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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Das rote Kreuz in Deutschland.

genommen werden, wo sie sich den Heereseinrichtungen wie den militärischen
Vorschriften und Befehlen völlig unterordnet. Es liegt auch auf der Hand,
daß lediglich unter solchen Verhältnissen die freiwillige Krankenpflege etwas zu
leisten imstande ist, was ihrem Aufwande an persönlicher Opferwilligkeit und
materiellen Gaben einigermaßen entspricht, und wenn auch von vornherein ein
bestimmtes Maß von Entsagung dazu gehört, das freiwillig Dargebotene nun
unter staatliche Verwaltung zu stellen, so ist doch andrerseits nicht zu verkennen,
daß damit der während des letzten Krieges wiederholt und wohl nicht ohne
Berechtigung erhobenen Klage über einen gewissen störenden Dilettantismus inner¬
halb der Kreise des roten Kreuzes der Garaus gemacht wird, wie den" auch
einzelne unreine Elemente vor der straffen militärischen Zucht von selbst ver¬
schwinden müssen.

Nach den neuesten Vorschriften bleibt auf dem Schlachtfelde selbst die Mit¬
wirkung des roten Kreuzes absolut ausgeschlossen, und nur unter besondern
Umständen ist es gestattet, daß eine freiwillige Transportkolonne den Sanitäts-
detaschements angeschlossen wird. Ebenso ist die freiwillige Hilfe in den Feld-
lazarethen und stehenden Kriegslazarethen auf bestimmte Ausnahmefälle be¬
schränkt, und auch Vereinslazarethe dürfen nur im Falle dringenden Bedürfnisses
auf dem Kriegsschauplatze selbst errichtet werden. Dagegen bietet sich der frei¬
willigen Thätigkeit ein weites Feld in den Etappenlazarethen und den Er-
auickungs- und Verbandstationen, welche an der Etappenstraße angelegt werden,
und bei der Überführung Kranker und Verwundeter von einem Lazarethe in
das andre oder in die Heimat. Die Bedienungsmannschafteil der Kranken- und
Sanitätszüge sollen vorzugsweise dem freiwilligen Personale entnommen werden,
und auch die Stellung ganzer Lazarethzüge soll gern zugestanden werden, wenn
diese den bezüglichen Anforderungen entsprechen. In der Heimat stellt die frei¬
willige Hilfe ausgebildete Krankenpfleger und Wärterinnen für die Reserve-
lazarethe, übernimmt eintretenden Falles bestimmte Zweige der Lazarethver-
waltung selbständig, etablirt Vereinslazarethe, welche wenigstens zwanzig Betten
enthalten müssen, und Rckonvaleszentenstationen, und ist bei der Errichtung
von Pnvatpslegestätten insofern beteiligt, als das Anerbieten zu solchen nur
von Personen angenommen wird, denen durch den Vorstand eines Pflegevereins
bescheinigt werden kann, daß sie für sorgsame und ordnungsmäßige Pflege des
Genesenden die nötige Gewähr bieten. Ein weiterer Zweig der Thätigkeit frei¬
williger Krankenpflege besteht in der Sammlung und Zuführung der Gaben
von Lazarethbedürfnissen und Erquickungsgegenständen, welche den oben er¬
wähnten Güterdepots übergeben oder in eignen Vereinsdepots aufbewahrt und
später in besondern Zügen, in einzelnen Fallen unter Begleitung freiwilligen
Personals, der Armee nachgeführt werden. Von besondrer Wichtigkeit scheint
endlich die Vermittlung von Nachrichten über die in den Lazarethen befindlichen
Soldaten an deren Angehörige, zu welchem Zwecke die freiwillige Krankenpflege


Das rote Kreuz in Deutschland.

genommen werden, wo sie sich den Heereseinrichtungen wie den militärischen
Vorschriften und Befehlen völlig unterordnet. Es liegt auch auf der Hand,
daß lediglich unter solchen Verhältnissen die freiwillige Krankenpflege etwas zu
leisten imstande ist, was ihrem Aufwande an persönlicher Opferwilligkeit und
materiellen Gaben einigermaßen entspricht, und wenn auch von vornherein ein
bestimmtes Maß von Entsagung dazu gehört, das freiwillig Dargebotene nun
unter staatliche Verwaltung zu stellen, so ist doch andrerseits nicht zu verkennen,
daß damit der während des letzten Krieges wiederholt und wohl nicht ohne
Berechtigung erhobenen Klage über einen gewissen störenden Dilettantismus inner¬
halb der Kreise des roten Kreuzes der Garaus gemacht wird, wie den« auch
einzelne unreine Elemente vor der straffen militärischen Zucht von selbst ver¬
schwinden müssen.

Nach den neuesten Vorschriften bleibt auf dem Schlachtfelde selbst die Mit¬
wirkung des roten Kreuzes absolut ausgeschlossen, und nur unter besondern
Umständen ist es gestattet, daß eine freiwillige Transportkolonne den Sanitäts-
detaschements angeschlossen wird. Ebenso ist die freiwillige Hilfe in den Feld-
lazarethen und stehenden Kriegslazarethen auf bestimmte Ausnahmefälle be¬
schränkt, und auch Vereinslazarethe dürfen nur im Falle dringenden Bedürfnisses
auf dem Kriegsschauplatze selbst errichtet werden. Dagegen bietet sich der frei¬
willigen Thätigkeit ein weites Feld in den Etappenlazarethen und den Er-
auickungs- und Verbandstationen, welche an der Etappenstraße angelegt werden,
und bei der Überführung Kranker und Verwundeter von einem Lazarethe in
das andre oder in die Heimat. Die Bedienungsmannschafteil der Kranken- und
Sanitätszüge sollen vorzugsweise dem freiwilligen Personale entnommen werden,
und auch die Stellung ganzer Lazarethzüge soll gern zugestanden werden, wenn
diese den bezüglichen Anforderungen entsprechen. In der Heimat stellt die frei¬
willige Hilfe ausgebildete Krankenpfleger und Wärterinnen für die Reserve-
lazarethe, übernimmt eintretenden Falles bestimmte Zweige der Lazarethver-
waltung selbständig, etablirt Vereinslazarethe, welche wenigstens zwanzig Betten
enthalten müssen, und Rckonvaleszentenstationen, und ist bei der Errichtung
von Pnvatpslegestätten insofern beteiligt, als das Anerbieten zu solchen nur
von Personen angenommen wird, denen durch den Vorstand eines Pflegevereins
bescheinigt werden kann, daß sie für sorgsame und ordnungsmäßige Pflege des
Genesenden die nötige Gewähr bieten. Ein weiterer Zweig der Thätigkeit frei¬
williger Krankenpflege besteht in der Sammlung und Zuführung der Gaben
von Lazarethbedürfnissen und Erquickungsgegenständen, welche den oben er¬
wähnten Güterdepots übergeben oder in eignen Vereinsdepots aufbewahrt und
später in besondern Zügen, in einzelnen Fallen unter Begleitung freiwilligen
Personals, der Armee nachgeführt werden. Von besondrer Wichtigkeit scheint
endlich die Vermittlung von Nachrichten über die in den Lazarethen befindlichen
Soldaten an deren Angehörige, zu welchem Zwecke die freiwillige Krankenpflege


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/23>, abgerufen am 01.07.2024.