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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Rolsienstencr.

Maße einen Verbrauch an Brennstoff, zu welchem der erreichte Wärinccffelt
in einem wahrhaft lächerlichen Verhältnis steht. Wenngleich zugegeben werden muß,,
daß es der Technik bisher noch nicht gelungen ist, Feucruugsanlagen herzu¬
stellen, vermöge deren eine vollkommene Verbrennung in dein Maße erreicht
wird, daß keine größere Luftmenge dabei zur Wirkung gelangt, als zur mög¬
lichst vollkommenen Oxydation des Kohlenstoffs absolut erforderlich ist, so steht
doch so viel fest, daß in den bessern Öfen der Neuzeit eine nahezu vollkommene
Verbrennung, wenn auch mit einem gewissen Luftüberschuß, erreicht werden kann.
Wenn derartige Feuerungen unter sachgemäße Bedienung gestellt werden -- ohne
regelmäßige Kontrole ist diese erfahrungsgemäß natürlich nicht zu erhalten --,
so kann der größtmögliche Nutzeffekt aus dem Brennstoff gezogen und das fort¬
währende Rauchen der Schornsteine vermieden werden. Trotz dieses nun schon
seit Jahren von der Technik eingenommenen Standpunktes ist noch immer an
den den meisten Schornsteinen entquellenden Rauchwolken zu erkennen, daß noch
die wenigsten unsrer Industriellen sich gemüßigt sehen, von dem Fortschritt der
Technik Nutzen zu ziehen, oder doch die Kontrole anzuwenden, nnter welcher
die Bedienung auch der zweckmäßigst angelegten Fcnernngen gehalten werden
muß, wenn nicht dem Moloch der Bequemlichkeit darin geopfert werden soll.
So lange man das bessere nicht kannte, mochte der alte Schlendrian hingehen
und mußte man die mit den qualmenden Schornsteinen verbundenen Übel sich
gefallen lassen. Wer aber den kolossalen Umfang des Wertes zu überblicken
vermag, der noch stetig zum Himmel klagend emporsteigt, der kann nicht umhin, den
starken Arm der Vergeltung auf solche unverantwortliche Wirtschaft herabznrnfen.

Am überzeugendsten kaun die gerügte Kohlenvergcuduug nachgewiesen werden
ein den ökonomischen Ergebnissen der Dampfindustrie. Zwar steht es nicht viel
besser auch bei deu sonstigen Industriezweigen, bei welchen der Heizwert der
Kohlen nicht zur Erzeugung mechanischer Arbeit, sondern zur Erzielung gewisser
Wcirmceffekte benutzt wird. Den Nachweis bezüglich der letztern Vcrbrnuchs-
arteu zu führe", mag indessen deu Fachmännern der betreffenden Zweige über¬
lassen bleiben.

Nach den Mitteilungen des statistischen Amtes wurden im Jahre 1879 im
Industriebetriebe des deutscheu Reiches gezählt: 60137 Dampfkessel und 54631
Dampfmaschinen, letztere mit einem Gesamtlcistuugsvermögen von 1499 927
Pferden. Die Lokomotiven der Eisenbahnen, die Kriegsdampfschiffe und die bei
der Militärverwaltung und auf deu Werften der Kriegsmarine vorhandenen
Dampfmaschinen sind bei dieser Zählung außer Betracht geblieben. Die über¬
schießende Zahl von 6506 Dampfkesseln erklärt sich dadurch, daß nicht alle Kessel
zur Erzeugung von Dampf für motorische Zwecke dienten, sondern auch für
Heiz-, Koch- und andre Zwecke thätig waren. Immerhin aber ist man berech¬
tigt, das Leistungsvermögen der Kessel letzterer Art ebenfalls nach Pferdekrcifteu
zu bemessen. Nimmt man dasselbe im Durchschnitt zu 20 Pferdekmfteu an,


Rolsienstencr.

Maße einen Verbrauch an Brennstoff, zu welchem der erreichte Wärinccffelt
in einem wahrhaft lächerlichen Verhältnis steht. Wenngleich zugegeben werden muß,,
daß es der Technik bisher noch nicht gelungen ist, Feucruugsanlagen herzu¬
stellen, vermöge deren eine vollkommene Verbrennung in dein Maße erreicht
wird, daß keine größere Luftmenge dabei zur Wirkung gelangt, als zur mög¬
lichst vollkommenen Oxydation des Kohlenstoffs absolut erforderlich ist, so steht
doch so viel fest, daß in den bessern Öfen der Neuzeit eine nahezu vollkommene
Verbrennung, wenn auch mit einem gewissen Luftüberschuß, erreicht werden kann.
Wenn derartige Feuerungen unter sachgemäße Bedienung gestellt werden — ohne
regelmäßige Kontrole ist diese erfahrungsgemäß natürlich nicht zu erhalten —,
so kann der größtmögliche Nutzeffekt aus dem Brennstoff gezogen und das fort¬
währende Rauchen der Schornsteine vermieden werden. Trotz dieses nun schon
seit Jahren von der Technik eingenommenen Standpunktes ist noch immer an
den den meisten Schornsteinen entquellenden Rauchwolken zu erkennen, daß noch
die wenigsten unsrer Industriellen sich gemüßigt sehen, von dem Fortschritt der
Technik Nutzen zu ziehen, oder doch die Kontrole anzuwenden, nnter welcher
die Bedienung auch der zweckmäßigst angelegten Fcnernngen gehalten werden
muß, wenn nicht dem Moloch der Bequemlichkeit darin geopfert werden soll.
So lange man das bessere nicht kannte, mochte der alte Schlendrian hingehen
und mußte man die mit den qualmenden Schornsteinen verbundenen Übel sich
gefallen lassen. Wer aber den kolossalen Umfang des Wertes zu überblicken
vermag, der noch stetig zum Himmel klagend emporsteigt, der kann nicht umhin, den
starken Arm der Vergeltung auf solche unverantwortliche Wirtschaft herabznrnfen.

Am überzeugendsten kaun die gerügte Kohlenvergcuduug nachgewiesen werden
ein den ökonomischen Ergebnissen der Dampfindustrie. Zwar steht es nicht viel
besser auch bei deu sonstigen Industriezweigen, bei welchen der Heizwert der
Kohlen nicht zur Erzeugung mechanischer Arbeit, sondern zur Erzielung gewisser
Wcirmceffekte benutzt wird. Den Nachweis bezüglich der letztern Vcrbrnuchs-
arteu zu führe», mag indessen deu Fachmännern der betreffenden Zweige über¬
lassen bleiben.

Nach den Mitteilungen des statistischen Amtes wurden im Jahre 1879 im
Industriebetriebe des deutscheu Reiches gezählt: 60137 Dampfkessel und 54631
Dampfmaschinen, letztere mit einem Gesamtlcistuugsvermögen von 1499 927
Pferden. Die Lokomotiven der Eisenbahnen, die Kriegsdampfschiffe und die bei
der Militärverwaltung und auf deu Werften der Kriegsmarine vorhandenen
Dampfmaschinen sind bei dieser Zählung außer Betracht geblieben. Die über¬
schießende Zahl von 6506 Dampfkesseln erklärt sich dadurch, daß nicht alle Kessel
zur Erzeugung von Dampf für motorische Zwecke dienten, sondern auch für
Heiz-, Koch- und andre Zwecke thätig waren. Immerhin aber ist man berech¬
tigt, das Leistungsvermögen der Kessel letzterer Art ebenfalls nach Pferdekrcifteu
zu bemessen. Nimmt man dasselbe im Durchschnitt zu 20 Pferdekmfteu an,


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[0078] Rolsienstencr. Maße einen Verbrauch an Brennstoff, zu welchem der erreichte Wärinccffelt in einem wahrhaft lächerlichen Verhältnis steht. Wenngleich zugegeben werden muß,, daß es der Technik bisher noch nicht gelungen ist, Feucruugsanlagen herzu¬ stellen, vermöge deren eine vollkommene Verbrennung in dein Maße erreicht wird, daß keine größere Luftmenge dabei zur Wirkung gelangt, als zur mög¬ lichst vollkommenen Oxydation des Kohlenstoffs absolut erforderlich ist, so steht doch so viel fest, daß in den bessern Öfen der Neuzeit eine nahezu vollkommene Verbrennung, wenn auch mit einem gewissen Luftüberschuß, erreicht werden kann. Wenn derartige Feuerungen unter sachgemäße Bedienung gestellt werden — ohne regelmäßige Kontrole ist diese erfahrungsgemäß natürlich nicht zu erhalten —, so kann der größtmögliche Nutzeffekt aus dem Brennstoff gezogen und das fort¬ währende Rauchen der Schornsteine vermieden werden. Trotz dieses nun schon seit Jahren von der Technik eingenommenen Standpunktes ist noch immer an den den meisten Schornsteinen entquellenden Rauchwolken zu erkennen, daß noch die wenigsten unsrer Industriellen sich gemüßigt sehen, von dem Fortschritt der Technik Nutzen zu ziehen, oder doch die Kontrole anzuwenden, nnter welcher die Bedienung auch der zweckmäßigst angelegten Fcnernngen gehalten werden muß, wenn nicht dem Moloch der Bequemlichkeit darin geopfert werden soll. So lange man das bessere nicht kannte, mochte der alte Schlendrian hingehen und mußte man die mit den qualmenden Schornsteinen verbundenen Übel sich gefallen lassen. Wer aber den kolossalen Umfang des Wertes zu überblicken vermag, der noch stetig zum Himmel klagend emporsteigt, der kann nicht umhin, den starken Arm der Vergeltung auf solche unverantwortliche Wirtschaft herabznrnfen. Am überzeugendsten kaun die gerügte Kohlenvergcuduug nachgewiesen werden ein den ökonomischen Ergebnissen der Dampfindustrie. Zwar steht es nicht viel besser auch bei deu sonstigen Industriezweigen, bei welchen der Heizwert der Kohlen nicht zur Erzeugung mechanischer Arbeit, sondern zur Erzielung gewisser Wcirmceffekte benutzt wird. Den Nachweis bezüglich der letztern Vcrbrnuchs- arteu zu führe», mag indessen deu Fachmännern der betreffenden Zweige über¬ lassen bleiben. Nach den Mitteilungen des statistischen Amtes wurden im Jahre 1879 im Industriebetriebe des deutscheu Reiches gezählt: 60137 Dampfkessel und 54631 Dampfmaschinen, letztere mit einem Gesamtlcistuugsvermögen von 1499 927 Pferden. Die Lokomotiven der Eisenbahnen, die Kriegsdampfschiffe und die bei der Militärverwaltung und auf deu Werften der Kriegsmarine vorhandenen Dampfmaschinen sind bei dieser Zählung außer Betracht geblieben. Die über¬ schießende Zahl von 6506 Dampfkesseln erklärt sich dadurch, daß nicht alle Kessel zur Erzeugung von Dampf für motorische Zwecke dienten, sondern auch für Heiz-, Koch- und andre Zwecke thätig waren. Immerhin aber ist man berech¬ tigt, das Leistungsvermögen der Kessel letzterer Art ebenfalls nach Pferdekrcifteu zu bemessen. Nimmt man dasselbe im Durchschnitt zu 20 Pferdekmfteu an,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/78>, abgerufen am 25.08.2024.