Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Festlande, nahmen die letztern fortwährend an Zahl und Macht zu, Sie
waren bereits der Schrecken der kriegerischsten von den Urstcimmen und der
französischen Kolonisten, die ihnen indeß 1721 an der Antongilbncht eine Nieder¬
lage beibrachten. Man hielt die Macht der Hovas hierdurch für gebrochen.
Die stärksten Stämme der Urbevölkerung, die Antantars, Betsimitsaraks, Bethn-
lemenes und Sakalawas waren den Franzosen für diesen Sieg dankbar und
wurden von da ab befreundeter mit ihnen als vorher. Aber den Hovas strömten
bald neue Kriegsgenossen aus der malayischen Urheimat zu, sie ließen sich bei
Foulepointe nieder, nahmen das Fort mit Sturm und metzelten die Franzosen
samt den dortigen Eingebornen nieder. Dies begab sich im Jahre 1754, und
von da an datirt der wirkliche Beginn des Emporkommens der Hovas zur
Macht und Herrschaft auf Madagaskar. Sie drangen nach dem Innern der
Insel vor, vertilgten hier die Urbevölkerung oder machten sie zu Sklaven und
gewannen aus dem Hochplateau von Emirina eine Zentralstelluug, von der aus
sie durch unaufhörliche Kriegszüge allmählich einen Teil der benachbarten Stämme
unterwarfen. Mittlerweile begnügte sich die Versailler Regierung unter Ludwig
dem Fünfzehnten und dem Sechzehnten damit, daß die französische Flagge noch
über ein paar Niederlassungen wehte. Erst die Republik fand Zeit und Lust,
in der Person eines Herrn Lescalier einen Kommissär nach Madagaskar zu
schicken. 1796 empörte sich der Baron Bienowski, indem er seine Pflicht als
Beamter verletzte, gegen die französische Regierung und versuchte sich als König
von Madagaskar ausrufen zu lassen, kam aber dabei ums Leben. 1810 wurde
die Insel Mauritius den Franzosen von den Engländern abgenommen, und zu
derselben Zeit legte Autricen Ampousiue den Grund zu dem Reiche der Hovas,
da die Franzosen dagegen nicht mehr Einspruch thun konnten. Das von den
Hovas gegenwärtig beherrschte Gebiet hat ungefähr dieselbe Ausdehnung wie
Ampouseues Königreich. Die Betsimitsaraks, die Ankcmtars, die Bethalemenes
und namentlich die Sakalawas weigern sich noch heute energisch, die Herrschaft
der Hovas anzuerkennen und sind noch uicht unterworfen.

"Bald nachdem die Engländer Mauritius in Besitz genommen, begannen
sie in Madagaskar ihre Intriguen. Die I-ouäcm Oort,srnv0rg.r^ Rsvikv ge¬
steht zu, daß die Hovas "durch ihre Freundschaft mit England in den Stand
gesetzt wurden, gewisse Stämme der Eingebornen zu unterwerfen." Sir Robert
Farquhart, der englische Gouverneur von Mauritius, versuchte inzwischen 1816
den Franzosen das Recht zur Gründung von Niederlassungen auf Madagaskar
abzusprechen, wurde dabei aber von seiner eignen Regierung verleugnet, welche
erklärte, die Ansprüche Frankreichs seien durch den Wiener Vertrag anerkannt
worden und es müsse hier in den Besitzstand wieder eingesetzt werden, den es
im Januar 1792 gehabt. Die vereitelten Intriguen Farquharts wurden von
James Hastie weiter gesponnen, einem englischen Unteroffizier, den jener mit ge¬
heimen Befehlen nach Madagaskar sendete. Auf dessen Antrieb proklamirte sich


dem Festlande, nahmen die letztern fortwährend an Zahl und Macht zu, Sie
waren bereits der Schrecken der kriegerischsten von den Urstcimmen und der
französischen Kolonisten, die ihnen indeß 1721 an der Antongilbncht eine Nieder¬
lage beibrachten. Man hielt die Macht der Hovas hierdurch für gebrochen.
Die stärksten Stämme der Urbevölkerung, die Antantars, Betsimitsaraks, Bethn-
lemenes und Sakalawas waren den Franzosen für diesen Sieg dankbar und
wurden von da ab befreundeter mit ihnen als vorher. Aber den Hovas strömten
bald neue Kriegsgenossen aus der malayischen Urheimat zu, sie ließen sich bei
Foulepointe nieder, nahmen das Fort mit Sturm und metzelten die Franzosen
samt den dortigen Eingebornen nieder. Dies begab sich im Jahre 1754, und
von da an datirt der wirkliche Beginn des Emporkommens der Hovas zur
Macht und Herrschaft auf Madagaskar. Sie drangen nach dem Innern der
Insel vor, vertilgten hier die Urbevölkerung oder machten sie zu Sklaven und
gewannen aus dem Hochplateau von Emirina eine Zentralstelluug, von der aus
sie durch unaufhörliche Kriegszüge allmählich einen Teil der benachbarten Stämme
unterwarfen. Mittlerweile begnügte sich die Versailler Regierung unter Ludwig
dem Fünfzehnten und dem Sechzehnten damit, daß die französische Flagge noch
über ein paar Niederlassungen wehte. Erst die Republik fand Zeit und Lust,
in der Person eines Herrn Lescalier einen Kommissär nach Madagaskar zu
schicken. 1796 empörte sich der Baron Bienowski, indem er seine Pflicht als
Beamter verletzte, gegen die französische Regierung und versuchte sich als König
von Madagaskar ausrufen zu lassen, kam aber dabei ums Leben. 1810 wurde
die Insel Mauritius den Franzosen von den Engländern abgenommen, und zu
derselben Zeit legte Autricen Ampousiue den Grund zu dem Reiche der Hovas,
da die Franzosen dagegen nicht mehr Einspruch thun konnten. Das von den
Hovas gegenwärtig beherrschte Gebiet hat ungefähr dieselbe Ausdehnung wie
Ampouseues Königreich. Die Betsimitsaraks, die Ankcmtars, die Bethalemenes
und namentlich die Sakalawas weigern sich noch heute energisch, die Herrschaft
der Hovas anzuerkennen und sind noch uicht unterworfen.

„Bald nachdem die Engländer Mauritius in Besitz genommen, begannen
sie in Madagaskar ihre Intriguen. Die I-ouäcm Oort,srnv0rg.r^ Rsvikv ge¬
steht zu, daß die Hovas »durch ihre Freundschaft mit England in den Stand
gesetzt wurden, gewisse Stämme der Eingebornen zu unterwerfen.« Sir Robert
Farquhart, der englische Gouverneur von Mauritius, versuchte inzwischen 1816
den Franzosen das Recht zur Gründung von Niederlassungen auf Madagaskar
abzusprechen, wurde dabei aber von seiner eignen Regierung verleugnet, welche
erklärte, die Ansprüche Frankreichs seien durch den Wiener Vertrag anerkannt
worden und es müsse hier in den Besitzstand wieder eingesetzt werden, den es
im Januar 1792 gehabt. Die vereitelten Intriguen Farquharts wurden von
James Hastie weiter gesponnen, einem englischen Unteroffizier, den jener mit ge¬
heimen Befehlen nach Madagaskar sendete. Auf dessen Antrieb proklamirte sich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152977"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_934" prev="#ID_933"> dem Festlande, nahmen die letztern fortwährend an Zahl und Macht zu, Sie<lb/>
waren bereits der Schrecken der kriegerischsten von den Urstcimmen und der<lb/>
französischen Kolonisten, die ihnen indeß 1721 an der Antongilbncht eine Nieder¬<lb/>
lage beibrachten. Man hielt die Macht der Hovas hierdurch für gebrochen.<lb/>
Die stärksten Stämme der Urbevölkerung, die Antantars, Betsimitsaraks, Bethn-<lb/>
lemenes und Sakalawas waren den Franzosen für diesen Sieg dankbar und<lb/>
wurden von da ab befreundeter mit ihnen als vorher. Aber den Hovas strömten<lb/>
bald neue Kriegsgenossen aus der malayischen Urheimat zu, sie ließen sich bei<lb/>
Foulepointe nieder, nahmen das Fort mit Sturm und metzelten die Franzosen<lb/>
samt den dortigen Eingebornen nieder. Dies begab sich im Jahre 1754, und<lb/>
von da an datirt der wirkliche Beginn des Emporkommens der Hovas zur<lb/>
Macht und Herrschaft auf Madagaskar. Sie drangen nach dem Innern der<lb/>
Insel vor, vertilgten hier die Urbevölkerung oder machten sie zu Sklaven und<lb/>
gewannen aus dem Hochplateau von Emirina eine Zentralstelluug, von der aus<lb/>
sie durch unaufhörliche Kriegszüge allmählich einen Teil der benachbarten Stämme<lb/>
unterwarfen. Mittlerweile begnügte sich die Versailler Regierung unter Ludwig<lb/>
dem Fünfzehnten und dem Sechzehnten damit, daß die französische Flagge noch<lb/>
über ein paar Niederlassungen wehte. Erst die Republik fand Zeit und Lust,<lb/>
in der Person eines Herrn Lescalier einen Kommissär nach Madagaskar zu<lb/>
schicken. 1796 empörte sich der Baron Bienowski, indem er seine Pflicht als<lb/>
Beamter verletzte, gegen die französische Regierung und versuchte sich als König<lb/>
von Madagaskar ausrufen zu lassen, kam aber dabei ums Leben. 1810 wurde<lb/>
die Insel Mauritius den Franzosen von den Engländern abgenommen, und zu<lb/>
derselben Zeit legte Autricen Ampousiue den Grund zu dem Reiche der Hovas,<lb/>
da die Franzosen dagegen nicht mehr Einspruch thun konnten. Das von den<lb/>
Hovas gegenwärtig beherrschte Gebiet hat ungefähr dieselbe Ausdehnung wie<lb/>
Ampouseues Königreich. Die Betsimitsaraks, die Ankcmtars, die Bethalemenes<lb/>
und namentlich die Sakalawas weigern sich noch heute energisch, die Herrschaft<lb/>
der Hovas anzuerkennen und sind noch uicht unterworfen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_935" next="#ID_936"> &#x201E;Bald nachdem die Engländer Mauritius in Besitz genommen, begannen<lb/>
sie in Madagaskar ihre Intriguen. Die I-ouäcm Oort,srnv0rg.r^ Rsvikv ge¬<lb/>
steht zu, daß die Hovas »durch ihre Freundschaft mit England in den Stand<lb/>
gesetzt wurden, gewisse Stämme der Eingebornen zu unterwerfen.« Sir Robert<lb/>
Farquhart, der englische Gouverneur von Mauritius, versuchte inzwischen 1816<lb/>
den Franzosen das Recht zur Gründung von Niederlassungen auf Madagaskar<lb/>
abzusprechen, wurde dabei aber von seiner eignen Regierung verleugnet, welche<lb/>
erklärte, die Ansprüche Frankreichs seien durch den Wiener Vertrag anerkannt<lb/>
worden und es müsse hier in den Besitzstand wieder eingesetzt werden, den es<lb/>
im Januar 1792 gehabt. Die vereitelten Intriguen Farquharts wurden von<lb/>
James Hastie weiter gesponnen, einem englischen Unteroffizier, den jener mit ge¬<lb/>
heimen Befehlen nach Madagaskar sendete. Auf dessen Antrieb proklamirte sich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0228] dem Festlande, nahmen die letztern fortwährend an Zahl und Macht zu, Sie waren bereits der Schrecken der kriegerischsten von den Urstcimmen und der französischen Kolonisten, die ihnen indeß 1721 an der Antongilbncht eine Nieder¬ lage beibrachten. Man hielt die Macht der Hovas hierdurch für gebrochen. Die stärksten Stämme der Urbevölkerung, die Antantars, Betsimitsaraks, Bethn- lemenes und Sakalawas waren den Franzosen für diesen Sieg dankbar und wurden von da ab befreundeter mit ihnen als vorher. Aber den Hovas strömten bald neue Kriegsgenossen aus der malayischen Urheimat zu, sie ließen sich bei Foulepointe nieder, nahmen das Fort mit Sturm und metzelten die Franzosen samt den dortigen Eingebornen nieder. Dies begab sich im Jahre 1754, und von da an datirt der wirkliche Beginn des Emporkommens der Hovas zur Macht und Herrschaft auf Madagaskar. Sie drangen nach dem Innern der Insel vor, vertilgten hier die Urbevölkerung oder machten sie zu Sklaven und gewannen aus dem Hochplateau von Emirina eine Zentralstelluug, von der aus sie durch unaufhörliche Kriegszüge allmählich einen Teil der benachbarten Stämme unterwarfen. Mittlerweile begnügte sich die Versailler Regierung unter Ludwig dem Fünfzehnten und dem Sechzehnten damit, daß die französische Flagge noch über ein paar Niederlassungen wehte. Erst die Republik fand Zeit und Lust, in der Person eines Herrn Lescalier einen Kommissär nach Madagaskar zu schicken. 1796 empörte sich der Baron Bienowski, indem er seine Pflicht als Beamter verletzte, gegen die französische Regierung und versuchte sich als König von Madagaskar ausrufen zu lassen, kam aber dabei ums Leben. 1810 wurde die Insel Mauritius den Franzosen von den Engländern abgenommen, und zu derselben Zeit legte Autricen Ampousiue den Grund zu dem Reiche der Hovas, da die Franzosen dagegen nicht mehr Einspruch thun konnten. Das von den Hovas gegenwärtig beherrschte Gebiet hat ungefähr dieselbe Ausdehnung wie Ampouseues Königreich. Die Betsimitsaraks, die Ankcmtars, die Bethalemenes und namentlich die Sakalawas weigern sich noch heute energisch, die Herrschaft der Hovas anzuerkennen und sind noch uicht unterworfen. „Bald nachdem die Engländer Mauritius in Besitz genommen, begannen sie in Madagaskar ihre Intriguen. Die I-ouäcm Oort,srnv0rg.r^ Rsvikv ge¬ steht zu, daß die Hovas »durch ihre Freundschaft mit England in den Stand gesetzt wurden, gewisse Stämme der Eingebornen zu unterwerfen.« Sir Robert Farquhart, der englische Gouverneur von Mauritius, versuchte inzwischen 1816 den Franzosen das Recht zur Gründung von Niederlassungen auf Madagaskar abzusprechen, wurde dabei aber von seiner eignen Regierung verleugnet, welche erklärte, die Ansprüche Frankreichs seien durch den Wiener Vertrag anerkannt worden und es müsse hier in den Besitzstand wieder eingesetzt werden, den es im Januar 1792 gehabt. Die vereitelten Intriguen Farquharts wurden von James Hastie weiter gesponnen, einem englischen Unteroffizier, den jener mit ge¬ heimen Befehlen nach Madagaskar sendete. Auf dessen Antrieb proklamirte sich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/228
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/228>, abgerufen am 03.07.2024.