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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Grafen von Altenfchwerdt.

Eberhardt war blaß geworden. Gestatten nur Eure Excellenz, sagte er
mit fester Stimme, Ihnen die Berechtigung zu dieser Frage zu bestreiten.

Der Graf lächelte. Wissen Sie wohl, mein Herr, sagte er, daß es eine
Art von ausweichender Beantwortung giebt, welche mehr verrät als jede
Offenheit?

Ich kann durchaus nicht zugeben, ausweichend geantwortet zu haben. Wie
ich Eurer Excellenz bereits zu erklären die Ehre hatte, bin ich bereit, mich zu
entfernen, wenn ich lästig falle, aber ich glaube keine Veranlassung gegeben zu
haben, mich geheimer Beweggrunde zu verdächtigen.

Nun, sagte der General, wir wollen keine Haarspaltereien treiben, sondern
offen über eine Angelegenheit reden, von der Sie so gut und noch besser wissen
wie ich. Und Sie mögen mir mein Recht dazu bestreikn, wie Sie wollen, ich
werde mich dadurch nicht irre machen lassen. Im Gegenteil halte ich es für
meine Pflicht gegenüber meinem Freunde Sextus, über diese Ihnen wohlbekannte
Sache mit Ihnen zu reden. Wissen Sie wohl, mein Herr, was Sie thun, wenn
Sie der Baronesse den Hof machen?

Wäre es ein andrer Mann gewesen als der Graf von Franeker, der so
' mit ihm gesprochen hätte, so möchte Eberhardt wohl zu einem heftigen Aus¬
bruch hingerissen worden sein, aber indem er in dies vornehme Gesicht mit den
klaren, milden Augen blickte, die so durchaus nicht denen eines Mannes glichen,
der beleidigen will, fühlte er, daß der Graf nur in wahrem Freundschaftsgefühl
für die auch ihm teure Familie Sextus sprach, und er überzeugte sich, daß es
besser sei, dem alten Herrn Rede zu stehen, als sich ihn zum Gegner zu machen.

Wenn Eure Excellenz gesehen haben, daß ich eine tiefe und ehrfurchtsvolle
Verehrung für die Baronesse empfinde, sagte er nach einiger Überlegung, so
haben Sie vielleicht schärfer gesehen, als ich selbst mich zu beobachten imstande
war. Auf jeden Fall wird es mir nützlich sein, Ihre Meinung zu vernehmen,
welche Sie mir ja, wie es scheint, nicht vorenthalten wollen.

Nein, die ich Ihnen nicht vorenthalten will, sagte der Graf. Denn ich
glaube Ihnen damit ebensowohl einen Dienst zu erweisen, wie noch jemand,
der mir bei aller Achtung, die ich für Sie hege, doch uoch höher steht. Die
Dame also, welche Ihnen eine solche Verehrung eingeflößt hat, ist die einzige
Tochter eines vornehmen und sehr reichen Mannes. Sie hat schon dadurch
Anspruch auf eine der besten Partien, auf die Verbindung mit einem Manne
aus einer der ersten Familien des Landes. Ihr Vater ist seiner ganzen An¬
schauung nach reinster Aristokrat und wird sicher eine derartige Verbindung
seiner Tochter in Absicht haben. Außerdem ist die Baronesse auch noch mit
Gaben des Geistes und des Körpers verschwenderisch von Natur ausgestattet.
Sie ist schön, von edler Sinnesart, voll Geist, voll Anmut. Sie ist --

O, wem sagen Sie das, Herr Graf! rief Eberhardt mit einem bittern
Lächeln aus. Wem entrollen Sie ein so strahlendes Bild! Welchen Zweck ver-


Grmzbotm II. 1888. 40
Die Grafen von Altenfchwerdt.

Eberhardt war blaß geworden. Gestatten nur Eure Excellenz, sagte er
mit fester Stimme, Ihnen die Berechtigung zu dieser Frage zu bestreiten.

Der Graf lächelte. Wissen Sie wohl, mein Herr, sagte er, daß es eine
Art von ausweichender Beantwortung giebt, welche mehr verrät als jede
Offenheit?

Ich kann durchaus nicht zugeben, ausweichend geantwortet zu haben. Wie
ich Eurer Excellenz bereits zu erklären die Ehre hatte, bin ich bereit, mich zu
entfernen, wenn ich lästig falle, aber ich glaube keine Veranlassung gegeben zu
haben, mich geheimer Beweggrunde zu verdächtigen.

Nun, sagte der General, wir wollen keine Haarspaltereien treiben, sondern
offen über eine Angelegenheit reden, von der Sie so gut und noch besser wissen
wie ich. Und Sie mögen mir mein Recht dazu bestreikn, wie Sie wollen, ich
werde mich dadurch nicht irre machen lassen. Im Gegenteil halte ich es für
meine Pflicht gegenüber meinem Freunde Sextus, über diese Ihnen wohlbekannte
Sache mit Ihnen zu reden. Wissen Sie wohl, mein Herr, was Sie thun, wenn
Sie der Baronesse den Hof machen?

Wäre es ein andrer Mann gewesen als der Graf von Franeker, der so
' mit ihm gesprochen hätte, so möchte Eberhardt wohl zu einem heftigen Aus¬
bruch hingerissen worden sein, aber indem er in dies vornehme Gesicht mit den
klaren, milden Augen blickte, die so durchaus nicht denen eines Mannes glichen,
der beleidigen will, fühlte er, daß der Graf nur in wahrem Freundschaftsgefühl
für die auch ihm teure Familie Sextus sprach, und er überzeugte sich, daß es
besser sei, dem alten Herrn Rede zu stehen, als sich ihn zum Gegner zu machen.

Wenn Eure Excellenz gesehen haben, daß ich eine tiefe und ehrfurchtsvolle
Verehrung für die Baronesse empfinde, sagte er nach einiger Überlegung, so
haben Sie vielleicht schärfer gesehen, als ich selbst mich zu beobachten imstande
war. Auf jeden Fall wird es mir nützlich sein, Ihre Meinung zu vernehmen,
welche Sie mir ja, wie es scheint, nicht vorenthalten wollen.

Nein, die ich Ihnen nicht vorenthalten will, sagte der Graf. Denn ich
glaube Ihnen damit ebensowohl einen Dienst zu erweisen, wie noch jemand,
der mir bei aller Achtung, die ich für Sie hege, doch uoch höher steht. Die
Dame also, welche Ihnen eine solche Verehrung eingeflößt hat, ist die einzige
Tochter eines vornehmen und sehr reichen Mannes. Sie hat schon dadurch
Anspruch auf eine der besten Partien, auf die Verbindung mit einem Manne
aus einer der ersten Familien des Landes. Ihr Vater ist seiner ganzen An¬
schauung nach reinster Aristokrat und wird sicher eine derartige Verbindung
seiner Tochter in Absicht haben. Außerdem ist die Baronesse auch noch mit
Gaben des Geistes und des Körpers verschwenderisch von Natur ausgestattet.
Sie ist schön, von edler Sinnesart, voll Geist, voll Anmut. Sie ist —

O, wem sagen Sie das, Herr Graf! rief Eberhardt mit einem bittern
Lächeln aus. Wem entrollen Sie ein so strahlendes Bild! Welchen Zweck ver-


Grmzbotm II. 1888. 40
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[0321] Die Grafen von Altenfchwerdt. Eberhardt war blaß geworden. Gestatten nur Eure Excellenz, sagte er mit fester Stimme, Ihnen die Berechtigung zu dieser Frage zu bestreiten. Der Graf lächelte. Wissen Sie wohl, mein Herr, sagte er, daß es eine Art von ausweichender Beantwortung giebt, welche mehr verrät als jede Offenheit? Ich kann durchaus nicht zugeben, ausweichend geantwortet zu haben. Wie ich Eurer Excellenz bereits zu erklären die Ehre hatte, bin ich bereit, mich zu entfernen, wenn ich lästig falle, aber ich glaube keine Veranlassung gegeben zu haben, mich geheimer Beweggrunde zu verdächtigen. Nun, sagte der General, wir wollen keine Haarspaltereien treiben, sondern offen über eine Angelegenheit reden, von der Sie so gut und noch besser wissen wie ich. Und Sie mögen mir mein Recht dazu bestreikn, wie Sie wollen, ich werde mich dadurch nicht irre machen lassen. Im Gegenteil halte ich es für meine Pflicht gegenüber meinem Freunde Sextus, über diese Ihnen wohlbekannte Sache mit Ihnen zu reden. Wissen Sie wohl, mein Herr, was Sie thun, wenn Sie der Baronesse den Hof machen? Wäre es ein andrer Mann gewesen als der Graf von Franeker, der so ' mit ihm gesprochen hätte, so möchte Eberhardt wohl zu einem heftigen Aus¬ bruch hingerissen worden sein, aber indem er in dies vornehme Gesicht mit den klaren, milden Augen blickte, die so durchaus nicht denen eines Mannes glichen, der beleidigen will, fühlte er, daß der Graf nur in wahrem Freundschaftsgefühl für die auch ihm teure Familie Sextus sprach, und er überzeugte sich, daß es besser sei, dem alten Herrn Rede zu stehen, als sich ihn zum Gegner zu machen. Wenn Eure Excellenz gesehen haben, daß ich eine tiefe und ehrfurchtsvolle Verehrung für die Baronesse empfinde, sagte er nach einiger Überlegung, so haben Sie vielleicht schärfer gesehen, als ich selbst mich zu beobachten imstande war. Auf jeden Fall wird es mir nützlich sein, Ihre Meinung zu vernehmen, welche Sie mir ja, wie es scheint, nicht vorenthalten wollen. Nein, die ich Ihnen nicht vorenthalten will, sagte der Graf. Denn ich glaube Ihnen damit ebensowohl einen Dienst zu erweisen, wie noch jemand, der mir bei aller Achtung, die ich für Sie hege, doch uoch höher steht. Die Dame also, welche Ihnen eine solche Verehrung eingeflößt hat, ist die einzige Tochter eines vornehmen und sehr reichen Mannes. Sie hat schon dadurch Anspruch auf eine der besten Partien, auf die Verbindung mit einem Manne aus einer der ersten Familien des Landes. Ihr Vater ist seiner ganzen An¬ schauung nach reinster Aristokrat und wird sicher eine derartige Verbindung seiner Tochter in Absicht haben. Außerdem ist die Baronesse auch noch mit Gaben des Geistes und des Körpers verschwenderisch von Natur ausgestattet. Sie ist schön, von edler Sinnesart, voll Geist, voll Anmut. Sie ist — O, wem sagen Sie das, Herr Graf! rief Eberhardt mit einem bittern Lächeln aus. Wem entrollen Sie ein so strahlendes Bild! Welchen Zweck ver- Grmzbotm II. 1888. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/321>, abgerufen am 22.07.2024.