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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die deutsche und die französische Volksdichtung.

8on trsrs sri'lo' äans son ^joli d^than.
Na Schur, sosur, Pi'!is-tu äoue a xlsursr?
UaillÄN u' ohne pas o^us j'alls voir ä^ussr.
Asts ta rod' se t" esiuturs äorse.
I^Sö v'la vsrti "laus un ^joli datsitu.
ut äsux x-is, se, Ill v<M no^of.
II Kt c^llAt' M, se Is VVÜÄ no^s^
1^ msr' äem".na' xouro^noi la oloous eines.
L'est xour ^.äsls se votro eng sins.
Volks. 1s sort ass sukauts odstiuss.

Und eine ebenso vereinzelte Erscheinung ist es, wenn auch die blasirten Kreise
des Pariser Theaterpublikums hin und wieder Liedern aus dem Volke ihren
Beifall schenken, wie uns dieses Ceilan-Moncaut von einem Bearner Liedchen
berichtet, welches in vollendeter Weise von dem liebenswürdigen Liedersänger
aus Bearn, Lamazor, vorgetragen wurde. Das Liedchen selbst lautet in der
französischen Übertragung:


[Beginn Spaltensatz] Louuaissoü-vous of, dorsssrs?
LIlo sse bslls voulus uus stoils.
ü,sZ"räh2 ins. vsrxsro,
LIls sse bslls sonulls uns stoils.
RsMrävü la dsrKsrs. La wills sse si tius
Hu'on la xsut xisuärs sutro Iss äoixts
RsxMägü um borssöro,
Rio sse Kens ovinus uns stoils.
LsxsräW la IisrAvrs.[Spaltenumbruch] 8a xorxs sse xlus Klaueus
(juo Ist usiAS as I" toussors.
RsAg-räh-! ins dsrZsrs,
Nis sse dslls ovinus uus stoils.
RgMiäsii I" Ksrgsrs. Lur öff ^sux 1'awour Sö levs,
8ur sou ocsur it Sö vossr.
Ro^räsii ma bsrAsrs,
Ms sse dslls voulus uus stoils.
ü.sAÄr<lW l" bsrgsrg. . [Ende Spaltensatz]

Allein diese Ausnahmen bestätigen nur die Regel. In wieviel Herzen lebt
denn die Poesie, welche Rolle spielt sie in der Familie, am häuslichen Herde,
im Verlaufe des Lebens? So fragt sich Schure, und er bleibt uns die Ant¬
wort schuldig. Trotz des Reichtums an Poesie, welchen Frankreich sein eigen
nennt, ist diese doch mehr ein Eigentum der gebildeten Klassen, als daß sie eine
Kraft wäre, welche aus dem Volke stammt und wieder zum Volke zurückkehrte,
um Freude, Begeisterung und Liebe zum Idealen zu verbreiten. Wie einst das
Lateinische zum Griechischen, so verhalten sich seit mehr denn hundert Jahren
französische und deutsche Poesie zu einander: Horaz, Ovid, Vergil sind große
Dichter, aber Kuustdichter, welche für eine gewählte, in griechischer Bildung er¬
zogene Gesellschaft schrieben. Die große Masse des römischen Volkes hat nie
einen Ovid oder Horaz gekannt. In Griechenland stand die Poesie mit dem
Leben stets in engster Verbindung. Seinen Homer lernte der griechische Jüng¬
ling auswendig. Des Thrtäus Kriegslieder erscheinen als eine politische Macht.
Pindar feiert seine Helden auf den olympischen Spielen vor einem begeisterten
Volke. Für die Römer wie für die Franzosen war.Poesie ein Luxus, für den
Grieche" wie für den Deutschen sind Poesie und Leben eins.


Die deutsche und die französische Volksdichtung.

8on trsrs sri'lo' äans son ^joli d^than.
Na Schur, sosur, Pi'!is-tu äoue a xlsursr?
UaillÄN u' ohne pas o^us j'alls voir ä^ussr.
Asts ta rod' se t» esiuturs äorse.
I^Sö v'la vsrti «laus un ^joli datsitu.
ut äsux x-is, se, Ill v<M no^of.
II Kt c^llAt' M, se Is VVÜÄ no^s^
1^ msr' äem«.na' xouro^noi la oloous eines.
L'est xour ^.äsls se votro eng sins.
Volks. 1s sort ass sukauts odstiuss.

Und eine ebenso vereinzelte Erscheinung ist es, wenn auch die blasirten Kreise
des Pariser Theaterpublikums hin und wieder Liedern aus dem Volke ihren
Beifall schenken, wie uns dieses Ceilan-Moncaut von einem Bearner Liedchen
berichtet, welches in vollendeter Weise von dem liebenswürdigen Liedersänger
aus Bearn, Lamazor, vorgetragen wurde. Das Liedchen selbst lautet in der
französischen Übertragung:


[Beginn Spaltensatz] Louuaissoü-vous of, dorsssrs?
LIlo sse bslls voulus uus stoils.
ü,sZ»räh2 ins. vsrxsro,
LIls sse bslls sonulls uns stoils.
RsMrävü la dsrKsrs. La wills sse si tius
Hu'on la xsut xisuärs sutro Iss äoixts
RsxMägü um borssöro,
Rio sse Kens ovinus uns stoils.
LsxsräW la IisrAvrs.[Spaltenumbruch] 8a xorxs sse xlus Klaueus
(juo Ist usiAS as I» toussors.
RsAg-räh-! ins dsrZsrs,
Nis sse dslls ovinus uus stoils.
RgMiäsii I» Ksrgsrs. Lur öff ^sux 1'awour Sö levs,
8ur sou ocsur it Sö vossr.
Ro^räsii ma bsrAsrs,
Ms sse dslls voulus uus stoils.
ü.sAÄr<lW l» bsrgsrg. . [Ende Spaltensatz]

Allein diese Ausnahmen bestätigen nur die Regel. In wieviel Herzen lebt
denn die Poesie, welche Rolle spielt sie in der Familie, am häuslichen Herde,
im Verlaufe des Lebens? So fragt sich Schure, und er bleibt uns die Ant¬
wort schuldig. Trotz des Reichtums an Poesie, welchen Frankreich sein eigen
nennt, ist diese doch mehr ein Eigentum der gebildeten Klassen, als daß sie eine
Kraft wäre, welche aus dem Volke stammt und wieder zum Volke zurückkehrte,
um Freude, Begeisterung und Liebe zum Idealen zu verbreiten. Wie einst das
Lateinische zum Griechischen, so verhalten sich seit mehr denn hundert Jahren
französische und deutsche Poesie zu einander: Horaz, Ovid, Vergil sind große
Dichter, aber Kuustdichter, welche für eine gewählte, in griechischer Bildung er¬
zogene Gesellschaft schrieben. Die große Masse des römischen Volkes hat nie
einen Ovid oder Horaz gekannt. In Griechenland stand die Poesie mit dem
Leben stets in engster Verbindung. Seinen Homer lernte der griechische Jüng¬
ling auswendig. Des Thrtäus Kriegslieder erscheinen als eine politische Macht.
Pindar feiert seine Helden auf den olympischen Spielen vor einem begeisterten
Volke. Für die Römer wie für die Franzosen war.Poesie ein Luxus, für den
Grieche» wie für den Deutschen sind Poesie und Leben eins.


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[0696] Die deutsche und die französische Volksdichtung. 8on trsrs sri'lo' äans son ^joli d^than. Na Schur, sosur, Pi'!is-tu äoue a xlsursr? UaillÄN u' ohne pas o^us j'alls voir ä^ussr. Asts ta rod' se t» esiuturs äorse. I^Sö v'la vsrti «laus un ^joli datsitu. ut äsux x-is, se, Ill v<M no^of. II Kt c^llAt' M, se Is VVÜÄ no^s^ 1^ msr' äem«.na' xouro^noi la oloous eines. L'est xour ^.äsls se votro eng sins. Volks. 1s sort ass sukauts odstiuss. Und eine ebenso vereinzelte Erscheinung ist es, wenn auch die blasirten Kreise des Pariser Theaterpublikums hin und wieder Liedern aus dem Volke ihren Beifall schenken, wie uns dieses Ceilan-Moncaut von einem Bearner Liedchen berichtet, welches in vollendeter Weise von dem liebenswürdigen Liedersänger aus Bearn, Lamazor, vorgetragen wurde. Das Liedchen selbst lautet in der französischen Übertragung: Louuaissoü-vous of, dorsssrs? LIlo sse bslls voulus uus stoils. ü,sZ»räh2 ins. vsrxsro, LIls sse bslls sonulls uns stoils. RsMrävü la dsrKsrs. La wills sse si tius Hu'on la xsut xisuärs sutro Iss äoixts RsxMägü um borssöro, Rio sse Kens ovinus uns stoils. LsxsräW la IisrAvrs. 8a xorxs sse xlus Klaueus (juo Ist usiAS as I» toussors. RsAg-räh-! ins dsrZsrs, Nis sse dslls ovinus uus stoils. RgMiäsii I» Ksrgsrs. Lur öff ^sux 1'awour Sö levs, 8ur sou ocsur it Sö vossr. Ro^räsii ma bsrAsrs, Ms sse dslls voulus uus stoils. ü.sAÄr<lW l» bsrgsrg. . Allein diese Ausnahmen bestätigen nur die Regel. In wieviel Herzen lebt denn die Poesie, welche Rolle spielt sie in der Familie, am häuslichen Herde, im Verlaufe des Lebens? So fragt sich Schure, und er bleibt uns die Ant¬ wort schuldig. Trotz des Reichtums an Poesie, welchen Frankreich sein eigen nennt, ist diese doch mehr ein Eigentum der gebildeten Klassen, als daß sie eine Kraft wäre, welche aus dem Volke stammt und wieder zum Volke zurückkehrte, um Freude, Begeisterung und Liebe zum Idealen zu verbreiten. Wie einst das Lateinische zum Griechischen, so verhalten sich seit mehr denn hundert Jahren französische und deutsche Poesie zu einander: Horaz, Ovid, Vergil sind große Dichter, aber Kuustdichter, welche für eine gewählte, in griechischer Bildung er¬ zogene Gesellschaft schrieben. Die große Masse des römischen Volkes hat nie einen Ovid oder Horaz gekannt. In Griechenland stand die Poesie mit dem Leben stets in engster Verbindung. Seinen Homer lernte der griechische Jüng¬ ling auswendig. Des Thrtäus Kriegslieder erscheinen als eine politische Macht. Pindar feiert seine Helden auf den olympischen Spielen vor einem begeisterten Volke. Für die Römer wie für die Franzosen war.Poesie ein Luxus, für den Grieche» wie für den Deutschen sind Poesie und Leben eins.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/696>, abgerufen am 23.07.2024.