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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Drei Antworten.

Natürlich könnte man jedes populäre Buch in ähnlicher Weise mit Parallel¬
stellen belegen; das Mitgeteilte genügt um zu zeigen, wie thöricht es ist. in
solchen Trivialitäten ein Plagiat zu wittern.

v. Die Zusammenstellung ist zum Teil so künstlich gesucht, daß sie sich
auf nichts bezieht, als auf ein einzelnes Wort, wie "verweigern," "zusammen¬
setzen (stellen)," "Begriff." "Farbe" u. dergl.. zum Teil ist gar keine Ähnlichkeit,
sondern ein Gegensatz vorhanden, z. B. an der Stelle, wo Krause Schopenhauer
angreift und ich die Streitfrage ablehne, oder wo es mir sogar als Plagiat
angerechnet wird, daß ich andre Gleichnisse als Herr Krause gebrauche. (Also
sind mir Gleichnisse überhaupt verboten!)

Zweitens ist der Schein ähnlicher Darstellung in beiden Büchern nur da¬
durch erzeugt, daß die Sätze ihrem Zusammenhange entrissen werden und die
Selbständigkeit und Eigenart meiner Entwicklung dadurch verloren geht. d. h. dem
Leser verheimlicht wird. Von der einzigen Seite meines Buches. S. 53. bei
welcher die lebendige Redeweise an die Krausesche Darstellung dieses Themas
(S. 41) erinnert, ist oben gezeigt worden, wie ähnlich die verschiedensten Schrift¬
steller diesen Stoff behandelt haben. Diese gelegentlichen Anklänge benutzt nun
Herr Classen, um den Schein zu erwecken, als ob diese Seite beliebig heraus¬
gegriffen sei und alle übrigen dieselbe Übereinstimmung enthielten, und um nun
die gänzlich unwahre Behauptung eines durchgängigen Plagiats darauf zu
gründen.

Drittens sind die mühsam zusammengesuchten Stellen, selbst wenn -- was
nicht der Fall ist -- die Abhängigkeit eine derartige wäre, wie Herr Classen
wünscht, doch nur derart vereinzelt, daß es sich höchstens um unbewußte Re¬
miniscenzen aus der Lektüre des Krauseschen Buches Handel" könnte; sie sind
aber überhaupt so gering an Zahl, so unbedeutend und nebensächlich in Bezug
auf das Ganze meines umfangreichen Werkes, daß auf diese Übereinstimmung
vereinzelter Worte hin für jeden Unbefangnen von einer unerlaubten Benutzung
der Krauseschen Arbeit garnicht die Rede sein kann.

Viertens ist es charakteristisch für die ganze Art der Anklage, daß sie sich
nicht auf eine einzige Nachweisung der Entlehnung eines originellen Gedankens
stützen kann. Überall handelt es sich, wie nachgewiesen, nur um Umschreibungen
Kants oder längst und allgemein Bekanntes. Dagegen verschweigt Herr Classen
vollständig die fundamentalen Unterschiede in Form und Inhalt der beiden Werke.
Während Herr Krause sich mit seinem populären Kommentar eng an den Gang
der Kantischen Kritik anschließt, geht mein Buch in der Anlage und Disposition,
M den Mitteln und der Art der Darstellung, in Zielen und Resultaten weit
über das Krausesche hinaus. Nach einer eingehenden Widerlegung des Mate¬
rialismus gruppire ich, der Aufgabe gemäß, den ganzen Stoff um eine aus-
führliche Darstellung der transcendentalen Ästhetik und behandle die Beziehungen
des Kritieismus zur Mathematik und Naturwissenschaft vom Standpunkte meiner


Drei Antworten.

Natürlich könnte man jedes populäre Buch in ähnlicher Weise mit Parallel¬
stellen belegen; das Mitgeteilte genügt um zu zeigen, wie thöricht es ist. in
solchen Trivialitäten ein Plagiat zu wittern.

v. Die Zusammenstellung ist zum Teil so künstlich gesucht, daß sie sich
auf nichts bezieht, als auf ein einzelnes Wort, wie „verweigern," „zusammen¬
setzen (stellen)," „Begriff." „Farbe" u. dergl.. zum Teil ist gar keine Ähnlichkeit,
sondern ein Gegensatz vorhanden, z. B. an der Stelle, wo Krause Schopenhauer
angreift und ich die Streitfrage ablehne, oder wo es mir sogar als Plagiat
angerechnet wird, daß ich andre Gleichnisse als Herr Krause gebrauche. (Also
sind mir Gleichnisse überhaupt verboten!)

Zweitens ist der Schein ähnlicher Darstellung in beiden Büchern nur da¬
durch erzeugt, daß die Sätze ihrem Zusammenhange entrissen werden und die
Selbständigkeit und Eigenart meiner Entwicklung dadurch verloren geht. d. h. dem
Leser verheimlicht wird. Von der einzigen Seite meines Buches. S. 53. bei
welcher die lebendige Redeweise an die Krausesche Darstellung dieses Themas
(S. 41) erinnert, ist oben gezeigt worden, wie ähnlich die verschiedensten Schrift¬
steller diesen Stoff behandelt haben. Diese gelegentlichen Anklänge benutzt nun
Herr Classen, um den Schein zu erwecken, als ob diese Seite beliebig heraus¬
gegriffen sei und alle übrigen dieselbe Übereinstimmung enthielten, und um nun
die gänzlich unwahre Behauptung eines durchgängigen Plagiats darauf zu
gründen.

Drittens sind die mühsam zusammengesuchten Stellen, selbst wenn — was
nicht der Fall ist — die Abhängigkeit eine derartige wäre, wie Herr Classen
wünscht, doch nur derart vereinzelt, daß es sich höchstens um unbewußte Re¬
miniscenzen aus der Lektüre des Krauseschen Buches Handel» könnte; sie sind
aber überhaupt so gering an Zahl, so unbedeutend und nebensächlich in Bezug
auf das Ganze meines umfangreichen Werkes, daß auf diese Übereinstimmung
vereinzelter Worte hin für jeden Unbefangnen von einer unerlaubten Benutzung
der Krauseschen Arbeit garnicht die Rede sein kann.

Viertens ist es charakteristisch für die ganze Art der Anklage, daß sie sich
nicht auf eine einzige Nachweisung der Entlehnung eines originellen Gedankens
stützen kann. Überall handelt es sich, wie nachgewiesen, nur um Umschreibungen
Kants oder längst und allgemein Bekanntes. Dagegen verschweigt Herr Classen
vollständig die fundamentalen Unterschiede in Form und Inhalt der beiden Werke.
Während Herr Krause sich mit seinem populären Kommentar eng an den Gang
der Kantischen Kritik anschließt, geht mein Buch in der Anlage und Disposition,
M den Mitteln und der Art der Darstellung, in Zielen und Resultaten weit
über das Krausesche hinaus. Nach einer eingehenden Widerlegung des Mate¬
rialismus gruppire ich, der Aufgabe gemäß, den ganzen Stoff um eine aus-
führliche Darstellung der transcendentalen Ästhetik und behandle die Beziehungen
des Kritieismus zur Mathematik und Naturwissenschaft vom Standpunkte meiner


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[0355] Drei Antworten. Natürlich könnte man jedes populäre Buch in ähnlicher Weise mit Parallel¬ stellen belegen; das Mitgeteilte genügt um zu zeigen, wie thöricht es ist. in solchen Trivialitäten ein Plagiat zu wittern. v. Die Zusammenstellung ist zum Teil so künstlich gesucht, daß sie sich auf nichts bezieht, als auf ein einzelnes Wort, wie „verweigern," „zusammen¬ setzen (stellen)," „Begriff." „Farbe" u. dergl.. zum Teil ist gar keine Ähnlichkeit, sondern ein Gegensatz vorhanden, z. B. an der Stelle, wo Krause Schopenhauer angreift und ich die Streitfrage ablehne, oder wo es mir sogar als Plagiat angerechnet wird, daß ich andre Gleichnisse als Herr Krause gebrauche. (Also sind mir Gleichnisse überhaupt verboten!) Zweitens ist der Schein ähnlicher Darstellung in beiden Büchern nur da¬ durch erzeugt, daß die Sätze ihrem Zusammenhange entrissen werden und die Selbständigkeit und Eigenart meiner Entwicklung dadurch verloren geht. d. h. dem Leser verheimlicht wird. Von der einzigen Seite meines Buches. S. 53. bei welcher die lebendige Redeweise an die Krausesche Darstellung dieses Themas (S. 41) erinnert, ist oben gezeigt worden, wie ähnlich die verschiedensten Schrift¬ steller diesen Stoff behandelt haben. Diese gelegentlichen Anklänge benutzt nun Herr Classen, um den Schein zu erwecken, als ob diese Seite beliebig heraus¬ gegriffen sei und alle übrigen dieselbe Übereinstimmung enthielten, und um nun die gänzlich unwahre Behauptung eines durchgängigen Plagiats darauf zu gründen. Drittens sind die mühsam zusammengesuchten Stellen, selbst wenn — was nicht der Fall ist — die Abhängigkeit eine derartige wäre, wie Herr Classen wünscht, doch nur derart vereinzelt, daß es sich höchstens um unbewußte Re¬ miniscenzen aus der Lektüre des Krauseschen Buches Handel» könnte; sie sind aber überhaupt so gering an Zahl, so unbedeutend und nebensächlich in Bezug auf das Ganze meines umfangreichen Werkes, daß auf diese Übereinstimmung vereinzelter Worte hin für jeden Unbefangnen von einer unerlaubten Benutzung der Krauseschen Arbeit garnicht die Rede sein kann. Viertens ist es charakteristisch für die ganze Art der Anklage, daß sie sich nicht auf eine einzige Nachweisung der Entlehnung eines originellen Gedankens stützen kann. Überall handelt es sich, wie nachgewiesen, nur um Umschreibungen Kants oder längst und allgemein Bekanntes. Dagegen verschweigt Herr Classen vollständig die fundamentalen Unterschiede in Form und Inhalt der beiden Werke. Während Herr Krause sich mit seinem populären Kommentar eng an den Gang der Kantischen Kritik anschließt, geht mein Buch in der Anlage und Disposition, M den Mitteln und der Art der Darstellung, in Zielen und Resultaten weit über das Krausesche hinaus. Nach einer eingehenden Widerlegung des Mate¬ rialismus gruppire ich, der Aufgabe gemäß, den ganzen Stoff um eine aus- führliche Darstellung der transcendentalen Ästhetik und behandle die Beziehungen des Kritieismus zur Mathematik und Naturwissenschaft vom Standpunkte meiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/355>, abgerufen am 03.07.2024.