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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Zur Lutherfeier.

mannichfache Weise für das Kommende vor und läßt es an Vorträgen, Schriften,
Zeitungsartikeln, Festkomitees und dergleichen nicht fehlen. Durchmustern wir
einmal die Mittel, die zur Verfügung stehen.

Festgottesdienste und Schnlfeierlichkeiten in allen protestantischen Städten
und Dörfern sind selbstverständlich. Was könnte auch angemesseneres, in
seiner Art wirksameres erdacht werden? Schade nur, daß es überwiegend nur
denen zu gute kommt, welche ohnehin schon innerlich der Sache anhängen.

Ähnliches gilt von der angekündigten oder bereits geschehenen Herausgabe
kleiner oder größerer, volkstümlicher oder gelehrter Schriften über Luther. Be¬
sonders sachgemäß müßte eine Lebensbeschreibung sein, welche in knappster Form,
in markigen, lichtvollen Zügen, in einem für jedermann lesbaren, verständlichen und
anziehenden Tone abgefaßt und womöglich mit Bildern geziert zu niedrigstem
Preise oder unentgeltlich massenhaft verbreitet würde. Die dazu erforderlichen
Ausgaben würden durch Vereine oder besondre Sammlungen leicht gedeckt werden
können. Hat sich doch kürzlich unter dem Vorgange angesehener Männer ein
"Verein für Reformationsgeschichte" gebildet. Vielleicht nimmt er die genannte
Aufgabe unter die seinigen auf, wie er denn nach seinen Statuten beabsichtigt,
"die Resultate gesicherter Forschung über die Entstehung unsrer evangelischen
Kirche, über die Persönlichkeiten und Thatsachen der Reformation lind über ihre
Wirkungen auf allen Gebieten des Volkslebens dem größern Publikum zugäng¬
licher zu machen, um das evangelische Bewußtsein durch unmittelbare Einführung
in die Geschichte unsrer Kirche zu befestigen und zu stärken."

Höchst erfreulich und dankenswert ist auch die bevorstehende, durch kaiser¬
liche Munifizenz geförderte Neuherausgabe von Luthers Werken. Nichts vermag
unmittelbarer in eines Menschen Wesen und Streben hinein zu versetzen als
die Schöpfungen seines eignen Geistes. Zu bedauern ist nur, daß der Kreis
der Bevorzugten, denen die für die Aneignung jener Werke unentbehrlichen
äußern und innern Voraussetzungen zu Gebote stehen, ein gar zu beschränkter
ist. Überhaupt aber kann das geschriebene Wort bei aller seiner Bedeutsamkeit
der Erreichung des zunächst vorschwebenden Zieles einer gelungenen Lutherfeier
überwiegend nur als Vorbereitung dienen. Es bedarf handgreiflicherer, mehr
in die Sinne fallender, packender und fortreißender Veranstaltungen.

An mehreren Orten wird die Errichtung eines Denkmals beabsichtigt.
Durchaus anerkennenswert, aber doch nur dann über engere Grenzen hinaus
wirkend, wenn jede größere Stadt, allen voran die Reichshauptstadt, ihren Be¬
wohnern und Besuchern die Gelegenheit verschaffte zu einer angemessenen An¬
schauung der äußern Erscheinung des Helden, dessen Name und Bild von Jugend
auf ihrem Geiste vorschwebt. Ohne Zweifel würden diese Erinnerungen dadurch
wesentlich aufgefrischt und vertieft werden. Wie viel die Malerei zur Verherr¬
lichung Luthers beitragen kann, dafür liefern zahlreiche Kunstwerke von Lucas
Cranach bis auf Spangenberg hinreichenden Beweis. Gewiß wird sie es auch


Zur Lutherfeier.

mannichfache Weise für das Kommende vor und läßt es an Vorträgen, Schriften,
Zeitungsartikeln, Festkomitees und dergleichen nicht fehlen. Durchmustern wir
einmal die Mittel, die zur Verfügung stehen.

Festgottesdienste und Schnlfeierlichkeiten in allen protestantischen Städten
und Dörfern sind selbstverständlich. Was könnte auch angemesseneres, in
seiner Art wirksameres erdacht werden? Schade nur, daß es überwiegend nur
denen zu gute kommt, welche ohnehin schon innerlich der Sache anhängen.

Ähnliches gilt von der angekündigten oder bereits geschehenen Herausgabe
kleiner oder größerer, volkstümlicher oder gelehrter Schriften über Luther. Be¬
sonders sachgemäß müßte eine Lebensbeschreibung sein, welche in knappster Form,
in markigen, lichtvollen Zügen, in einem für jedermann lesbaren, verständlichen und
anziehenden Tone abgefaßt und womöglich mit Bildern geziert zu niedrigstem
Preise oder unentgeltlich massenhaft verbreitet würde. Die dazu erforderlichen
Ausgaben würden durch Vereine oder besondre Sammlungen leicht gedeckt werden
können. Hat sich doch kürzlich unter dem Vorgange angesehener Männer ein
«Verein für Reformationsgeschichte" gebildet. Vielleicht nimmt er die genannte
Aufgabe unter die seinigen auf, wie er denn nach seinen Statuten beabsichtigt,
„die Resultate gesicherter Forschung über die Entstehung unsrer evangelischen
Kirche, über die Persönlichkeiten und Thatsachen der Reformation lind über ihre
Wirkungen auf allen Gebieten des Volkslebens dem größern Publikum zugäng¬
licher zu machen, um das evangelische Bewußtsein durch unmittelbare Einführung
in die Geschichte unsrer Kirche zu befestigen und zu stärken."

Höchst erfreulich und dankenswert ist auch die bevorstehende, durch kaiser¬
liche Munifizenz geförderte Neuherausgabe von Luthers Werken. Nichts vermag
unmittelbarer in eines Menschen Wesen und Streben hinein zu versetzen als
die Schöpfungen seines eignen Geistes. Zu bedauern ist nur, daß der Kreis
der Bevorzugten, denen die für die Aneignung jener Werke unentbehrlichen
äußern und innern Voraussetzungen zu Gebote stehen, ein gar zu beschränkter
ist. Überhaupt aber kann das geschriebene Wort bei aller seiner Bedeutsamkeit
der Erreichung des zunächst vorschwebenden Zieles einer gelungenen Lutherfeier
überwiegend nur als Vorbereitung dienen. Es bedarf handgreiflicherer, mehr
in die Sinne fallender, packender und fortreißender Veranstaltungen.

An mehreren Orten wird die Errichtung eines Denkmals beabsichtigt.
Durchaus anerkennenswert, aber doch nur dann über engere Grenzen hinaus
wirkend, wenn jede größere Stadt, allen voran die Reichshauptstadt, ihren Be¬
wohnern und Besuchern die Gelegenheit verschaffte zu einer angemessenen An¬
schauung der äußern Erscheinung des Helden, dessen Name und Bild von Jugend
auf ihrem Geiste vorschwebt. Ohne Zweifel würden diese Erinnerungen dadurch
wesentlich aufgefrischt und vertieft werden. Wie viel die Malerei zur Verherr¬
lichung Luthers beitragen kann, dafür liefern zahlreiche Kunstwerke von Lucas
Cranach bis auf Spangenberg hinreichenden Beweis. Gewiß wird sie es auch


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[0399] Zur Lutherfeier. mannichfache Weise für das Kommende vor und läßt es an Vorträgen, Schriften, Zeitungsartikeln, Festkomitees und dergleichen nicht fehlen. Durchmustern wir einmal die Mittel, die zur Verfügung stehen. Festgottesdienste und Schnlfeierlichkeiten in allen protestantischen Städten und Dörfern sind selbstverständlich. Was könnte auch angemesseneres, in seiner Art wirksameres erdacht werden? Schade nur, daß es überwiegend nur denen zu gute kommt, welche ohnehin schon innerlich der Sache anhängen. Ähnliches gilt von der angekündigten oder bereits geschehenen Herausgabe kleiner oder größerer, volkstümlicher oder gelehrter Schriften über Luther. Be¬ sonders sachgemäß müßte eine Lebensbeschreibung sein, welche in knappster Form, in markigen, lichtvollen Zügen, in einem für jedermann lesbaren, verständlichen und anziehenden Tone abgefaßt und womöglich mit Bildern geziert zu niedrigstem Preise oder unentgeltlich massenhaft verbreitet würde. Die dazu erforderlichen Ausgaben würden durch Vereine oder besondre Sammlungen leicht gedeckt werden können. Hat sich doch kürzlich unter dem Vorgange angesehener Männer ein «Verein für Reformationsgeschichte" gebildet. Vielleicht nimmt er die genannte Aufgabe unter die seinigen auf, wie er denn nach seinen Statuten beabsichtigt, „die Resultate gesicherter Forschung über die Entstehung unsrer evangelischen Kirche, über die Persönlichkeiten und Thatsachen der Reformation lind über ihre Wirkungen auf allen Gebieten des Volkslebens dem größern Publikum zugäng¬ licher zu machen, um das evangelische Bewußtsein durch unmittelbare Einführung in die Geschichte unsrer Kirche zu befestigen und zu stärken." Höchst erfreulich und dankenswert ist auch die bevorstehende, durch kaiser¬ liche Munifizenz geförderte Neuherausgabe von Luthers Werken. Nichts vermag unmittelbarer in eines Menschen Wesen und Streben hinein zu versetzen als die Schöpfungen seines eignen Geistes. Zu bedauern ist nur, daß der Kreis der Bevorzugten, denen die für die Aneignung jener Werke unentbehrlichen äußern und innern Voraussetzungen zu Gebote stehen, ein gar zu beschränkter ist. Überhaupt aber kann das geschriebene Wort bei aller seiner Bedeutsamkeit der Erreichung des zunächst vorschwebenden Zieles einer gelungenen Lutherfeier überwiegend nur als Vorbereitung dienen. Es bedarf handgreiflicherer, mehr in die Sinne fallender, packender und fortreißender Veranstaltungen. An mehreren Orten wird die Errichtung eines Denkmals beabsichtigt. Durchaus anerkennenswert, aber doch nur dann über engere Grenzen hinaus wirkend, wenn jede größere Stadt, allen voran die Reichshauptstadt, ihren Be¬ wohnern und Besuchern die Gelegenheit verschaffte zu einer angemessenen An¬ schauung der äußern Erscheinung des Helden, dessen Name und Bild von Jugend auf ihrem Geiste vorschwebt. Ohne Zweifel würden diese Erinnerungen dadurch wesentlich aufgefrischt und vertieft werden. Wie viel die Malerei zur Verherr¬ lichung Luthers beitragen kann, dafür liefern zahlreiche Kunstwerke von Lucas Cranach bis auf Spangenberg hinreichenden Beweis. Gewiß wird sie es auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/399>, abgerufen am 22.07.2024.