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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Das rote Kreuz in Deutschland.

natürlich, wenn eine große Zahl von warmen Vaterlandsfreunden nicht unthätig
am friedlichen Herde zurückbleiben mag, sondern nach Kräften hilfsbereit bei¬
zuspringen wünscht, wenn fast die gesamten waffenfähigen Männer dem Rufe
des Kriegsherrn zur Verteidigung der höchsten nationalen Güter gefolgt sind.

Namentlich im letzten französischen Kriege ist auf dem Felde freiwilliger
Hilfsleistung für die vor dem Feinde stehenden Lcmdessöhne viel erreicht worden,
und tausende von dankbaren Soldatenherzen gedenken mit freudiger Rührung
der erquickenden Liebesgaben und der aufopferungsvollen Thätigkeit der Delegirten
mit dem Zeichen des roten Kreuzes auf weißer Armbinde im Kriegslazarcth
und am Schmerzenslager während der Heimfahrt in dem zum Spital umge¬
schaffenen Eisenbahnwagen. Höheres und vollkommneres aber bleibt noch
anzustreben, denn neue kriegerische Verwicklungen werden voraussichtlich die
höchste Kraftanstrengung des Einzelnen wie der Gesamtheit erfordern. Die
sicherste Grundlage aber für künftige Erfolge auch auf diesem Gebiete wird
gewonnen durch richtiges Erkennen und sorgsames Abwägen aller zu Gebote
stehenden Mittel und Wege, und dazu erscheint als erstes Erfordernis dringend
geboten, daß die zahlreichen deutschen Vereine der freiwilligen Krankenpflege ge¬
naue Kenntnis davon gewinnen, wo, wie und wann sie mit ihrer Hilfsleistung
am sichersten und besten einsetzen, daß jeder einzelne derselben, nach dem herrlichen
Motto des viribus rnMs, als Glied, wenn auch als noch so selbständiges Glied,
einer großen, weitverzweigten Gesamtorganisation sich fühlen lernt und diese
Anschauung seinen Handlungen zu Grunde legt. Wie aber die Ausübung frei¬
williger Krankenpflege im Felde nur im engsten Anschlusse an die bestehenden
Heereseinrichtungen und in dem Rahmen der von der Heeresleitung gezogenen
Grenzen gedacht werden kann, so stehen selbstverständlich die Aufgaben, welche
der freiwilligen Hilfsleistung thatsächlich zufallen, in genauesten Zusammenhange
mit der Regelung des militärärztlichen Dienstes. Die Vorschriften in dieser Hinsicht
siud aber selbst in den Kreisen, welche den Bestrebungen des roten Kreuzes
nahe stehen, nicht in dem wünschenswerten Umfange bekannt, da die preußische
Kriegssanitätsordnung vom 10. Januar 1878, bez. die Kriegssanitätsordnung
für das bairische Heer vom 10. Februar 1879, Normen geschaffen hat, welche
von den 1870--71, also zur Zeit der letzten praktischen Wirksamkeit der Vereine
vom roten Kreuze, geltenden Bestimmungen in manchen Punkten nicht unwesentlich
abweichen. Unsere Kaiserin, welche bekanntlich allen mit den Zwecken des roten
Kreuzes in Verbindung stehenden Bestrebungen dem wärmsten Anteil entgegen¬
bringt und thatkräftigste Förderung zu Teil werden läßt, hatte deshalb einen
hohen Geldpreis ausgesetzt für die Bearbeitung eines Handbuches für die deutschen
Vereine der freiwilligen Krankenpflege. Das Buch sollte neben der praktischen
auch eine systematische Anleitung geben über das Wirken der Vereine vom roten
Kreuze im Kriege und deren vorbereitende Thätigkeit im Frieden, ein lebendiges
Bild entwerfen von den Funktionen wie von der Stellung der verschiednen


Das rote Kreuz in Deutschland.

natürlich, wenn eine große Zahl von warmen Vaterlandsfreunden nicht unthätig
am friedlichen Herde zurückbleiben mag, sondern nach Kräften hilfsbereit bei¬
zuspringen wünscht, wenn fast die gesamten waffenfähigen Männer dem Rufe
des Kriegsherrn zur Verteidigung der höchsten nationalen Güter gefolgt sind.

Namentlich im letzten französischen Kriege ist auf dem Felde freiwilliger
Hilfsleistung für die vor dem Feinde stehenden Lcmdessöhne viel erreicht worden,
und tausende von dankbaren Soldatenherzen gedenken mit freudiger Rührung
der erquickenden Liebesgaben und der aufopferungsvollen Thätigkeit der Delegirten
mit dem Zeichen des roten Kreuzes auf weißer Armbinde im Kriegslazarcth
und am Schmerzenslager während der Heimfahrt in dem zum Spital umge¬
schaffenen Eisenbahnwagen. Höheres und vollkommneres aber bleibt noch
anzustreben, denn neue kriegerische Verwicklungen werden voraussichtlich die
höchste Kraftanstrengung des Einzelnen wie der Gesamtheit erfordern. Die
sicherste Grundlage aber für künftige Erfolge auch auf diesem Gebiete wird
gewonnen durch richtiges Erkennen und sorgsames Abwägen aller zu Gebote
stehenden Mittel und Wege, und dazu erscheint als erstes Erfordernis dringend
geboten, daß die zahlreichen deutschen Vereine der freiwilligen Krankenpflege ge¬
naue Kenntnis davon gewinnen, wo, wie und wann sie mit ihrer Hilfsleistung
am sichersten und besten einsetzen, daß jeder einzelne derselben, nach dem herrlichen
Motto des viribus rnMs, als Glied, wenn auch als noch so selbständiges Glied,
einer großen, weitverzweigten Gesamtorganisation sich fühlen lernt und diese
Anschauung seinen Handlungen zu Grunde legt. Wie aber die Ausübung frei¬
williger Krankenpflege im Felde nur im engsten Anschlusse an die bestehenden
Heereseinrichtungen und in dem Rahmen der von der Heeresleitung gezogenen
Grenzen gedacht werden kann, so stehen selbstverständlich die Aufgaben, welche
der freiwilligen Hilfsleistung thatsächlich zufallen, in genauesten Zusammenhange
mit der Regelung des militärärztlichen Dienstes. Die Vorschriften in dieser Hinsicht
siud aber selbst in den Kreisen, welche den Bestrebungen des roten Kreuzes
nahe stehen, nicht in dem wünschenswerten Umfange bekannt, da die preußische
Kriegssanitätsordnung vom 10. Januar 1878, bez. die Kriegssanitätsordnung
für das bairische Heer vom 10. Februar 1879, Normen geschaffen hat, welche
von den 1870—71, also zur Zeit der letzten praktischen Wirksamkeit der Vereine
vom roten Kreuze, geltenden Bestimmungen in manchen Punkten nicht unwesentlich
abweichen. Unsere Kaiserin, welche bekanntlich allen mit den Zwecken des roten
Kreuzes in Verbindung stehenden Bestrebungen dem wärmsten Anteil entgegen¬
bringt und thatkräftigste Förderung zu Teil werden läßt, hatte deshalb einen
hohen Geldpreis ausgesetzt für die Bearbeitung eines Handbuches für die deutschen
Vereine der freiwilligen Krankenpflege. Das Buch sollte neben der praktischen
auch eine systematische Anleitung geben über das Wirken der Vereine vom roten
Kreuze im Kriege und deren vorbereitende Thätigkeit im Frieden, ein lebendiges
Bild entwerfen von den Funktionen wie von der Stellung der verschiednen


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[0019] Das rote Kreuz in Deutschland. natürlich, wenn eine große Zahl von warmen Vaterlandsfreunden nicht unthätig am friedlichen Herde zurückbleiben mag, sondern nach Kräften hilfsbereit bei¬ zuspringen wünscht, wenn fast die gesamten waffenfähigen Männer dem Rufe des Kriegsherrn zur Verteidigung der höchsten nationalen Güter gefolgt sind. Namentlich im letzten französischen Kriege ist auf dem Felde freiwilliger Hilfsleistung für die vor dem Feinde stehenden Lcmdessöhne viel erreicht worden, und tausende von dankbaren Soldatenherzen gedenken mit freudiger Rührung der erquickenden Liebesgaben und der aufopferungsvollen Thätigkeit der Delegirten mit dem Zeichen des roten Kreuzes auf weißer Armbinde im Kriegslazarcth und am Schmerzenslager während der Heimfahrt in dem zum Spital umge¬ schaffenen Eisenbahnwagen. Höheres und vollkommneres aber bleibt noch anzustreben, denn neue kriegerische Verwicklungen werden voraussichtlich die höchste Kraftanstrengung des Einzelnen wie der Gesamtheit erfordern. Die sicherste Grundlage aber für künftige Erfolge auch auf diesem Gebiete wird gewonnen durch richtiges Erkennen und sorgsames Abwägen aller zu Gebote stehenden Mittel und Wege, und dazu erscheint als erstes Erfordernis dringend geboten, daß die zahlreichen deutschen Vereine der freiwilligen Krankenpflege ge¬ naue Kenntnis davon gewinnen, wo, wie und wann sie mit ihrer Hilfsleistung am sichersten und besten einsetzen, daß jeder einzelne derselben, nach dem herrlichen Motto des viribus rnMs, als Glied, wenn auch als noch so selbständiges Glied, einer großen, weitverzweigten Gesamtorganisation sich fühlen lernt und diese Anschauung seinen Handlungen zu Grunde legt. Wie aber die Ausübung frei¬ williger Krankenpflege im Felde nur im engsten Anschlusse an die bestehenden Heereseinrichtungen und in dem Rahmen der von der Heeresleitung gezogenen Grenzen gedacht werden kann, so stehen selbstverständlich die Aufgaben, welche der freiwilligen Hilfsleistung thatsächlich zufallen, in genauesten Zusammenhange mit der Regelung des militärärztlichen Dienstes. Die Vorschriften in dieser Hinsicht siud aber selbst in den Kreisen, welche den Bestrebungen des roten Kreuzes nahe stehen, nicht in dem wünschenswerten Umfange bekannt, da die preußische Kriegssanitätsordnung vom 10. Januar 1878, bez. die Kriegssanitätsordnung für das bairische Heer vom 10. Februar 1879, Normen geschaffen hat, welche von den 1870—71, also zur Zeit der letzten praktischen Wirksamkeit der Vereine vom roten Kreuze, geltenden Bestimmungen in manchen Punkten nicht unwesentlich abweichen. Unsere Kaiserin, welche bekanntlich allen mit den Zwecken des roten Kreuzes in Verbindung stehenden Bestrebungen dem wärmsten Anteil entgegen¬ bringt und thatkräftigste Förderung zu Teil werden läßt, hatte deshalb einen hohen Geldpreis ausgesetzt für die Bearbeitung eines Handbuches für die deutschen Vereine der freiwilligen Krankenpflege. Das Buch sollte neben der praktischen auch eine systematische Anleitung geben über das Wirken der Vereine vom roten Kreuze im Kriege und deren vorbereitende Thätigkeit im Frieden, ein lebendiges Bild entwerfen von den Funktionen wie von der Stellung der verschiednen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/19>, abgerufen am 01.07.2024.