pearly wegschleppten!</p><lb/> <p xml:id="ID_1973"> Am 21. Juli, nach einem Besuche des Königs von Hannover, schreibt der<lb/> Lord seiner Gemahlin: „Der König hat sich entschlossen, nicht der Vasall des<lb/> Königs von Preußen zu werden, und wenn er keine billigen Bedingungen er¬<lb/> langen kann, wird er im Auslande leben. Er ist persönlich reich, und ich kann<lb/> begreifen, daß ein stolzer Mann die erniedrigende Stellung von sich weist, die<lb/> Preußen für ihn vorbereitet." Ein Brief des Botschafters vom 26. Juli lautet:</p><lb/> <p xml:id="ID_1974"> Ich habe keine Nachrichten, als ein schwermütiges Telegramm von Makel,<lb/> der soeben mit den Resten des Bundestags nach Augsburg zurückgekehrt ist und<lb/> mich bittet, gegen Manteuffels Drohung zu Protestiren, Frankfurt werde der Plün¬<lb/> derung überliefert werden, wenn die Stadt fernerhin zögere, die ihr auferlegte<lb/> Kontribution von fünfundzwanzig Millionen Gulden an Preußen zu zahlen. Es<lb/> ist ein höchst wahnsinniges Verfahren auf Seiten eines Generals, wenn eine Stadt<lb/> keinen Widerstand geleistet hat, die Bürgerschaft zu strafen, weil sie immer zu<lb/> Österreich hin geneigt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1975"> Von erstaunlicher Unbekanntschaft mit den Verhältnissen und Persönlich¬<lb/> keiten der Zeit zeugt ein Brief vom 2. August, in welchem von einem Besuche<lb/> bei dem Gesandten der Vereinigten Staaten in Wien berichtet wird:</p><lb/> <p xml:id="ID_1976" next="#ID_1977"> Motley ist ganz voll von den Veränderungen in Deutschland, er denkt, daß<lb/> eine gute Ära über diese Nationalität gekommen ist, und daß sicher das Ergebnis<lb/> der Bismarckschen Politik ein starkes Wachsen des demokratischen Prinzips sein<lb/> wird. Ich denke ebenso, und wer weiß, ob wir ihn nicht noch einmal an der<lb/> Spitze der Fortschrittspartei sehen werden. Die deutschen Diplomaten haben einige<lb/> Ursache, überall Revolution zu fürchten, und sie sprechen von einer deutschen Re¬<lb/> publik. Ich denke indeß, Bismarck wird eine Weile imstande sein, sie im Zaume<lb/> zu halten." Mann man helleren Unsinn schreiben, widerspruchsvoller faseln? Und<lb/> das wollte ein Politiker, ein Staatsmann sein. Es gab aber damals viele eng-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
T>in Bloomfieldschen Memoiren.
Haus nebst Zubehör, ist vollständig zerstört, alle seine Dörfer sind verbrannt, und
die Gegend, die Russell mir als den schönsten Teilen von Kent ähnlich beschrieb,
ist samt einer Wunder verheißenden Ernte durchweg verwüstet. Die Salons
wurden in Hospitalabtheilungen verwandelt und mit Chloroform getränkt, die Da¬
mastvorhänge zu Verbandzeug zerschnitten. Die Preußen nahmen aus dem Gestüte
Graf Trautmannsdorffs alle Pferde weg und all sein schönes Rindvieh, obwohl es
hieß, Privateigentum werde geachtet werden >was nie zu geschehen braucht, soweit
die betreffenden Gegenstände zum Unterhalt des Soldaten erforderlich und überhaupt zur
Führung des Krieges zu verwenden sinds. Waldsteins schönes Schloß ist zerstört. Roth¬
schild hat Von Glück zu sagen, daß er den Feind nicht auf seinem stattlichen Gute zu
Schillersdorf gehabt hat... Die Leute flüchten in Schaaren herein aus Mähren, um
Schutz oder Sicherheit vor den Preußen zu suchen, die sich zwar in den Städten
gut aufführen, wo sie von den obern Offizieren gehörig beaufsichtigt werden, in
den Landdistrikten aber alles lebende Vieh weggenommen haben. Da die Schafe meist
Merinos sind, so essen sie dieselben nicht, sondern schicken sie fort Absurde Lügej,
um damit die Schafzucht auf den preußischen Gütern zu verbessern. Dem armen
Kinsky hat man alle seine Pferde weggenommen und all sein Linnen geplündert.
Die Prinzessin Vincenz Auersperg ist wütend, daß sie eiuen alten zwanzigjährigen
Pony von ihr entführt haben. Denke dir, daß die Fenier dir deinen Liebling
Pearly wegschleppten!
Am 21. Juli, nach einem Besuche des Königs von Hannover, schreibt der
Lord seiner Gemahlin: „Der König hat sich entschlossen, nicht der Vasall des
Königs von Preußen zu werden, und wenn er keine billigen Bedingungen er¬
langen kann, wird er im Auslande leben. Er ist persönlich reich, und ich kann
begreifen, daß ein stolzer Mann die erniedrigende Stellung von sich weist, die
Preußen für ihn vorbereitet." Ein Brief des Botschafters vom 26. Juli lautet:
Ich habe keine Nachrichten, als ein schwermütiges Telegramm von Makel,
der soeben mit den Resten des Bundestags nach Augsburg zurückgekehrt ist und
mich bittet, gegen Manteuffels Drohung zu Protestiren, Frankfurt werde der Plün¬
derung überliefert werden, wenn die Stadt fernerhin zögere, die ihr auferlegte
Kontribution von fünfundzwanzig Millionen Gulden an Preußen zu zahlen. Es
ist ein höchst wahnsinniges Verfahren auf Seiten eines Generals, wenn eine Stadt
keinen Widerstand geleistet hat, die Bürgerschaft zu strafen, weil sie immer zu
Österreich hin geneigt hat.
Von erstaunlicher Unbekanntschaft mit den Verhältnissen und Persönlich¬
keiten der Zeit zeugt ein Brief vom 2. August, in welchem von einem Besuche
bei dem Gesandten der Vereinigten Staaten in Wien berichtet wird:
Motley ist ganz voll von den Veränderungen in Deutschland, er denkt, daß
eine gute Ära über diese Nationalität gekommen ist, und daß sicher das Ergebnis
der Bismarckschen Politik ein starkes Wachsen des demokratischen Prinzips sein
wird. Ich denke ebenso, und wer weiß, ob wir ihn nicht noch einmal an der
Spitze der Fortschrittspartei sehen werden. Die deutschen Diplomaten haben einige
Ursache, überall Revolution zu fürchten, und sie sprechen von einer deutschen Re¬
publik. Ich denke indeß, Bismarck wird eine Weile imstande sein, sie im Zaume
zu halten." Mann man helleren Unsinn schreiben, widerspruchsvoller faseln? Und
das wollte ein Politiker, ein Staatsmann sein. Es gab aber damals viele eng-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |