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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die deutsche Flotte.

Kapitalien. Um dies ganz zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, daß
beispielsweise die russische Flotte in fünf verschiednen Geschwadern 373 Schiffe
umfaßt, und daß der Etat des russischen Marineministeriums für 1882 die
Summe von 27 ^ Millionen Rubel übersteigt. Frankreich besitzt 356 Kriegs¬
fahrzeuge, und die Ausgaben für die Marincverwaltung betragen nach dem
Voranschlag für 1883 fast 205 Millionen Franks. Dabei ist die Republik
fortwährend bemüht, ihre Streitmacht zur See zu erhöhen, und eine große
Zahl von Schiffen, darunter allein 10 Panzerfahrzeuge verschiedner Größe,
geht ihrer Vollendung auf den Werften entgegen. England endlich hat
nach dem Rechnungsabschluß für das Finanzjahr 1881/82 nicht weniger
als 10 756 453 Pfund Sterling auf seine Flotte verwendet und besaß im
Jahre 1882 74 Panzerschiffe, etwa 360 Dampfer und 120 Segelschiffe. Man
kann rin Recht einwenden, daß es dem Inselreiche unmöglich sein würde, in
einem Kriege, namentlich mit Deutschland, dessen Söhne vielfach Dienste auf der
großbritannischen Flotte suchen, diese Masse von Schiffen aller Art zu bemannen
und ins Feld zu führen, dagegen bleibt es aber doch Thatsache, daß schon während
des Friedens durchschnittlich 250 dieser Schiffe, darunter 31 Panzer, also eine
den Gesamtbestand der deutschen Flotte erheblich übersteigende Zahl, fortwährend
in Dienst gestellt, wenn auch über den ganzen Erdball zerstreut ist.

Wenn Deutschland nun wohl auch über das genügende Material von
Menschen, vielleicht auch aus den Beständen der französische" Kriegskontribution
über die nötigen Geldmittel zur Schaffung einer ähnlich mächtigen Flotte hätte
verfügen können, fo ist es doch gewiß angesichts der gefährdeten geographischen
Lage im Herzen Europas als ein Akt weiser Selbstbeschränkung zu be¬
trachten, daß man von so hochfliegenden Plänen Abstand genommen hat, den
besten Schutz des Reiches nach wie vor in einem starken und schlagfertigen Heere
erkennt, und die Organisation der Marine hauptsächlich vom defensiven Stand¬
punkte aus ins Werk gesetzt, sie jedoch dabei immer noch zahlreich genug geplant
hat, um den Flotten von Seemächten zweiten Ranges, wie etwa Österreich,
Schweden und Norwegen, oder gar Dänemark, auch angriffsweise gegenüber¬
treten zu können.

Von solchen und ähnlichen Gesichtspunkten geht der Flottengründungsplan
aus, welcher 1873 zwischen den verschiednen Faktoren der Gesetzgebung verein¬
bart wurde. An Geldmitteln wirft derselbe für 1873 die Summe von 218437 500
Mark aus und bemißt den jährlichen Etat in steter Steigerung von 16290000
Mark ster 1874 bis zu 31368000 Mark im Jahre 1882, bis zu welchem Zeit¬
punkte die Organisation der Flotte ihren Abschluß erreicht haben sollte. Das
Marinebudget für 1882/83 beträgt 36294656 Mark an fortdauernden und
einmaligen Ausgaben, für 1883/84 und 1884/85 beziffern die betreffenden Vor¬
anschläge die Etats der Marineverwaltung auf 27 787067 und auf 28420988
Mark.


Die deutsche Flotte.

Kapitalien. Um dies ganz zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, daß
beispielsweise die russische Flotte in fünf verschiednen Geschwadern 373 Schiffe
umfaßt, und daß der Etat des russischen Marineministeriums für 1882 die
Summe von 27 ^ Millionen Rubel übersteigt. Frankreich besitzt 356 Kriegs¬
fahrzeuge, und die Ausgaben für die Marincverwaltung betragen nach dem
Voranschlag für 1883 fast 205 Millionen Franks. Dabei ist die Republik
fortwährend bemüht, ihre Streitmacht zur See zu erhöhen, und eine große
Zahl von Schiffen, darunter allein 10 Panzerfahrzeuge verschiedner Größe,
geht ihrer Vollendung auf den Werften entgegen. England endlich hat
nach dem Rechnungsabschluß für das Finanzjahr 1881/82 nicht weniger
als 10 756 453 Pfund Sterling auf seine Flotte verwendet und besaß im
Jahre 1882 74 Panzerschiffe, etwa 360 Dampfer und 120 Segelschiffe. Man
kann rin Recht einwenden, daß es dem Inselreiche unmöglich sein würde, in
einem Kriege, namentlich mit Deutschland, dessen Söhne vielfach Dienste auf der
großbritannischen Flotte suchen, diese Masse von Schiffen aller Art zu bemannen
und ins Feld zu führen, dagegen bleibt es aber doch Thatsache, daß schon während
des Friedens durchschnittlich 250 dieser Schiffe, darunter 31 Panzer, also eine
den Gesamtbestand der deutschen Flotte erheblich übersteigende Zahl, fortwährend
in Dienst gestellt, wenn auch über den ganzen Erdball zerstreut ist.

Wenn Deutschland nun wohl auch über das genügende Material von
Menschen, vielleicht auch aus den Beständen der französische» Kriegskontribution
über die nötigen Geldmittel zur Schaffung einer ähnlich mächtigen Flotte hätte
verfügen können, fo ist es doch gewiß angesichts der gefährdeten geographischen
Lage im Herzen Europas als ein Akt weiser Selbstbeschränkung zu be¬
trachten, daß man von so hochfliegenden Plänen Abstand genommen hat, den
besten Schutz des Reiches nach wie vor in einem starken und schlagfertigen Heere
erkennt, und die Organisation der Marine hauptsächlich vom defensiven Stand¬
punkte aus ins Werk gesetzt, sie jedoch dabei immer noch zahlreich genug geplant
hat, um den Flotten von Seemächten zweiten Ranges, wie etwa Österreich,
Schweden und Norwegen, oder gar Dänemark, auch angriffsweise gegenüber¬
treten zu können.

Von solchen und ähnlichen Gesichtspunkten geht der Flottengründungsplan
aus, welcher 1873 zwischen den verschiednen Faktoren der Gesetzgebung verein¬
bart wurde. An Geldmitteln wirft derselbe für 1873 die Summe von 218437 500
Mark aus und bemißt den jährlichen Etat in steter Steigerung von 16290000
Mark ster 1874 bis zu 31368000 Mark im Jahre 1882, bis zu welchem Zeit¬
punkte die Organisation der Flotte ihren Abschluß erreicht haben sollte. Das
Marinebudget für 1882/83 beträgt 36294656 Mark an fortdauernden und
einmaligen Ausgaben, für 1883/84 und 1884/85 beziffern die betreffenden Vor¬
anschläge die Etats der Marineverwaltung auf 27 787067 und auf 28420988
Mark.


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[0459] Die deutsche Flotte. Kapitalien. Um dies ganz zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, daß beispielsweise die russische Flotte in fünf verschiednen Geschwadern 373 Schiffe umfaßt, und daß der Etat des russischen Marineministeriums für 1882 die Summe von 27 ^ Millionen Rubel übersteigt. Frankreich besitzt 356 Kriegs¬ fahrzeuge, und die Ausgaben für die Marincverwaltung betragen nach dem Voranschlag für 1883 fast 205 Millionen Franks. Dabei ist die Republik fortwährend bemüht, ihre Streitmacht zur See zu erhöhen, und eine große Zahl von Schiffen, darunter allein 10 Panzerfahrzeuge verschiedner Größe, geht ihrer Vollendung auf den Werften entgegen. England endlich hat nach dem Rechnungsabschluß für das Finanzjahr 1881/82 nicht weniger als 10 756 453 Pfund Sterling auf seine Flotte verwendet und besaß im Jahre 1882 74 Panzerschiffe, etwa 360 Dampfer und 120 Segelschiffe. Man kann rin Recht einwenden, daß es dem Inselreiche unmöglich sein würde, in einem Kriege, namentlich mit Deutschland, dessen Söhne vielfach Dienste auf der großbritannischen Flotte suchen, diese Masse von Schiffen aller Art zu bemannen und ins Feld zu führen, dagegen bleibt es aber doch Thatsache, daß schon während des Friedens durchschnittlich 250 dieser Schiffe, darunter 31 Panzer, also eine den Gesamtbestand der deutschen Flotte erheblich übersteigende Zahl, fortwährend in Dienst gestellt, wenn auch über den ganzen Erdball zerstreut ist. Wenn Deutschland nun wohl auch über das genügende Material von Menschen, vielleicht auch aus den Beständen der französische» Kriegskontribution über die nötigen Geldmittel zur Schaffung einer ähnlich mächtigen Flotte hätte verfügen können, fo ist es doch gewiß angesichts der gefährdeten geographischen Lage im Herzen Europas als ein Akt weiser Selbstbeschränkung zu be¬ trachten, daß man von so hochfliegenden Plänen Abstand genommen hat, den besten Schutz des Reiches nach wie vor in einem starken und schlagfertigen Heere erkennt, und die Organisation der Marine hauptsächlich vom defensiven Stand¬ punkte aus ins Werk gesetzt, sie jedoch dabei immer noch zahlreich genug geplant hat, um den Flotten von Seemächten zweiten Ranges, wie etwa Österreich, Schweden und Norwegen, oder gar Dänemark, auch angriffsweise gegenüber¬ treten zu können. Von solchen und ähnlichen Gesichtspunkten geht der Flottengründungsplan aus, welcher 1873 zwischen den verschiednen Faktoren der Gesetzgebung verein¬ bart wurde. An Geldmitteln wirft derselbe für 1873 die Summe von 218437 500 Mark aus und bemißt den jährlichen Etat in steter Steigerung von 16290000 Mark ster 1874 bis zu 31368000 Mark im Jahre 1882, bis zu welchem Zeit¬ punkte die Organisation der Flotte ihren Abschluß erreicht haben sollte. Das Marinebudget für 1882/83 beträgt 36294656 Mark an fortdauernden und einmaligen Ausgaben, für 1883/84 und 1884/85 beziffern die betreffenden Vor¬ anschläge die Etats der Marineverwaltung auf 27 787067 und auf 28420988 Mark.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/459>, abgerufen am 23.07.2024.