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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Grafen von Altenschwerdt.

Das ist nicht klug, wenigstens dann nicht, wenn Sie nicht selbst aus¬
reichendes Vermögen besitzen, sagte der Graf. Aber vielleicht haben Sie das?
Sie werden die Indiskretion als den letzten aller meiner Gründe zu dieser Frage
betrachten dürfen.

Ich besitze ein Vermögen, welches mich in den Stand setzen würde, eine Fa¬
milie auf bescheidnen, bürgerlichem Fuße zu erhalten, entgegnete Eberhardt.

Und wie steht es mit Ihrer Kunst? Haben Sie bereits Bilder ver¬
kauft?

Ich weiß, daß ich Bilder verkaufen würde, sobald ich mich herbeilassen
wollte, dem Geschmack des Publikums zu Gefallen zu sein. Vorläufig habe ich
fast nur noch meinen Studien gelebt.

Ich habe einige Ihrer Skizzen und auch einige Ihrer fertigen Bilder ge¬
sehen, sagte der Graf. Diese Sachen haben mir sehr gut gefallen. Sie ver¬
raten feines Gefühl und Wahrheit in der Auffassung. Aber Sie wissen eben¬
sogut wie ich, Herr Eschenburg, daß die Kunst eine vornehme Dame ist, die sich
nicht gern mit dem Nutzen vermählt.

Eine Baronesse, die den Bürgerlichen verschmäht, meinen Eure Excellenz,
sagte Eberhardt seufzend.

Ich freue mich, daß Ihr Witz zurückkehrt. Und nun hören Sie, Herr
Eschenburg. Ich werde morgen beim Baron Sextus diniren. Werden Sie
vielleicht auch dort sein?

Ich habe keine Einladung erhalten.

Wenn es Ihnen recht ist -- denn ich möchte nichts gegen Ihre Absicht
thun --, so stelle ich dem Baron morgen vor, welches Interesse Sie an seiner
Tochter nehmen, und frage ihn, ob er seine Zustimmung zu einer solchen Ver¬
bindung geben will.

Eberhardt sah den alten Herrn voll Staunen dankbar an, indem er beide
Hände in einer Geberde überwältigten Gefühls erhob und faltete.

Doch sage ich Ihnen vorher: machen Sie sich keine Hoffnung. Ich thue
das, um ein Verhältnis zur Klarheit zu bringen, welches sich nicht in unbe¬
stimmtem Erwarten in die Länge ziehen darf. Es soll jetzt biegen oder brechen.
Ich kann meine liebe, junge Freundin nicht in einer unklaren Situation sehen,
denn die ist ihrer nicht würdig.

Eure Excellenz sind sehr gütig, überaus gütig, meine Sache bei dem Baron
vertreten zu wollen, sagte Eberhardt. Mag es ausfallen, wie es will, ich werde
Ihnen dafür dankbar sein.

Sie haben kaum Grund dazu. Wie gesagt, die Ruhe meiner lieben Do¬
rothea liegt mir am meisten am Herzen. Und das sage ich gleich vorher: sollte,
wie ich sehr befürchte, Baron Sextus sich nicht bewogen fühlen, auf Ihre Wünsche
einzugehen, so hören die angenehmen Fügungen, welche bis jetzt zu Rendezvous
bei mir geführt haben, natürlich auf.


Die Grafen von Altenschwerdt.

Das ist nicht klug, wenigstens dann nicht, wenn Sie nicht selbst aus¬
reichendes Vermögen besitzen, sagte der Graf. Aber vielleicht haben Sie das?
Sie werden die Indiskretion als den letzten aller meiner Gründe zu dieser Frage
betrachten dürfen.

Ich besitze ein Vermögen, welches mich in den Stand setzen würde, eine Fa¬
milie auf bescheidnen, bürgerlichem Fuße zu erhalten, entgegnete Eberhardt.

Und wie steht es mit Ihrer Kunst? Haben Sie bereits Bilder ver¬
kauft?

Ich weiß, daß ich Bilder verkaufen würde, sobald ich mich herbeilassen
wollte, dem Geschmack des Publikums zu Gefallen zu sein. Vorläufig habe ich
fast nur noch meinen Studien gelebt.

Ich habe einige Ihrer Skizzen und auch einige Ihrer fertigen Bilder ge¬
sehen, sagte der Graf. Diese Sachen haben mir sehr gut gefallen. Sie ver¬
raten feines Gefühl und Wahrheit in der Auffassung. Aber Sie wissen eben¬
sogut wie ich, Herr Eschenburg, daß die Kunst eine vornehme Dame ist, die sich
nicht gern mit dem Nutzen vermählt.

Eine Baronesse, die den Bürgerlichen verschmäht, meinen Eure Excellenz,
sagte Eberhardt seufzend.

Ich freue mich, daß Ihr Witz zurückkehrt. Und nun hören Sie, Herr
Eschenburg. Ich werde morgen beim Baron Sextus diniren. Werden Sie
vielleicht auch dort sein?

Ich habe keine Einladung erhalten.

Wenn es Ihnen recht ist — denn ich möchte nichts gegen Ihre Absicht
thun —, so stelle ich dem Baron morgen vor, welches Interesse Sie an seiner
Tochter nehmen, und frage ihn, ob er seine Zustimmung zu einer solchen Ver¬
bindung geben will.

Eberhardt sah den alten Herrn voll Staunen dankbar an, indem er beide
Hände in einer Geberde überwältigten Gefühls erhob und faltete.

Doch sage ich Ihnen vorher: machen Sie sich keine Hoffnung. Ich thue
das, um ein Verhältnis zur Klarheit zu bringen, welches sich nicht in unbe¬
stimmtem Erwarten in die Länge ziehen darf. Es soll jetzt biegen oder brechen.
Ich kann meine liebe, junge Freundin nicht in einer unklaren Situation sehen,
denn die ist ihrer nicht würdig.

Eure Excellenz sind sehr gütig, überaus gütig, meine Sache bei dem Baron
vertreten zu wollen, sagte Eberhardt. Mag es ausfallen, wie es will, ich werde
Ihnen dafür dankbar sein.

Sie haben kaum Grund dazu. Wie gesagt, die Ruhe meiner lieben Do¬
rothea liegt mir am meisten am Herzen. Und das sage ich gleich vorher: sollte,
wie ich sehr befürchte, Baron Sextus sich nicht bewogen fühlen, auf Ihre Wünsche
einzugehen, so hören die angenehmen Fügungen, welche bis jetzt zu Rendezvous
bei mir geführt haben, natürlich auf.


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[0323] Die Grafen von Altenschwerdt. Das ist nicht klug, wenigstens dann nicht, wenn Sie nicht selbst aus¬ reichendes Vermögen besitzen, sagte der Graf. Aber vielleicht haben Sie das? Sie werden die Indiskretion als den letzten aller meiner Gründe zu dieser Frage betrachten dürfen. Ich besitze ein Vermögen, welches mich in den Stand setzen würde, eine Fa¬ milie auf bescheidnen, bürgerlichem Fuße zu erhalten, entgegnete Eberhardt. Und wie steht es mit Ihrer Kunst? Haben Sie bereits Bilder ver¬ kauft? Ich weiß, daß ich Bilder verkaufen würde, sobald ich mich herbeilassen wollte, dem Geschmack des Publikums zu Gefallen zu sein. Vorläufig habe ich fast nur noch meinen Studien gelebt. Ich habe einige Ihrer Skizzen und auch einige Ihrer fertigen Bilder ge¬ sehen, sagte der Graf. Diese Sachen haben mir sehr gut gefallen. Sie ver¬ raten feines Gefühl und Wahrheit in der Auffassung. Aber Sie wissen eben¬ sogut wie ich, Herr Eschenburg, daß die Kunst eine vornehme Dame ist, die sich nicht gern mit dem Nutzen vermählt. Eine Baronesse, die den Bürgerlichen verschmäht, meinen Eure Excellenz, sagte Eberhardt seufzend. Ich freue mich, daß Ihr Witz zurückkehrt. Und nun hören Sie, Herr Eschenburg. Ich werde morgen beim Baron Sextus diniren. Werden Sie vielleicht auch dort sein? Ich habe keine Einladung erhalten. Wenn es Ihnen recht ist — denn ich möchte nichts gegen Ihre Absicht thun —, so stelle ich dem Baron morgen vor, welches Interesse Sie an seiner Tochter nehmen, und frage ihn, ob er seine Zustimmung zu einer solchen Ver¬ bindung geben will. Eberhardt sah den alten Herrn voll Staunen dankbar an, indem er beide Hände in einer Geberde überwältigten Gefühls erhob und faltete. Doch sage ich Ihnen vorher: machen Sie sich keine Hoffnung. Ich thue das, um ein Verhältnis zur Klarheit zu bringen, welches sich nicht in unbe¬ stimmtem Erwarten in die Länge ziehen darf. Es soll jetzt biegen oder brechen. Ich kann meine liebe, junge Freundin nicht in einer unklaren Situation sehen, denn die ist ihrer nicht würdig. Eure Excellenz sind sehr gütig, überaus gütig, meine Sache bei dem Baron vertreten zu wollen, sagte Eberhardt. Mag es ausfallen, wie es will, ich werde Ihnen dafür dankbar sein. Sie haben kaum Grund dazu. Wie gesagt, die Ruhe meiner lieben Do¬ rothea liegt mir am meisten am Herzen. Und das sage ich gleich vorher: sollte, wie ich sehr befürchte, Baron Sextus sich nicht bewogen fühlen, auf Ihre Wünsche einzugehen, so hören die angenehmen Fügungen, welche bis jetzt zu Rendezvous bei mir geführt haben, natürlich auf.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/323>, abgerufen am 24.08.2024.