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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

des Mutterlandes! Und überall, von den Inseln Japans bis zum amerikanischen
Mittelmeer, am Eismeer wie im Herzen des schwarze" Erdteils, überall bekennt
und sagt jeder Sohn des Reiches mit Stolz und Freude: Ich bin ein Deutscher!

Und daheim im Mutterlande, welch frisches Pulsiren in allen Adern des
Lebens, welcher Aufschwung von Handel und Gewerbe! Wie hinweggefegt ist
die trübe, stinkende Atmosphäre des Philistertums, der grundsätzlichen Opposition
des Geistes, der stets verneint. Verschwunden oder doch zur völligen Unschäd¬
lichkeit gebracht sind Sozialdemokratie und Umsturzpartei; unter den Fittichen des
Vaterlandes kann jeder draußen sein Glück versuchen, für den daheim kein Platz
vorhanden war.

Gingen diese Hoffnungen in Erfüllung, dann würden deutsche Eltern nicht
mehr mit Sorge und Angst auf die Schaar ihrer fähigen Söhne blicken,
denen sie außer tüchtiger Bildung nichts mit ins Leben geben können. Nicht
mehr würde mit stillem Groll und Neid der lebhafte, aber für die ruhigen
heimischen Verhältnisse nicht passende Teil der deutscheu Jugend zu ewigein
Warten und Ausharren verurteilt sein und seinem Geschick und denen, die es
erkennbar lenken, fluchen. Jeder würde seine Kräfte im Wettbetrieb erproben,
ohne sich ein Ausgestoßener zu dünken. Denn "Raum für alle hat die Erde!"




Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

6M^öI in für alle evangelischen Christen Deutschlands hochwichtiges Werk
nähert sich gegenwärtig seiner Vollendung: die Revision der
Lutherischen Bibelübersetzung. Seit 1865 sind namhafte Bibel¬
forscher aus verschiednen deutschen Ländern jährlich zweimal in Halle
! zusammengekommen, um in der Stille das Werk vorzubereiten.
Ein kleiner Teil ihrer gemeinsamen Arbeit, die Revision des neuen Testaments,
ist bereits vor fünfzehn Jahren beendet und deren Resultate der Öffentlichkeit
übergeben worden. Nachdem nun auch die größere und schwierigere Hälfte der
Arbeit, die Revision des alten Testaments, glücklich zu Ende geführt ist, wird
in diesem Jahre zunächst eine Probebibel erscheinen, um die gesamten Revisions¬
ergebnisse in einem zusammenhängenden Drucke zu veranschaulichen.

Bei der hohen Bedeutung, welche die Revision der Lutherbibel hat, wird
es unsern Lesern willkommen sein, wenn wir einen kurzen Überblick über die
Geschichte derselben geben. Das Material dazu entnehmen wir zum größern
Teile dem Schriftchen eines Mitgliedes der Kommission für die Revision des


Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

des Mutterlandes! Und überall, von den Inseln Japans bis zum amerikanischen
Mittelmeer, am Eismeer wie im Herzen des schwarze» Erdteils, überall bekennt
und sagt jeder Sohn des Reiches mit Stolz und Freude: Ich bin ein Deutscher!

Und daheim im Mutterlande, welch frisches Pulsiren in allen Adern des
Lebens, welcher Aufschwung von Handel und Gewerbe! Wie hinweggefegt ist
die trübe, stinkende Atmosphäre des Philistertums, der grundsätzlichen Opposition
des Geistes, der stets verneint. Verschwunden oder doch zur völligen Unschäd¬
lichkeit gebracht sind Sozialdemokratie und Umsturzpartei; unter den Fittichen des
Vaterlandes kann jeder draußen sein Glück versuchen, für den daheim kein Platz
vorhanden war.

Gingen diese Hoffnungen in Erfüllung, dann würden deutsche Eltern nicht
mehr mit Sorge und Angst auf die Schaar ihrer fähigen Söhne blicken,
denen sie außer tüchtiger Bildung nichts mit ins Leben geben können. Nicht
mehr würde mit stillem Groll und Neid der lebhafte, aber für die ruhigen
heimischen Verhältnisse nicht passende Teil der deutscheu Jugend zu ewigein
Warten und Ausharren verurteilt sein und seinem Geschick und denen, die es
erkennbar lenken, fluchen. Jeder würde seine Kräfte im Wettbetrieb erproben,
ohne sich ein Ausgestoßener zu dünken. Denn „Raum für alle hat die Erde!"




Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

6M^öI in für alle evangelischen Christen Deutschlands hochwichtiges Werk
nähert sich gegenwärtig seiner Vollendung: die Revision der
Lutherischen Bibelübersetzung. Seit 1865 sind namhafte Bibel¬
forscher aus verschiednen deutschen Ländern jährlich zweimal in Halle
! zusammengekommen, um in der Stille das Werk vorzubereiten.
Ein kleiner Teil ihrer gemeinsamen Arbeit, die Revision des neuen Testaments,
ist bereits vor fünfzehn Jahren beendet und deren Resultate der Öffentlichkeit
übergeben worden. Nachdem nun auch die größere und schwierigere Hälfte der
Arbeit, die Revision des alten Testaments, glücklich zu Ende geführt ist, wird
in diesem Jahre zunächst eine Probebibel erscheinen, um die gesamten Revisions¬
ergebnisse in einem zusammenhängenden Drucke zu veranschaulichen.

Bei der hohen Bedeutung, welche die Revision der Lutherbibel hat, wird
es unsern Lesern willkommen sein, wenn wir einen kurzen Überblick über die
Geschichte derselben geben. Das Material dazu entnehmen wir zum größern
Teile dem Schriftchen eines Mitgliedes der Kommission für die Revision des


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[0130] Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung. des Mutterlandes! Und überall, von den Inseln Japans bis zum amerikanischen Mittelmeer, am Eismeer wie im Herzen des schwarze» Erdteils, überall bekennt und sagt jeder Sohn des Reiches mit Stolz und Freude: Ich bin ein Deutscher! Und daheim im Mutterlande, welch frisches Pulsiren in allen Adern des Lebens, welcher Aufschwung von Handel und Gewerbe! Wie hinweggefegt ist die trübe, stinkende Atmosphäre des Philistertums, der grundsätzlichen Opposition des Geistes, der stets verneint. Verschwunden oder doch zur völligen Unschäd¬ lichkeit gebracht sind Sozialdemokratie und Umsturzpartei; unter den Fittichen des Vaterlandes kann jeder draußen sein Glück versuchen, für den daheim kein Platz vorhanden war. Gingen diese Hoffnungen in Erfüllung, dann würden deutsche Eltern nicht mehr mit Sorge und Angst auf die Schaar ihrer fähigen Söhne blicken, denen sie außer tüchtiger Bildung nichts mit ins Leben geben können. Nicht mehr würde mit stillem Groll und Neid der lebhafte, aber für die ruhigen heimischen Verhältnisse nicht passende Teil der deutscheu Jugend zu ewigein Warten und Ausharren verurteilt sein und seinem Geschick und denen, die es erkennbar lenken, fluchen. Jeder würde seine Kräfte im Wettbetrieb erproben, ohne sich ein Ausgestoßener zu dünken. Denn „Raum für alle hat die Erde!" Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung. 6M^öI in für alle evangelischen Christen Deutschlands hochwichtiges Werk nähert sich gegenwärtig seiner Vollendung: die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung. Seit 1865 sind namhafte Bibel¬ forscher aus verschiednen deutschen Ländern jährlich zweimal in Halle ! zusammengekommen, um in der Stille das Werk vorzubereiten. Ein kleiner Teil ihrer gemeinsamen Arbeit, die Revision des neuen Testaments, ist bereits vor fünfzehn Jahren beendet und deren Resultate der Öffentlichkeit übergeben worden. Nachdem nun auch die größere und schwierigere Hälfte der Arbeit, die Revision des alten Testaments, glücklich zu Ende geführt ist, wird in diesem Jahre zunächst eine Probebibel erscheinen, um die gesamten Revisions¬ ergebnisse in einem zusammenhängenden Drucke zu veranschaulichen. Bei der hohen Bedeutung, welche die Revision der Lutherbibel hat, wird es unsern Lesern willkommen sein, wenn wir einen kurzen Überblick über die Geschichte derselben geben. Das Material dazu entnehmen wir zum größern Teile dem Schriftchen eines Mitgliedes der Kommission für die Revision des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/130>, abgerufen am 03.07.2024.